Genossenschaft auf dem Weg zur Gebäude-Konnektivität 4.0
Die Wohnungsgenossenschaft Eberswalde 1893 eG stattet all ihre Gebäude mit Glasfaser aus und vernetzt sie zusätzlich zu sogenannten Campus-Netzen. Dazu hat die 1893 einen langfristigen Vertrag mit dem Eberswalder Unternehmen Telta Citynetz GmbH geschlossen. Dieser sieht vor, dass Telta die Investitionen übernimmt und bis Ende 2025 die komplette Netzinfrastruktur in den Gebäuden herstellt. Die Genossenschaft hat die Option, das Netz nach zehn Jahren zu kaufen. Sie will nicht warten, bis die großen Netzbetreiber die Wohngebiete der 1893 ausstatten, sondern den Mitgliedern in Eigenregie das schnellste und zuverlässigste Internet bieten und so die Infrastruktur in den eigenen Händen halten.
1893-Sprecherin Claudia Riethbaum begründet die Strategie: „Der Glasfaser-Ausbau bis in die Wohnung ist für uns ein logischer Schritt. Glasfaser ist kaum störanfällig und kann unbegrenzt Daten transportieren. Das ist in Zeiten von Streaming-Diensten, Homeoffice und Smarthome der Standard, den wir brauchen. Das ist ein großer Mehrwert für unsere Mitglieder, denn aktueller Standard sind immer noch Kupferkabel.“
In den Gebäuden liegen noch die guten alten Kupferkabel
Tatsächlich liege zwar in vielen Wohngebieten bereits Glasfaser an – „allerdings nur bis zum Bordstein“, wie Diego Strangalies von der TKI mbH in Chemnitz bestätigt. Die TKI stand der 1893 bis zum Vertragsschluss mit der Telta Citynetz GmbH beratend zur Seite. In den Gebäuden liegen nach wie vor die guten alten Kupferkabel. Sie sind längst nicht so leistungsfähig wie Glasfaser. Deshalb kommt in den Wohnungen viel weniger an als möglich wäre. „Dass Glasfaser auch im Gebäude verbaut ist, ist in der Wohnungswirtschaft noch sehr selten. Da geht die 1893 einen wichtigen Schritt und wertet ihre Häuser enorm auf“, so Diego Strangalies.
In allen Gebäuden sind bereits Gateways als Datensammler installiert
Aber es geht den Verantwortlichen der Genossenschaft nicht nur um mehr Leistung für die Mitglieder. „Wir wollen Herr über unsere Gebäudedaten sein“, sagt der Leiter des Technikteams, André Drescher, gegenüber der IVV. Die Glasfaservernetzung aller Gebäude bilde die physische Grundlage für die Digitalisierung der Haustechnik und des Abrechnungswesens. Heizungs- und Fernwärmeanlagen, Trinkwasserinstallationen und Aufzüge würden mit Sensoren ausgestattet. „In allen Gebäuden sind bereits Gateways installiert“, berichtet André Drescher. „Die Geräte sammeln drahtlos alle digitalen Messdaten der Sensoren ein und senden diese dann zur Abrechnung an Messdienstleister und Versorger.“ Stromverbräuche werden mit digitalen Zählern erfasst. „Wir messen den Gasverbrauch unserer Heizungsanlagen und die Wärmemengen aus den Fernwärmeleitungen. Wir monitoren die Bestandsheizungsanlagen, können diese allerdings noch nicht steuern. Das wird bei neuen Heizungen der Fall sein. Sämtliche Daten, die unsere Sensoren erfassen, fließen auf eine zentrale Plattform, die von Vodafone bereitgestellt und gehostet wird“, berichtet Drescher. In Anlehnung an den Standard in der Industrie sagt der Technikleiter: „Wir streben Gebäudekonnektivität 4.0 an.“ Unmittelbarer Effekt der Digitalisierung: Die Hausmeister sind von der Aufgabe befreit, unzählige Haupt- und Unterzähler für Strom, Wasser und Wärme abzulesen.
„Wir arbeiten derzeit an Schnittstellen, die die TGA-Plattform mit unserem ERP- und dem CRM-System verbinden“, berichtet Drescher. Angebunden werde auch eine inzwischen ausgerollte Mieter-App, damit die ihre Verbräuche kennen und in Echtzeit über die Vorgänge in der Gebäudetechnik, über etwaige Störungen und deren Behebung informiert werden.
Clusternetze würden auch die großen Netzbetreiber wie Vodafone oder Telekom aufbauen. Allerdings liege die Verteilung dort außerhalb der Gebäude in Verteilkästen am Straßenrand. Angeschlossen seien dann alle Gebäude eines bestimmten Umkreises. Die 1893 wäre also eine von vielen Abnehmerinnen. „Angesichts der vielen digitalen Lösungen, die noch vor uns liegen, war das keine Option für uns“, sagt Claudia Riethbaum. „Wir wollen selbst entscheiden, welche Daten und Dienste über unsere Cluster-Netze laufen und uns unabhängig von anderen Akteuren machen.“
Digitalisierung auch auf Baustellen
Die 1893 eG war Mitte März 2023 auf der Construction Summit in der Hamburger HafenCity präsent. Die Genossenschaft lotete dort weitere Digitalisierungs-Schritte für ihre Baustellen aus. Der Construction Summit bringt einmal jährlich die Baubranche mit Start-ups und ihren digitalen Lösungen zusammen.1893-Vorstand Volker Klich sagte: „Um unsere Ziele zu erreichen, brauchen wir digitale Tools. Denn wir werden in den nächsten Jahren viel planen und bauen. Uns geht es um kollaboratives Planen und eine höhere Produktivität auf der Baustelle. Das geht nur mit digitalen Lösungen, weil so Ressourcen sichtbar werden, die wir analog nicht erkennen würden. Die Tools stehen für eine neue Management-Methode.
Wir wollen selbst entscheiden, welche Daten und Dienste über unsere Cluster-Netze laufen.
„
Claudia Riethbaum,
Sprecherin der 1893 eG
Thomas Engelbrecht


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