Investitionen und Betrieb andere machen lassen
Stehen Neubauten zur gewerblichen Vermietung an, ist es inzwischen die Regel, dass die Energieversorgung, zumindest Wärme und zu Teilen der Strom, über Contractoren läuft. Diese garantieren eine feste Liefermenge an Wärme. Neben Strom und Kälte zählen auch Licht, Druckluft und Wasserdampf zu den nachgefragten Energien, die insbesondere durch die Industrie bezogen werden. Die Technologie dafür wird meist von den Contractoren selbst gestellt und gewartet. Bei der Auswahl kann der Immobilienbetreiber jedoch mitunter mitbestimmen, wenn er etwa Klimaneutralität erlangen will. Die Lieferpreise können dann aber auch höher ausfallen.
Geschäft mit der Wärme wandelt sich
Standard bisher sind in der Wohnungswirtschaft Gas-Brennwertkessel oder Gas-Blockheizkraftwerke (BHKW), allenfalls unterstützt von einigen erneuerbaren Komponenten wie Solarthermie oder Photovoltaik.
Doch das Geschäft wandelt sich. Zum einen liegt das an der Besteuerung von fossilen Brennstoffen durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), das seit Beginn des Jahres 2021 gilt und vor allem für Mieter Heizen und Warmwasser bis 2026 schrittweise verteuert (siehe auch das Interview „Contractoren haben bei Klimazielen eine ganz andere Hebelwirkung“).
Gestartet wurde mit einem Aufschlag von 25 Euro je Tonne CO2. Das bedeutet etwa für Erdgas eine Verteuerung um 0,6 Cent je kWh (derzeitiger Durchschnittspreis 6,44 Cent je kWh), für Heizöl um 0,7 Cent je kWh (derzeit 6,51 Cent je kWh). Bei Fernwärme könnte die Preisanhebung je nach Anteil von Kohle und Erdgas zwischen 0,5 und 0,7 Cent je kWh liegen (8,24 Cent je kWh; Angaben zu den Preisen: Brennstoffspiegel, 07/2021, Seite 56, bezogen auf 3.000 Liter Heizöläquivalent, bundesdurchschnittlich gerechnet, inklusive Grundpreise).
Zum anderen sind es die Erfordernisse des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), das nun bei Neubauten und umfassenden Sanierungen einen Anteil von 15 Prozent erneuerbaren Energien verlangt. Auch Contractoren setzen deshalb vermehrt auf Wärmepumpe, Niedertemperatur-Wärmenetze, Abwärme und Co.
„Man muss aber auch hier differenzieren. Im Neubau lassen sich die Klimaziele mittels Contracting gut erfüllen. Im Bestand bleibt die Entwicklung aber generell hinter der Klimapolitik zurück“, so Tobias Dworschak, Geschäftsführer des Contractoren-Branchenverbandes vedec. Der Weg sei nun klar vorgezeichnet. Klimaneutralität soll auch im Wohnbereich bis 2042 erreicht werden. Jeder in der Contractingbranche tue gut daran, das ernst zu nehmen, so Dworschak.
Generell sei die CO2-Einsparung ein guter Weg. „Die Anforderungen dafür kommen aus der Wohnungswirtschaft, die klimaneutralere Wohnungen vermieten möchte. Deswegen sind viele unserer Mitglieder jetzt in einer Orientierungsphase, auch wenn niemand die optimale, finale Lösung kennt.“ Dennoch müsse man sich von der Ideologie – alter Kessel raus, neuer Kessel rein – verabschieden. Im vertraglichen Vordergrund müsse nunmehr der Klimaschutz stehen.
Erneuerbare als Dienstleistung
Experimentiert wird mit fossilfreien Technologien fürs Contracting schon länger. Schon im Jahr 2000 hat Köthen Energie für ein Servicecenter eine Wärmepumpe installiert und betrieben. Ergänzt wurde sie mit einer Jahresarbeitszahl von 4,8 durch eine 1 kWp leistende Photovoltaikanlage sowie eine Solarthermieanlage.
Im Wärmebereich könnte an erneuerbaren Energien Biogas bei Gas-Brennwert und Gas-BHKW eingesetzt werden. Bei Fernwärme wird schon Abwärme aus Müllverbrennungsprozessen genutzt. Diese ist zu 50 Prozent als erneuerbare Energie anrechenbar.
Mischkalkulation beim Strom
PV-Anlagen, etwa für Mieterstrom, können ebenso nach diesem Modell betrieben werden. „In der Regel beträgt die Laufzeit hier 20 Jahre mit Option auf Verlängerung oder Kauf der Anlage“, so Judith Freude vom Berliner Unternehmen Solarimo, das auch die Vermarktung des Stromes an die Mieter übernimmt. Die Vergütung besteht in einer Mischkalkulation aus Eigenverbrauch und Einspeisung ins Netz sowie dessen Vergütung mittels EEG. Dieses Modell kann für die Wohnungswirtschaft mehrere Vorteile haben: Der verwaltungstechnische Aufwand liegt beim Contractor, die Investition ebenfalls, sodass eventuelle nötiger Freiraum für anderweitige Investitionen erhalten bleibt.
Neben der technologischen gibt es noch eine rechtliche Änderung. Bisher war es kommunalen Wohnungsunternehmen nur schwer und genossenschaftlichen gleich gar nicht möglich, selbst als Energiehändler aufzutreten, da sie sonst ihre Körperschafts-Steuerprivilegien teilweise oder ganz verloren hätten. Die Lösung lag in der Gründung von Tochterunternehmen, die sich der Energieversorgung widmeten. Private Großunternehmen wie Vonovia machten das schon längst. Doch auch die kommunalen Unternehmen zogen nach. Inzwischen verfügen etwa alle Berliner kommunalen Wohnungsgesellschaften über eigene Energietöchter, die teils mit Hilfe von Contractingfirmen entstanden und die auch beteiligt sind.
Nun wurde genau diese rechtliche Regelung entschärft. Der Verlust der Steuerprivilegien droht nicht mehr, dem eigenen Energiehandel steht also nichts mehr im Wege. Dennoch ist es nicht in jedem Falle ratsam, hier das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen.
Contractoren haben das Know-how
Denn neben dem finanziellen gibt es auch immer den technischen Aspekt. Komplexe Anlagen zur Versorgung eines Quartiers lassen sich nun mal nicht mit einem schnell zusammengestellten Team steuern. „Hier braucht man einen Profi, der sich auskennt, und auch die Kostengesichtspunkte beachtet“, so Dworschak. Zudem habe der Contractor ein wirtschaftliches Eigeninteresse an hoher Energieeffizienz, weil dies seinen Erlös steigern kann.
Eine probate Möglichkeit, dass die Wohnungswirtschaft dennoch vom Energiehandel profitiert, der ja letztlich Geschäftsmodell des Contracting ist, sind eigene Tochterunternehmen. Viele Wohnungsunternehmen, so Dworschak seien deswegen auch Mitglied in seinem Verband. Diese Töchter bestehen meist aus zwei Partnern, zum einen dem wohnungswirtschaftlichen Unternehmen, zum anderen einem Energiedienstleister. Beispiel dafür ist die GEWOBAG in Berlin, die mit der Gasag Contractingmodelle auch bei Dritten umsetzt.
Dennoch ist die Contracting-Welt keine zufriedene. Die Branche selbst beklagt eine Ungleichbehandlung bei Projekten zur Eigenversorgung, etwa durch die Wärmelieferverordnung. „Dabei brauchen wir alle Lösungen, um die Klimaziele zu erreichen“, so Dworschak. Die Energiedienstleister müssten dafür Antworten finden. Vielfach fehlte die Phantasie. Aber: „Wenn man nicht die Flinte ins Korn schmeißt, findet man immer eine Lösung.“
Contracting mal ganz anders und in Bürgerhand
„Contractoren haben bei Klimazielen eine ganz andere Hebelwirkung“
Frank Urbansky
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