„Es wird kein Ruck durch die Baubranche gehen“
Mit dem Gesetzentwurf wurden neue Regelungen vorgelegt, mit deren Hilfe es gelingen soll, mehr und schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Kernpunkte der Novelle aus Sicht der Immobilienwirtschaft: In wachsenden Ballungsräumen werden Nachverdichtungen ermöglicht. Konkret: Es können brachliegende Grundstücke schneller genutzt und Dachgeschoss-Aufbauten schneller realisiert werden. ZIA-Präsidentin Iris Schöberl zeigte sich in ihrer Stellungnahme zuversichtlich, die Pläne der Bundesregierung versprächen tatsächlich „mehr Tempo und mehr Flexibilität fürs Bauen in Deutschland“. Der ZIA appelliert nun an die Gemeinden, sich der „neuen Offenheit“ nicht durch starre Regelungen zu verweigern“. Insgesamt würden durch die Pläne der Bundesregierung die Regeln fürs Aufstellen von Bauleitplänen modernisiert und „entrümpelt“ – wenn auch nicht mit der nötigen Konsequenz
Wohnungsbau liegt im „überragenden öffentlichen Interesse“
Der Hauptverband der sozial orientierten Wohnungswirtschaft (GdW) zeigt sich weniger überzeugt von der Wirkung der Novelle. Den deutlichen Ruck für den Wohnungsbau ermögliche der Gesetzentwurf leider nicht. Der Verband verlangt Grundsätzliches: In angespannten Märkten solle der Neubau von Wohnungen bei der Interessen- und Güterabwägung immer erste Priorität haben. Das Baugesetzbuch müsse so gestaltet werden, dass das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen regelmäßig im Vordergrund steht. Dazu sollte eine Generalklausel im Baurecht eingeführt werden, so wie sie auch im Erneuerbare-Energien-Gesetz bestehe. Dort bestimme die Generalklausel zugunsten von Windrädern, dass die Errichtung und der Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen.
„Der Bau-Turbo darf nicht verwässert werden“
Ausdrücklich begrüße die sozial orientierte Wohnungswirtschaft, so der GdW, die Aufnahme des § 246e ins Baugesetzbuch. Mit diesem sogenannten Bau-Turbo können Städte und Gemeinden in angespannten Wohnungsmärkten neue Wohnungen genehmigen, auch wenn dies den bauplanungsrechtlichen oder eigenen Festsetzungen etwa in einem Bebauungsplan widerspricht. Hier gibt es allerdings seitens der Bau- und Immobilienwirtschaft die Befürchtung, dass diese ohnehin bis 2027 befristete Öffnung des Baurechts im Verlauf der parlamentarischen Beratung verwässert wird, weil zum Beispiel große Teile der Architektenschaft und Umweltverbände städtebaulichen Wildwuchs, eine weitere Zersiedelung und Versiegelung der Landschaft vorhersagen.
„Pflicht zum Parkplatz-Bau ist nicht mehr zeitgemäß“
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hält die Gesetzesnovelle ebenfalls für nicht ausreichend, um den Wohnungsbau anzukurbeln. Dabei sei auch im Juni die Zahl der genehmigten Wohnungen erneut zweistellig zurückgegangen, zum 21. Mal in Folge. Positiv sei, dass die Bundesregierung den Empfehlungen für einfacheres Bauen, wie etwa die für den Flüchtlingsbau geschaffenen Sonderregeln auf den Mietwohnungsbau auszuweiten, gefolgt sei. Die Pflicht hingegen, für jeden Neubau entsprechenden Parkraum zur Verfügung zu stellen, sei nicht mehr zeitgemäß und treibe die Wohnungsbaukosten-Spirale weiter nach oben.
GdW: „Auch Entwurf für den Gebäudetyp E ist mutlos“
Das andere wichtige legislative Projekt, die Schaffung eines neuen Gebäudetyp E – wobei das E für einfach und experimentell steht -, das Bundesjustizminister Marco Busch schon vor Wochen vorgelegt hatte, findet ebenfalls die Kritik des GdW. Der Entwurf sein „mutlos“ und schaffe neue bürokratische Hürden. Im Mietwohnungsbau sei der Gebäudetyp E in seiner derzeitigen Form kaum anwendbar, weil lediglich Unternehmer untereinander sich vertraglich auf den Verzicht von Komfort-Normen verständigen könnten, nicht aber Verbraucher und damit auch Mieter. Somit bleibe das Risiko, dass Mieter einen Mangel an der Mietsache geltend machen, wenn bestimmte Baunormen nicht eingehalten werden. „Hier benötigen wir dringend eine gesetzliche Klarstellung, dass die Errichtung von Gebäuden nach dem Gebäudetyp E keinen Mangel an der Mietsache darstellt“, fordert GdW-Präsident Axel Gedaschko. (Red.)