„In der Praxis nahezu wirkungslos“
Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts können die Landesregierungen über den 31. Dezember 2025 hinaus „Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt“ bestimmen. In diesen Ballungsräumen darf die Miete bei Wiedervermietung die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um zehn Prozent übersteigen. Die Mietsteigerungsrate von durchschnittlich 50 Prozent seit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Dämpfung des Mietenanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten“ geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf Anfragen der wohnungspolitischen Sprecherin der Linken im Bundestag, Caren Lay, hervor. Lay hatte die Bundesregierung gefragt, wie sich die Mietpreise von im Internet inserierten Wohnungen seit 2015 entwickelt haben. Die statischen Angaben, die das Bundesbauministerium in seiner Antwort liefert, basieren auf der Wohnungsmarktbeobachtung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Das Ministerium weist darauf hin, dass die Daten nicht repräsentativ seien, weil beispielsweise GdW-Unternehmen ihre bis zu 20 Prozent günstigeren Wohnungen kaum auf den Internetportalen inserieren.
In Berlin haben sich Angebotsmieten verdoppelt
Auf der Grundlage der Internet-Angebotspreise rechnet Caren Lay vor: Am stärksten betroffen sei Berlin, wo sich die Neumieten zwischen 2015 und 2024 mit 107 Prozent mehr als verdoppelt hätten. Wer eine Wohnung in der Hauptstadt sucht, müsse im Schnitt 18 Euro pro Quadratmeter zahlen. Leipzig folge mit einer Erhöhung von 68 Prozent. Platz drei gehe an Bremen mit 57 Prozent Erhöhung. In München seien die Preise um 50 Prozent gestiegen, in Dortmund um 48, in Köln und Hamburg um je 46 Prozent. In Düsseldorf seien die Preise für angebotene Mietwohnungen 2024 um 44 Prozent höher gewesen als 2015, in Essen 43 Prozent, Frankfurt am Main 42 Prozent und Duisburg 40 Prozent. In Stuttgart und Nürnberg lägen die Steigerungen bei 39 Prozent und in Dresden bei 28 Prozent. In München müssten mittlerweile 22 Euro je Quadratmeter gezahlt werden, wenn eine Wohnung neu gemietet wird. Auch in Hamburg (aktuell 15 €/m²), Stuttgart und Frankfurt am Main (beide 16 €/m² im Schnitt) seien die Steigerungen besonders schwerwiegend.
Vor diesem Hintergrund spricht die Abgeordnete Caren Lay, die auch Vorsitzende des Bauausschusses des Bundestags ist, von „reiner Symbolpolitik“, die in der Praxis nahezu wirkungslos sei, und verlangt unter anderem die Senkung zulässiger Miethöhen sowie einen bundesweiten Mietendeckel.
So würde sich die Ausweitung der Mietpreisbremse auf jüngere Gebäude auswirken
Wenige Tage vor dem Beschluss der schwarz-roten Bundesregierung, die Mietpreisbremse ohne weitere Verschärfungen zu verlängern, hatte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig mit der Ankündigung aufhorchen lassen, die mietrechtliche Regelung auch auf neuere Gebäude ausdehnen zu wollen. Bislang galt: Alle Wohnungen, die nach Oktober 2014 gebaut worden sind, waren von der Mietpreisbremse ausgenommen. Damit wollte man Anreize für den Neubau von Wohnungen setzen. Obwohl diese Verschärfung zunächst abgewendet scheint, hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ausgerechnet, dass bis zu 40.000 Wohnungen pro Jahr zusätzlich unter die erweiterte Preisbremse fallen würden. Dadurch würde der Wohnungsbau eher erschwert.
Nach IW-Analyse wurden rund zwei bis vier Prozent der Mietwohnungen zwischen 2015 und 2019 gebaut. Da die Mietpreisbremse nur in angespannten Wohnungsmärkten gilt – grob geschätzt seien es etwa zehn Millionen Wohneinheiten – wären bundesweit 200.000 bis 400.000 Wohnungen von der Ausweitung betroffen. Die Mietpreisbremse gilt jedoch nur bei Neuvertragsmieten. Geht man von einer durchschnittlichen Mietdauer von zehn Jahren aus, entspreche das etwa 20.000 bis 40.000 Neuvermietungen pro Jahr – vermutlich sogar weniger. Denn: Je angespannter der Markt, desto seltener zögen Menschen um. Die Wissenschaftler des IW kommen zu dem Schluss: „Mietpreisregulierungen wie die Mietpreisbremse führen zu weniger Angebot, sinkender Investitionsbereitschaft und abnehmender Wohnungsqualität.“ Besonders einkommensschwäche Haushalte fänden keine Mietwohnung, von der schützenden Preiswirkung profitierten hingegen vor allem einkommensstarke Mieter-Haushalte.
Redaktion (allg.)

