Manifest für einen anderen Klimaschutz

Schon mehr als 400 Unterstützer für den Kurswechsel

Die Mitte November 2024 ins Leben gerufene Initiative „Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor“ hat nach drei Monaten mehr als 400 Unterzeichner des Manifestes für einen Kurswechsel im Klimaschutz.

Fordern einen Kurswechsel: Prof. Dietmar Walberg (v.li.), Prof. Dirk Hebel, Prof. Elisabeth Endres und Prof. Werner Sobek. Foto: Axentis/Lopata
Fordern einen Kurswechsel: Prof. Dietmar Walberg (v.li.), Prof. Dirk Hebel, Prof. Elisabeth Endres und Prof. Werner Sobek. Foto: Axentis/Lopata

Die von renommierten Wissenschaftlern aus den Bereichen Architektur und Ingenieurwesen Mitte November 2024 ins Leben gerufene Initiative „Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor verzeichnet nach drei Monaten mehr als 400 Unterzeichner aus den Bereichen Wissenschaft und Immobilienwirtschaft. Zu den Unterstützern der Initiative zählen prominente Branchenvertreter wie der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen (GdW), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) sowie zahlreiche kommunale, genossenschaftliche und mittelständische Wohnungs- und Immobilienunternehmen bundesweit, etwa der Spar- und Bauverein Dortmund, die Lebensräume Hoyerswerda und die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte|Wohnstadt (NHW).

„Der emissionsarme Betrieb von Gebäuden muss ins Zentrum rücken“

Im vergangenen November hatten die angesehenen Akademiker Prof. Elisabeth Endres, Prof. Dr.-Ing. Manfred Norbert Fisch, Prof. Dirk Hebel, Prof. Dr. Dr. E.h. Dr. h.c. Werner Sobek und Prof. Dipl.-Ing. Dietmar Walberg in Berlin ihr Manifest für eine nachhaltige, kosteneffiziente und sozial verträgliche Klimapolitik im Gebäudesektor vorgestellt. Darin kritisieren sie die seit vielen Jahren einseitige Fokussierung auf immer höhere Energieeffizienzstandards durch materialintensive Gebäudedämmung als maßgebliche Voraussetzung zur Erreichung der Klimaziele. Sie fordern dringend einen politischen Richtungswechsel dahingehend, dass als Zielstellung die Reduzierung von Treibhausgasemissionen ins Zentrum gerückt wird.

Dies sei finanzierbar, stelle die Erreichung der Klimaschutzziele sicher und gewährleiste bezahlbares Wohnen, so die Verfasser des Manifestes. Ziel der Initiative ist es, einen breiten Diskurs in der Öffentlichkeit zu organisieren und die Entscheidungsträger in der Politik dazu zu bewegen, die Klimapolitik im Gebäudesektor von Grund auf zu überdenken und sie auf realistische, erreichbare CO2-Reduktionsziele auszurichten. In Anbetracht des Regierungswechsels in Berlin und der drängenden Haushaltsprobleme seien die klimapolitischen Maßnahmen in den kommenden Monaten von entscheidender Bedeutung.

NHW: „Klimaschutz auf dem jetzigen Pfad ist nicht bezahlbar“

Zu den Unterstützern der Initiative zählt die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte|Wohnstadt (NHW). Deren Leitender Geschäftsführer Dr. Thomas Hain erklärt: „Mit dem derzeitigen Kurs der weiteren Verschärfung von Energieeffizienzbestimmungen werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Wir könnten die Investitionen als sozial orientiertes Wohnungsunternehmen ökonomisch nicht stemmen. Die damit verbundenen Mietsteigerungen bergen zudem sozialen Sprengstoff, der den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet. Wir plädieren daher für einen Kurswechsel, der die knappen finanziellen Ressourcen effektiver einsetzt.“

Initiative: „Weitere Investitionen in die Dämmung haben keinen Effekt“

Die Initiatoren des Kurswechsels in der Klimapolitik für den Gebäudesektor: „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Seit Jahren ist der Befund der Wissenschaft eindeutig. Wir sparen trotz hoher Mittelaufwendungen für Sanierungen kein CO2 im Gebäudesektor mehr ein. Deshalb registrieren wir aus unseren Netzwerken, also der Wissenschaft, aber auch der Politik und von Unternehmen, sehr großes Interesse und massive Unterstützung für unsere Ideen. Wir müssen nun den Mut aufbringen, umzusteuern. Dann werden wir nicht nur unsere Klimaziele im Gebäudesektor erreichen, sondern auch einen enormen Innovationsschub im Bausektor auslösen“, so die Initiatoren.

BDA: „Förderstrategie muss umgestellt werden“

Für den Bund deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) sagt BDA-Präsidentin Susanne Wartzeck: „Wir versprechen uns von der Initiative einen kräftigen Impuls in Richtung Politik, damit sich sowohl die Rahmenbedingungen als auch die Förderstrategien verändern können. Nur, wenn wir die Regulatorik konsequent an der Verminderung der CO2-Emissionen ausrichten, können wir die Klimaziele im Bausektor erreichen.“

BFW: „Keine Zeit bei der Umstellung des GEG verlieren“

BFW-Präsident Dirk Salewski fordert: „Bei der Umstellung des GEG auf Emissionseffizienz dürfen wir keine Zeit verlieren. Die Initiative leistet hierfür einen wichtigen Beitrag. Bei der nationalen Umsetzung europarechtlicher Vorgaben muss die Bezahlbarkeit gewährleistet werden. Nur was sozial tragfähig und wirtschaftlich darstellbar ist, kann auch nachhaltig sein.“

Die fünf Kernforderungen der Initiative

  1. Emissionsfreie Wärmeversorgung: Fossile Energieträger müssen zügig durch emissionsfreie Technologien wie Wärmepumpen, „grüne“ Wärmenetze und die Nutzung industrieller Abwärme ersetzt werden.
     
  2. Maßvolle energetische Sanierung: Statt kostspieliger und extrem hoher Sanierungsstandards fordern die Experten eine Sanierung mit Augenmaß, bei der mit überschaubarem Aufwand und einem optimiertem Kosten-Nutzen-Verhältnis bereits wesentliche CO2-Reduktionen erzielbar sind.
     
  3. Effiziente Wärmepumpen-Nutzung: Moderne Wärmepumpen sind bereits für teilsanierte (ab EnEV 2002) oder moderat sanierte Gebäude geeignet, was den Sanierungsdruck mindert und trotzdem eine klimaneutrale Wärmeversorgung ermöglicht.
     
  4. Einführung eines Emissionsminderungspfads: Statt unübersichtlicher Regelungen bis ins Detail plädieren die Wissenschaftler für einen verbindlichen Emissionsminderungspfad bis 2045, der klare Grenzwerte für Treibhausgas-Emissionen im Gebäudesektor setzt.
     
  5. Förderung von Bestandserhalt und Kreislaufwirtschaft: Die Genehmigung aller zukünftigen Baumaßnahmen (Neubau, Um- und Weiterbau) muss an einen maximal zulässigen CO2-Ausstoß pro Quadratmeter Nutzfläche in Errichtung und Betrieb gekoppelt werden, der einem Minderungspfad folgend bis zum Jahr 2045 auf Netto-Null sinkt. Bestand und Sekundärmaterialien werden hierbei rechnerisch bevorzugt, so dass gebundene grauer Energie erhalten und Abfall vermieden wird.

Lesen Sie auch: EBZ-Profs unterstützten Initiative Praxispfad CO2-Reduktion

 

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan
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