Kabel-Gebühren ab 2024 nicht mehr auf Mieter umlegbar
Das Wirtschaftsministerium will den Wettbewerb unter den Kabelnetzbetreibern erhöhen, Investitionen in Hochleistungsnetze anregen und den Verbraucherschutz verbessern. Zu dem letzten Punkt sieht das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKModG) die ersatzlose Streichung der Kabelgebühren aus der Betriebskostenverordnung vor. Die Gebühren sollen nicht länger umlagefähig sein. Seit Jahrzehnten sorgen Sammelverträge von Wohnungsunternehmen mit Kabelnetzbetreibern für rabattierte Kabelgebühren für Mieter und feste Kalkulationsgrundlagen für die Dienstleister. >> UPDATE, Juli 2021 : Nebenkostenprivileg fällt weg
GdW sieht hohe Belastung für einkommensschwache Mieterhaushalte
Durch das neue Gesetz würden auf über 12Millionen Mieterhaushalte Mehrkosten von bis zu 200 Euro jährlich zukommen, fürchtet Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, GdW. Ab 1. Juli 2024 müssten Mieter ihren TV-Dienst nach der neuen Regelung in Einzelabrechnung abonnieren. Ein Sammelabo über ihr Wohnungsunternehmen, das bislang sehr günstige TV-Kosten sicherte, sei dann nicht mehr möglich. Belastet würden ausgerechnet geringverdienende Haushalte: Für sie würden ab Mitte 2024 die TV-Kosten dann auch nicht mehr als Kosten der Unterkunft von der Kommune übernommen. Vermieter müssen die Verträge für Millionen von Haushalten neu verhandeln, da sie ab Mitte 2024 aufgrund der Streichung der Umlage die bisher vereinbarten Zahlungen nicht mehr an Netzbetreiber leisten können.
Wie weit ist der Ausbau der Kabelnetze?
Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) und das Beratungsunternehmen Dialog Consult haben im Oktober letzten Jahres die 22. Telekommunikations-Marktstudie vorgelegt. Danach haben die Unternehmen der Telekommunikationsbranche 2020 mit 9,7 Milliarden Euro so viel wie seit 2001 nicht mehr investieren. Mit 28,8 Millionen verfügbaren Gigabit-Anschlüssen (+56 Prozent) standen Ende des Jahres rund 62 Prozent der deutschen Haushalte gigabitfähige Netze zur Verfügung. Beim Neubau von Glasfaseranschlüssen bis ins Haus oder die Wohnung (FFTB/H) sei mit rund einer Million ein neuer Höchststand innerhalb eines Jahres erreicht worden.
Bei denverfügbaren gigabitfähigen Anschlüssen sei es 2020 deutlich vorangegangen. Die Zahl der gigabitfähigen Anschlüsse in Kabel-HFC-Netzen (DOCSIS 3.1) sei von Ende 2019 bis Ende 2020 um 65 Prozent von 14,35 auf 23,7 Millionen gestiegen. Die Zahl der „echten“ Glasfaseranschlüsse sei um fast ein Viertel auf 5,1Millionen gewachsen. Mehr als ein Drittel der FTTB/H-Anschlüsse werde von Kunden genutzt. Die Zahl der gebuchten FTTB/H-Anschlüsse sei seit Ende 2019 um 31 Prozent gestiegen.
Die Statistik des Verbandes ANGA weist in die gleiche Richtung. Die Netzbetreiber der ANGA verschafften heute mehr als 25 Millionen Haushalten Zugang zu Gigabit-Anschlüssen über FTTB/H oder HFC (hybride Glasfaser-Koax-Netze). In den nächsten Jahren würden Gigabit-Anschlüsse über die Netze der ANGA-Unternehmen für drei Viertel der Haushalte verfügbar sein.
Gefährdet eine Deregulierung Investitionen in das Gigabit-Netz?
Mit dem Wegfall der Umlagefähigkeit bricht nach Einschätzung des GdW die finanzielle Grundlage für den dringend notwendigen Ausbau des Glasfasernetzes weg. Denn den Wohnungsunternehmen würden so die finanziellen Mittel für den Ausbau der digitalen Infrastruktur komplett entzogen.
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) nennt die Novelle „eine Digitalisierungsbremse“. „Dank der Umlage konnten unsere Unternehmen den Breitbandausbau vorantreiben – auch abseits der Metropolen“, kommentiert Andreas Mattner, Präsident des ZIA.
Die Wohnungswirtschaft ist sich in der Ablehnung einig mit dem Interessenverband der Breitbandbetreiber ANGA. Dessen Präsident Thomas Braun kritisierte den Gesetzentwurf: „Die Bundesregierung fordert seit Jahren enorme Investitionen in den eigenwirtschaftlichen Gigabit-Ausbau. Gleichzeitig entzieht sie den Netzbetreibern aber die Grundlage für den weiteren Ausbau in den Häusern – und das in einer Situation, in der leistungsfähige Breitbandnetze wichtiger sind als je zuvor.“ Der Verband sieht insbesondere die Glasfaserprojekte seiner lokalen und kommunalen Netzbetreiber gefährdet. „Mehr als 80 Prozent der existierenden Glasfaser-Ausbauprojekte unserer regionalen Anbieter basieren auf der Umlagefähigkeit,“ so Braun. „Falls dieses Gesetz so verabschiedet wird, wird genau denjenigen Anbietern die Kalkulationsgrundlage entzogen, die den FTTH-Ausbau schon früh entschlossen vorangetrieben haben.“
Redaktion (allg.)

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