Gezündet wird der Bau-Turbo nicht in Berlin
„Die Neuregelung ermöglicht es Gemeinden, das Planen und Genehmigen wesentlich zu beschleunigen. Das spart Zeit und Kosten", kündigte Bundesbauministerin Verena Hubertz nach dem Kabinettsbeschluss gemeinsam mit Finanzminister Lars Klingbeil auf einer Baustelle in Berlin an.
Das sind die wesentlichen Veränderungen im Baugesetzbuch:
- Neueinführung § 246e (Bau-Turbo)
Erlaubt befristet ein Abweichen von bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Wenn die Gemeinde sich entscheidet, den Bau-Turbo anzuwenden, können zusätzliche Wohnungen bereits nach einer zweimonatigen Prüfung durch die Gemeinde, ohne Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans zugelassen werden. Dies erlaubt es durch Neubau, Umbau oder Umnutzung zügig neuen Wohnraum zu schaffen. Die Regelung ist bis 31. Dezember 2030 befristet.
- Anpassung § 31 Absatz 3 BauGB
§ 31 Absatz 3 BauGB ermöglicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mehr Wohnbebauung auch über die Vorgaben des Plans hinaus. So kann beispielsweise in ganzen Straßenzügen durch Aufstockung, Anbauten oder Bauen in der zweiten Reihe neuer Wohnraum geschaffen werden.
- Anpassung § 34 Absatz 3b BauGB
§ 34 Absatz 3b BauGB ermöglicht im unbeplanten Innenbereich nun über die bisher bestehenden Möglichkeiten hinaus auch die Neuerrichtung von Wohngebäuden dort, wo sie sich nicht in den Bebauungszusammenhang einfügen.
- Die Nachverdichtung wird einfacher.
Bislang scheitern Nachverdichtungen oft an zu strengen städtebaulichen Hürden. Zukünftig kann auch in Innenbereichen (also in zusammenhängend bebauten Ortsteilen) ohne Bebauungsplan von geltenden städtebaulichen Regelungen abgewichen werden, zum Beispiel bei der nachträglichen Aufstockung von Gebäuden oder Hinterlandbebauung.
- Der Außenbereich wird behutsam geöffnet.
In vielen Städten und Gemeinden wird verfügbares Bauland immer knapper. Deshalb soll künftig auch im sogenannten Außenbereich (also in Gebieten ohne Bebauungsplan und außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils) einfacher neuer Wohnraum geschaffen werden können. Gebaut werden soll nur im räumlichen Zusammenhang mit bestehenden Siedlungen.
- Die Durchmischung von Quartieren wird erleichtert.
Restriktive Immissionsrichtwerte und technische Vorgaben für anlagenbezogenen Lärm machen Bauprojekte durch erhöhten Investitionsbedarf in Lärmschutzvorrichtungen kompliziert und teuer. Änderungen im Baugesetzbuch sollen ermöglichen, dass Gemeinden bei der Aufstellung von Bebauungsplänen davon abweichen dürfen, zum Beispiel bei der Festsetzung von Schallschutzvorkehrungen für das Erreichen bestimmter Innenraumpegel. Mit innovativen Lärmschutzlösungen kann so mehr Wohnbebauung als bisher in der Nähe von Gewerbebetrieben realisiert werden.
- Die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden wird gestärkt.
Das letzte Wort darüber, wie der Wohnbau-Turbo konkret eingesetzt wird, haben die Gemeinden vor Ort. Dazu bleibt das Zustimmungserfordernis der Gemeinden bestehen. Wir verlängern auch die Möglichkeit für die Bundesländer Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen, was den Kommunen eine Reihe von Instrumenten an die Hand gibt, um die Entwicklung vor Ort besser zu steuern, etwa durch die erleichterte Anwendung von Vorkaufsrechten, Befreiungen oder Baugeboten.
Das Gesetzgebungsverfahren soll im Bundestag bis Herbst 2025 abgeschlossen sein.
Immobilienwirtschaft kritisiert Festhalten an mietrechtlichen Neubau-Hürden
Die Interessenverbände der Wohnungs- und Bauwirtschaft begrüßen fast einhellig den neuen Pragmatismus in der Baugesetzgebung, kritisieren aber gleichzeitig das Festhalten an Mieterschutzregelung als kontraproduktiv für die Belebung des Wohnungsbaus. Konkret geht es gegen die bereits beschlossene Verlängerung der Mietpreisbremse (und deren mögliche Ausweitung auf neuere Gebäude) sowie die Verlängerung des Umwandlungsverbots (Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen). Kritisiert wird ferner, dass der Gebäudetyp E für vereinfachtes Bauen noch nicht Teil des Gesetzgebungsverfahrens sei.
Redaktion (allg.)
