Bundesförderung läuft aus

Baustopp für das Effizienzgebäude 55

Erst vor wenigen Monaten wurden staatliche Investitionshilfen für Wohnungsunternehmen in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gebündelt. Jetzt kündigt das Bundeswirtschaftsministerium an, dass zum 1. Februar 2022 die Neubauförderung für das Effizienzhaus 55 eingestellt wird.

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Der Weg zur Klimaneutralität wird ein langer und teurer sein. Bild: Studio v-zwölf/stock.adobe.com
Der Weg zur Klimaneutralität wird ein langer und teurer sein. Bild: Studio v-zwölf/stock.adobe.com

Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW reagiert fassungslos und kritisiert: „So wird klimaschonendes und soziales Bauen ausgebremst.“ Dieser Schritt sei komplett unverständlich und unsozial. Denn ohne diese Förderung werde das Wohnen mit erhöhtem Klimastandard für viele Menschen in Deutschland unbezahlbar“, sagt GdW-Präsident Axel Gedaschko.

Die Bundesregierung hatte am 22. September 2021 beschlossen, die für die Gebäudeförderung bereitgestellten Mittel für 2021 nochmals um 11,5 Milliarden Euro auf insgesamt bis zu 18 Milliarden Euro zu erhöhen. Gleichzeitig aber auch, die bestehende Fördersystematik der BEG mit Blick auf die Fördereffizienz hin zu überprüfen und anzupassen. Vorhandene Fördermittel sollen nach Aussage der Regierung gezielt dort eingesetzt werden, wo Treibhausgas-Minderungen zur Erreichung der Sektorziele am Notwendigsten sind. Dass die Förderung des Standards KFW-55 vollständig eingestellt wird, so der GdW, sei nicht nachvollziehbar, denn man hätte die Förderhöhe auch reduzieren können. Die komplette Einstellung der Förderung bedeute faktisch einen Neubaustopp im Mietwohnungsbau, denn der höhere Effizienzstandard könne nur über höhere Mieten realisiert werden und diese seien im bezahlbaren Segment nicht erzielbar.

Förderanträge nochvor dem 31. Januar stellen

Die Bundesregierung habe zugesagt, dass Anträge für das Effizienzhaus/-gebäude 55 im Neubau noch bis 31. Januar 2022 gestellt werden können, wobei das Datum der Antragstellung maßgeblich ist. Die EE-Klassen (Effizienzhaus/-gebäude 55 EE) und die Nachhaltigkeits-Klasse (Effizienzhaus 55 NH) werden ebenfalls eingestellt. Das Effizienzgebäude 55 NH wird für den Neubau nicht eingeführt.

BEG wird erstseit wenigen Monaten praktiziert

Mit der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG), einem Kernelement des nationalen Klimaschutzprogramms 2030, hat die Bundesregierung ab 2021 ihre energetische Gebäudeförderung neu strukturiert. Gleichzeitig wurden die zur Verfügung stehenden Mittel angehoben.

Die BEG ersetzt das CO2-Gebäudesanierungsprogramm (Programme Energieeffizient Bauen und Sanieren), das Programm zur Heizungsoptimierung (HZO), das Anreizprogramm Energieeffizienz (APEE) und das Marktanreizprogramm zur Nutzung Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt (MAP).

Im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude sind folgende Einzelmaßnahmen für Bestandswohngebäude und Nichtwohngebäude förderfähig:

Software für die kaufmännische Immobilienverwaltung kann heute weit mehr als nur Heiz- und Nebenkosten abzurechnen. Welche Funktionen die Software im Einzelnen bietet, hängt vom jeweiligen Programmkonzept, der Zielgruppe und natürlich vom Preis ab. Diese...
  • Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle
  • Anlagentechnik (außer Heizung)
  • Anlagen zur Wärmeerzeugung (Heizungstechnik)
  • Heizungsoptimierung
  • Fachplanung und Baubegleitung

Das BEG fördert neben der Sanierung bzw. dem Austausch alter, ineffizienter Heizungs- oder Beleuchtungsanlagen erstmalig auch Digitalisierungsmaßnahmen inkl. Steuerungs- und Regelungstechnologien.

Wohnungswirtschaftwird zum Spagat gezwungen

Bereits auf der Expo Real im Oktoberhatte die Wohnungswirtschaft dringend an die Politik appelliert, dass Klimaneutralität und sozialer Friede nur unter deutlich stärkerer staatlicher Förderung zu erreichen seien. Der GdW und die Initiative Wohnen.2050 stellten auf der Messe den ersten Praxisbericht „Gemeinsam. Handeln. Jetzt.“zum Erreichen der geforderten Klimaneutralität vor. Tenor: Die Branche befindet sich in einem Spagat, aus dem sie sich nur mit massiver staatlicher Hilfe befreien könne. Ein Viertel mehr an CO2-Einsparungen, ein Sechstel weniger Zeit, gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum erhalten und neu schaffen –die Transformation zur Klimaneutralität bis 2045 stelle selbst für engagierteste Wohnungsunternehmen eine immense Herausforderung dar. Um in nur noch 24 Jahren das im Pariser Klimaabkommen fixierte Kleiner-Zwei-Grad-Ziel und einen absolut klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, müssten ab sofort jährlich über fünf Millionen Tonnen CO2 im Gebäudesektor eingespart werden.

„Wir brauchen einen echten Paradigmenwechsel, um Klimaschutz und sozialen Frieden miteinander vereinen zu können: Damit die extrem ambitionierten Klimaziele beim Wohnen sozial verträglich umgesetzt werden können, brauchen wir ein neues, langfristiges Versprechen für bezahlbare Mieten. Dafür ist eine Klima-Förderung notwendig, die über die BEG-Förderung hinausgehend unterstützt, und im Gegenzug die Garantie eines bestimmten Mietniveaus beziehungsweise einer stark begrenzten Steigerung der Mietpreise einfordern darf. Nur so kann bezahlbares Wohnen dauerhaft für breite Schichten der Bevölkerung gesichert werden“, konstatierte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW und Vorsitzender der Initiative Wohnen.2050 (IW.2050), bei der Präsentation des Praxisberichts auf der Expo Real in München.

Statt mehr Geld zu geben, hat das Bundeswirtschaftsministerium nun einen wichtigen Förderbaustein für den Neubau komplett beseitigt. (Red.)

Auch der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen kritisiert die Streichung des Förderstandards KfW 55 im Neubau

Hintergrund ist eine Umfrage unter den rund 1.600 Mitgliedsunternehmen des Verbandes. „Der Wegfall der Förderung wird nach Ansicht vieler BFW-Unternehmen für steigende Kosten bei Bauprojekten sorgen. Außerdem wird der wirksame Klimaschutz im Gebäudesektor aufs Spiel gesetzt. Denn ohne die Förderung ist nur noch der gesetzliche Mindeststandard wirtschaftlich darstellbar“, erklärte BFW-Präsident Andreas Ibel in Berlin.

In der BFW-Umfrage hatten mehr als 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen angegeben, dass sie die Übergangsfrist bis zum 31. Januar kommenden Jahres für zu kurz halten. Rund 84 Prozent der teilnehmenden Unternehmen rechnen durch mögliche Umplanungen mit Verzögerungen bei der Fertigstellung von Projekten. Knapp 90 Prozent der teilnehmenden Firmen gaben an, dass Wohnungsbau im KfW-55-Standard ohne Förderung nicht wirtschaftlich darstellbar sei.

Fortschritte beim Klimaschutz im Gebäudesektor gefährdet

BFW-Präsident Andreas Ibel erwartet, dass viele Bauträger und Projektentwickler auf den gesetzlichen Mindeststandard umstellen. Die Umplanung auf den höheren Förderstandard KfW 40 würde sich nach dem Wegfall für die meisten Bauträger nicht mehr lohnen.

Ausdrücklich unterstützt der BFW-Präsident die Forderung der Bauministerkonferenz, die KfW-55-Förderung zu erhalten. Auch müsse die Übergangsfrist verlängert werden, so der Verband.

Quelle: BFW
 

 

 

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan
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Artikel Baustopp für das Effizienzgebäude 55
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