Elektromobilität und Carsharing - Best Practices

Energiewende in der Tiefgarage

Elektroautos sind nach wie vor Exoten auf unseren Straßen. Zahlreiche Wohnungsunternehmen lassen sich dennoch nicht entmutigen. Weil die meisten Autofahrten zu Hause starten und enden, versuchen sie den Einstieg in die Elektromobilität und Carsharing zu erleichtern. Teilautos, Elektroroller und Lastenfahrräder laden zur Probefahrt ein.

Den Umstieg leichter machen: Die Münchner Genossenschaft WOGENO stellt Mietern Elektroroller und elektrische Lastenfahrräder leihweise zur Verfügung. FOTO: WOGENO/Fritz Winter
Den Umstieg leichter machen: Die Münchner Genossenschaft WOGENO stellt Mietern Elektroroller und elektrische Lastenfahrräder leihweise zur Verfügung. FOTO: WOGENO/Fritz Winter

Ein Best Practice Beispiel liefert die Woh­nungsgenossenschaft WOGENO aus Mün­chen. Mit der Planung des Neubauquar­tiers Domagkpark wurde gleich ein zeitgemäßes Mobilitätsangebot mitgedacht. Diese Linie sei inzwischen fester Bestandteil der Neu­bauvorhaben. Den Strom für die elektrisch betriebenen Pkw, Pedelecs, Lastenräder und Roller im Domagkpark erzeugt eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und an der Fassade des Gebäudes nahe der Mobilitätszentrale. Diese produziert im Schnitt täglich rund 190 kWh, ein E-Bike verbraucht pro Stunde etwa 0,25 kWh, ein Elektroauto bei Tempo 80 gut 12 kWh Energie. Daneben deckt die PV-Anlage den Großteil des Strombedarfs in den Häusern, etwa für Beleuchtung, Aufzüge, Waschma­schinen und Kühlschränke ab.

Tagsüber soll zudem künftig der überschüs­sige Strom in einem Zwischenspeicher ge­sammelt werden, um ihn abends an die angeschlossenen Fahrzeuge abzugeben.

Frage des Energiespeichers vorerst verschoben

„Die Erzeugung von Solarstrom deckt sich zeitlich nicht mit den Verbrauchsspitzen“, sagt Maximilian Ludwig von eZeit Ingeni­eure. Schließlich entfaltet die Sonne ihre größte Kraft, wenn die meisten Bewohner nicht zu Hause, sondern bei der Arbeit sind. Strom, der nicht direkt vor Ort verbraucht werden kann, fließt dann in das öffentliche Netz. Die gesetzlich garantierte Einspeise­vergütung liegt dann je nach Größe der An­lage zwischen 12,20 und 8,44 Cent pro kWh und deutlich unter dem aktuellen Strompreis, entsprechend lohnt vor allem der Verbrauch vor Ort.

„Die Frage des Energiespeichers haben wir wegen den momentan sehr hohen Kosten vorerst verschoben, dieser soll in Zukunft aber sukzessive ausgebaut werden“, so Johanna Schäfer von der Münchner Genossenschaft WOGENO. Für Neubauprojekte setze man grundsätzlich auf die Kombination Photovoltaik und E-Mobilität – wenn möglich ergänzt durch Blockheizkraftwerke.

Die Münchener haben im vergangen Jahr gemeinsam mit fünf Partnern die Dienstleistergenossenschaft Isarwatt gegründet, die unter anderem dafür zuständig ist, Energieanlagen und Mobilitätsstationen rund um Wohngebäude zu errichten und zu betreiben.

Nassauische Heimstätte will sich nicht überrollen lassen

Der Zeit voraus ist man auch bei der Unter­nehmensgruppe Nassauische Heimstätte Wohnstadt aus Frankfurt am Main. Das Un­ternehmen verfolgt seit dem Jahr 2014 eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie, bis 2016 wurde ein Mobilitätskonzept mit rund 50 verschiedenen Maßnahmen entwickelt. Ein Beispiel: Das EffizienzhausPlus auf dem Riedberg mit 21 Wohn­einheiten, fertiggestellt im Jahr 2015. Als Pilotprojekt ausgelegt, wurden hier unter­schiedliche Elemente getestet, wie etwa die Kombination von photovoltaisch erzeugtem Strom und dessen Speicherung in Kombi­nation mit einem E-Fahrzeug. „Der Markt rund um elektrische Mobilität entwickelt sich zurzeit rasant, etwa mit größeren Reichweiten der Fahrzeuge und neuer Tech­nik der Ladeinfrastruktur“, so Lüter. Gleich­zeitig erhalte das Thema selbstproduzierter Mieterstrom immer mehr Gewicht, dabei erhöhe die Einbindung von E-Mobilität die Wirtschaftlichkeit. Diese beiden komplexen Bereiche gelte es zu synchronisieren. Statt einzelne Leuchtturmprojekte verfolge man einen ganzheitlichen Ansatz.

Wegen geringer Nutzung wurden E-Autos zunächst wieder abgezogen

Das E-Fahrzeug für das EffizienzhausPlus auf dem Riedberg zog der Carsharing-Anbieter inzwischen allerdings wieder ab. Ähnliches erlebte die BVE, die erstmals vor gut drei Jahren ein E-Fahrzeug im Rahmen von Carsharing anbot.

„Die Carsharing Anbieter tun sich bislang schwer, sowohl das Investitions- als auch das Nutzungsrisiko zu tragen“, beobachtet Felix Lüter, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Unternehmensgruppe. Man hoffe aber auf Bewegung in den kommenden Jahren. Um skalierbare Lösun­gen für das ePkw-Sharing zu finden, sucht die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte Wohnstadt einen konzernweiten Partner. Bereits seit einigen Jahren gibt es Kooperationsprojekte in verschiedenen Quartieren mit konventionellen Carsharing- Fahrzeugen. „Zudem ist es bei innovativen Themen nicht immer einfach, die Bewohner bei der Stange zu halten“, so die Erfahrung von Lüter. Entsprechend wichtig sei die Kommunikation, schon allein um Vorurteile abzubauen.

Das weiß man auch bei der Münchner Genossenschaft WOGENO, dort werden die E-Fahrzeuge gut angenommen. Um möglichen Vorbehalten entgegenzuwir­ken, hat die Wohnungsgenossenschaft mehrere Informationsveranstaltungen vor Ort organisiert und Broschüren an die Mie­ter verschickt, das Angebot selber wurde teils mit den Bewohnern gemeinsam entwickelt. Und bei Neubauprojekten wird der ökologische Mobilitätsansatz grundsätzlich gleich bei der Auswahl neuer Mieter ange­sprochen. „Wir versuchen stets, früh für das Thema zu sensibilisieren“, so Johanna Schäfer, zuständig für Konzeption und Betrieb der Mobilitätsstationen bei der WOGENO. Denn nur wenn alle im Boot sind, ließen sich progressive Ideen erfolgreich umsetzen.

Autorin: Bettina Brüdgam

Artikel in voller Länge und Zusatzinfos in der IVV immobilien vermieten & verwalten 03/2018

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