Die Ampel in Berlin hatte Großes vor – auch in der Wohnungswirtschaft. 400.000 neue Wohnungen, so das ambitionierte Ziel von SPD, Grünen und FDP, sollten jährlich zwischen Nordsee und Alpenvorland errichtet werden. Real war es 2024 nur rund die Hälfte.
Die Angebotsknappheit stößt auf eine derzeit hohe Nachfrage aufgrund der starken Zuwanderung und dem anhaltenden Trend zu Einpersonenhaushalten in Deutschland. Folge: steigende Mieten. Nach einer jüngst veröffentlichten Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sind die Neuvertragsmieten im Jahr 2024 um rund vier Prozent gestiegen. Die Kaufpreise für Grundstücke, Häuser und Wohnungen sind dagegen im Schnitt um fünf Prozent gesunken, zuletzt aber wieder nach oben geklettert. Das Preis-Tal ist durchschritten.
Zinsen sind niedriger, Baukosten dafür umso teurer
Wind unter die Flügel bekommt die Bauindustrie und bekommen Projektierer sowie Investoren auch von der Zinsseite. Tobias Bräunig, Immobilienexperte sowie Gründer und Chef des Beratungsunternehmens Freundeskreis Gruppe, sagt: „Wir könnten weitere Zinssenkungen sehen, da mit Donald Trump nun ein Präsident im Weißen Haus ist, der sehr wirtschaftsorientiert ist. Kurzfristig dürfte das dazu führen, dass viel Kapital in den Markt fließt. Damit dies geschieht, müssen die Zinsen logischerweise gesenkt werden. Wahrscheinlich wird sich diese Entwicklung auf Europa übertragen. Infolgedessen könnten die Immobilienpreise mittelfristig wieder steigen.“
Diese Entwicklung ist nach Bräunigs Worten aber nicht frei von Risiken: „Langfristig könnte dies jedoch dazu führen, dass eine höhere Inflation entsteht. Für Immobilieninvestoren ist das besonders interessant, da die Quadratmeterpreise weiter steigen könnten. Andererseits könnte dies auch dazu führen, dass man die Zinsen wieder anheben muss, um die Inflation einzufangen.“ Sein Fazit: „Die kommenden Jahre werden eine gewisse Volatilität bringen“.
Kein Bauboom durch niedrigere Zinsen
Zugleich dämpfen Experten die Hoffnung, dass geringere Zinsen allein einen neuerlichen und so dringend nötigen Bauboom auslösen könnten. Tobias Bräunig: „Trotz kontinuierlich sinkender Zinsen wird der Neubau in den kommenden Jahren nicht drastisch zunehmen. Dies liegt an den weiterhin hohen Rohstoffpreisen, den hohen Personalkosten und bürokratischen Hürden – selbst einfache Bauanträge dauern mittlerweile Jahre und die Planungskosten sind für Bauherren oft nicht kalkulierbar. Die Kombination dieser Faktoren sorgt dafür, dass gerade Bestandsimmobilien immer wertvoller werden. Der akute Wohnraummangel und der Druck auf den Mietmarkt in den Ballungsgebieten wird sich auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht entspannen – umso attraktiver ist es, in genau solchen Lagen bereits bestehende Immobilien zu besitzen.“
Marco Mattes, Gründer und Chef der Mattes Unternehmensgruppe mit Sitz in Bad Kreuznach (Immobilienentwicklung und Beteiligungen), hält ebenso die Preisentwicklung bei Baumaterialien für einen wesentlichen Faktor. Die vergangenen zwei Jahre, als die Preise infolge der Energiekrise nach oben schossen, hätten gezeigt, welch große Bedeutung dieser Faktor habe. Die Entwicklung für die Kosten der Baumaterialen hänge auch 2025 vor allem davon ab, wie sich die weltweiten geopolitischen Krisen entwickelten: „Je mehr die Lieferketten unter Druck geraten, desto teurer kann auch der Einkauf von Baumaterialen werden“, unterstreicht der Unternehmer.
In der Diskussion um mögliche Preistreiber für den Wohnungsbau betont er auch die Konsequenzen für die Mieter und beschreibt die Umstände, die 2025 die Mieten steigen lassen könnten: „Neben dem klassischen Prinzip von Angebot und Nachfrage wirken weitere Faktoren. Das betrifft beispielsweise die Frage der energetischen Sanierung, die durch erhöhte Mieten in Teilen oder komplett finanziert werden kann. Auch zum Thema Grundsteuer ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. In welchem Rahmen die Erhöhungen auf die Mieter abgewälzt wird, bleibt eine zentrale Auseinandersetzung 2025.“
Klarer Gewinner 2025: die Bestandsimmobilien
Florian Bauer, Geschäftsführer von Bauer Immobilien aus Köln, sieht 2025 vor allem einen Gewinner: die Bestandsimmobilien. Seine Begründung: „Die selbst gesteckten Neubauziele der Politik werden beim aktuellen Stand wieder verfehlt. Langsame Genehmigungsverfahren, hohe Baukosten und zu wenig Personal blockieren den Wohnungsbau momentan enorm. Das gilt sowohl für die Top Sieben als auch für B-Lagen. Gewinner dieser Entwicklung ist der Bestand. Denn dieser profitiert bei optimaler Gebäudequalität an Wert, sofern die Nachfrage steigt. Und darauf deutet heute nahezu alles hin. Mieter müssen sich auf Mietanhebungen einstellen, sofern die Objekte seit Jahren ohne Mieterhöhung stehen. Diese Maßnahmen durch den Vermieter braucht es auch, um beispielsweise energetische Sanierungen zu finanzieren.“
Erwerb von Wohneigentum zur Selbstnutzung fast unerschwinglich
Nahezu alle Experten sind sich einig, dass die Mieten weiter ansteigen werden. Zudem könnten mit einer veränderten Bundesregierung nach der Wahl Ende Februar auch Regulierungen wie die Mietpreisbremse gekippt werden. Keine guten Nachrichten für viele Mieter. Stellt sich die Frage, warum im internationalen Vergleich immer noch so wenige Deutsche in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus leben. Tobias Bräunig erklärt sich das so: „Man muss zwischen zwei Typen unterscheiden: dem Wohneigentum zur Eigennutzung und dem Eigentum zur Kapitalanlage. Ersteres ist aufgrund der hohen Zinsen, Neubauregularien, den hohen Rohstoffpreisen und vor allem der hohen Eigenkapitalquote für die heutige Generation nur schwer realisierbar. Anders sieht es bei Kapitalanlage-Immobilien aus. Hier sind die Chancen extrem positiv und die Einstiegshürden – Stichwort Finanzierung ohne Eigenkapital – deutlich geringer. Die Herausforderung besteht darin, die Einstellung der jungen Generation zu verändern.“