Ein Best Practice Beispiel liefert die Wohnungsgenossenschaft WOGENO aus München. Mit der Planung des Neubauquartiers Domagkpark wurde gleich ein zeitgemäßes Mobilitätsangebot mitgedacht. Diese Linie sei inzwischen fester Bestandteil der Neubauvorhaben. Den Strom für die elektrisch betriebenen Pkw, Pedelecs, Lastenräder und Roller im Domagkpark erzeugt eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und an der Fassade des Gebäudes nahe der Mobilitätszentrale. Diese produziert im Schnitt täglich rund 190 kWh, ein E-Bike verbraucht pro Stunde etwa 0,25 kWh, ein Elektroauto bei Tempo 80 gut 12 kWh Energie. Daneben deckt die PV-Anlage den Großteil des Strombedarfs in den Häusern, etwa für Beleuchtung, Aufzüge, Waschmaschinen und Kühlschränke ab.
Tagsüber soll zudem künftig der überschüssige Strom in einem Zwischenspeicher gesammelt werden, um ihn abends an die angeschlossenen Fahrzeuge abzugeben.
Frage des Energiespeichers vorerst verschoben
„Die Erzeugung von Solarstrom deckt sich zeitlich nicht mit den Verbrauchsspitzen“, sagt Maximilian Ludwig von eZeit Ingenieure. Schließlich entfaltet die Sonne ihre größte Kraft, wenn die meisten Bewohner nicht zu Hause, sondern bei der Arbeit sind. Strom, der nicht direkt vor Ort verbraucht werden kann, fließt dann in das öffentliche Netz. Die gesetzlich garantierte Einspeisevergütung liegt dann je nach Größe der Anlage zwischen 12,20 und 8,44 Cent pro kWh und deutlich unter dem aktuellen Strompreis, entsprechend lohnt vor allem der Verbrauch vor Ort.
„Die Frage des Energiespeichers haben wir wegen den momentan sehr hohen Kosten vorerst verschoben, dieser soll in Zukunft aber sukzessive ausgebaut werden“, so Johanna Schäfer von der Münchner Genossenschaft WOGENO. Für Neubauprojekte setze man grundsätzlich auf die Kombination Photovoltaik und E-Mobilität – wenn möglich ergänzt durch Blockheizkraftwerke.
Die Münchener haben im vergangen Jahr gemeinsam mit fünf Partnern die Dienstleistergenossenschaft Isarwatt gegründet, die unter anderem dafür zuständig ist, Energieanlagen und Mobilitätsstationen rund um Wohngebäude zu errichten und zu betreiben.
Nassauische Heimstätte will sich nicht überrollen lassen
Der Zeit voraus ist man auch bei der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte Wohnstadt aus Frankfurt am Main. Das Unternehmen verfolgt seit dem Jahr 2014 eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie, bis 2016 wurde ein Mobilitätskonzept mit rund 50 verschiedenen Maßnahmen entwickelt. Ein Beispiel: Das EffizienzhausPlus auf dem Riedberg mit 21 Wohneinheiten, fertiggestellt im Jahr 2015. Als Pilotprojekt ausgelegt, wurden hier unterschiedliche Elemente getestet, wie etwa die Kombination von photovoltaisch erzeugtem Strom und dessen Speicherung in Kombination mit einem E-Fahrzeug. „Der Markt rund um elektrische Mobilität entwickelt sich zurzeit rasant, etwa mit größeren Reichweiten der Fahrzeuge und neuer Technik der Ladeinfrastruktur“, so Lüter. Gleichzeitig erhalte das Thema selbstproduzierter Mieterstrom immer mehr Gewicht, dabei erhöhe die Einbindung von E-Mobilität die Wirtschaftlichkeit. Diese beiden komplexen Bereiche gelte es zu synchronisieren. Statt einzelne Leuchtturmprojekte verfolge man einen ganzheitlichen Ansatz.
Wegen geringer Nutzung wurden E-Autos zunächst wieder abgezogen
Das E-Fahrzeug für das EffizienzhausPlus auf dem Riedberg zog der Carsharing-Anbieter inzwischen allerdings wieder ab. Ähnliches erlebte die BVE, die erstmals vor gut drei Jahren ein E-Fahrzeug im Rahmen von Carsharing anbot.
„Die Carsharing Anbieter tun sich bislang schwer, sowohl das Investitions- als auch das Nutzungsrisiko zu tragen“, beobachtet Felix Lüter, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Unternehmensgruppe. Man hoffe aber auf Bewegung in den kommenden Jahren. Um skalierbare Lösungen für das ePkw-Sharing zu finden, sucht die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte Wohnstadt einen konzernweiten Partner. Bereits seit einigen Jahren gibt es Kooperationsprojekte in verschiedenen Quartieren mit konventionellen Carsharing- Fahrzeugen. „Zudem ist es bei innovativen Themen nicht immer einfach, die Bewohner bei der Stange zu halten“, so die Erfahrung von Lüter. Entsprechend wichtig sei die Kommunikation, schon allein um Vorurteile abzubauen.
Das weiß man auch bei der Münchner Genossenschaft WOGENO, dort werden die E-Fahrzeuge gut angenommen. Um möglichen Vorbehalten entgegenzuwirken, hat die Wohnungsgenossenschaft mehrere Informationsveranstaltungen vor Ort organisiert und Broschüren an die Mieter verschickt, das Angebot selber wurde teils mit den Bewohnern gemeinsam entwickelt. Und bei Neubauprojekten wird der ökologische Mobilitätsansatz grundsätzlich gleich bei der Auswahl neuer Mieter angesprochen. „Wir versuchen stets, früh für das Thema zu sensibilisieren“, so Johanna Schäfer, zuständig für Konzeption und Betrieb der Mobilitätsstationen bei der WOGENO. Denn nur wenn alle im Boot sind, ließen sich progressive Ideen erfolgreich umsetzen.
Autorin: Bettina Brüdgam
Artikel in voller Länge und Zusatzinfos in der IVV immobilien vermieten & verwalten 03/2018
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