Klimaforscher sprechen von „Kipp-Punkten“ menschengemachter Klimaveränderungen, deren Überschreiten zur unaufhaltsamen Beschleunigung negativer Entwicklungen führe. Das Gebäudeenergiegesetz erscheint wie ein Kipp-Punkt des Ordnungsrechts. Der Gesetzgeber hat überzogen. Auch nach der Entschärfung hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das komplizierter und gleichzeitig in der Wirkung gedämpfter kaum sein könnte. Die folgenden Regelungen des GEG tragen geradezu satirische Züge.
Eine der wenigen unmittelbaren Pflichten lautet: In Gebäuden, die in Neubaugebieten entstehen, muss die Heizung ab 1. Januar 2024 mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie nutzen. In Neubauten, die in Baulücken entstehen, muss das nicht sein, weil hier die Wärmeplanung der Gemeinde entscheidend für die Frist ist.
Gasheizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind, dürfen in Zukunft ohne Einschränkung eingebaut werden – Voraussetzung: In der Gemeinde muss es einen rechtsverbindlichen Investitions- und Transformationsplan für eine Wasserstoffinfrastruktur geben. Grüner Wasserstoff ist viel zu teuer, um damit Wohnungen zu heizen. Und welcher Versorger kann hier rechtsverbindlich Auskunft geben?
Selbst herkömmliche Öl- und Gasheizungen dürfen zukünftig neu installiert werden, wenn die Brenner ab dem Jahr 2029 stufenweise ansteigende Anteile von grünen Gasen oder Ölen verbrennen können: Ab dem 1. Januar 2029 15 Prozent, ab 1. Januar 2035 30 Prozent und ab dem 1. Januar 2040 60 Prozent. Welcher Energielieferant wird diese Beimischungen zu welchen Preisen garantieren können?
Sollte irgendwann in den kommenden zwei Jahrzehnten die Pflicht zum Heizungstausch akut werden, besteht immer noch die Chance auf eine individuelle Härtefallregelung. Etwa wenn der Immobilieneigentümer pflegebedürftig ist. Dann kann er sich von der Pflicht zum Heizen mit Erneuerbaren befreien lassen. An welche Stelle ist dieser Antrag zu richten, an die Pflegeversicherung?
Vor der möglichen Installation einer neuen fossilen Heizung müssen sich Immobilieneigentümer über die finanziellen Konsequenzen angesichts einer steigenden CO2-Steuer beraten lassen. Hier ist der Staat so fürsorglich wie bei der Pflichtberatung vor einem Schwangerschaftsabbruch.
Beim Heizungsgesetz hat die politische Theorie in den Ministerien überzogen. Die Transformation der Heizungsanlagen für 40 Millionen Wohnungen lässt sich nicht im Detail mit dem Ordnungsrecht planen. Wirksamer und schneller wäre die Lenkungswirkung durch eine CO2-Steuer, die richtig weh tut. Diese Steuer gibt es seit Anfang 2021 und sie steigt in den folgenden Jahren langsam. Die Regierung scheint an dieses Instrument nicht so recht zu glauben. Jetzt haben wir beides: ein total verschnörkeltes GEG und eine nur milde Steuer auf Emissionen.
Haben Sie Fragen zum neuen Heizungsgesetz?
Speziell für Immobilienverwalter / WEG-Verwalter hat die Fachzeitschrift IVV immobilien vermieten & verwalten einen Workshop ins Programm genommen:
Das neue Heizungsgesetz und die Auswirkungen des GEG auf das WEG (Wohneigentumsgesetz)
Was ist jetzt zu tun: alte Heizung rausschmeissen oder abwarten? Was kommt auf WEG-Verwalter zu? Muss die außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen werden?
Informieren Sie sich allumfassend in einem zweistündigen Workshop. Die Referentin ist WEG-Rechtsexpertin und klärt über die Pflichten für Verwaltungen und Eigentümer auf. Teilnehmende nehmen mit Webcam und Mikrofon an der Sitzung teil, können ihre Fragen im Chat stellen und ihr individuelles Anliegen schildern.
Hier gibt es weitere Infos zum Workshop. Verschaffen Sie sich einen Überblick, was Sie in 2024 erwartet.
Thomas Engelbrecht

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