Viele Endkunden sind mit der alten DSL-Geschwindigkeit zufrieden
Entsprechende Zahlen nennt der Jahresbericht Telekommunikation 2023 der Bundesnetzagentur. Die Behörde unterscheidet in ihrer Statistik zwischen der Zahl der Glasfaseranschlüsse, die neu im Gebäude verlegt wurden oder vor dem Grundstück (maximal 20 Meter entfernt) liegen und solchen Lichtwellenleiter-Anschlüssen, die von Endverbrauchern tatsächlich für Fernsehen, Internet oder Telefon genutzt werden. In der Summe waren nach dieser Zählweise der Bundesnetzagentur Ende 2023 rund 17,9 Millionen Endkunden mit Glasfaseranschlüssen in der Wohnung oder im Gebäude versorgt bzw. „unmittelbar erreichbar“. Damit habe sich der Versorgungsgrad gegenüber dem Vorjahr um 37 Prozent erhöht. Tatsächlich genutzt wurde der Glasfaseranschluss von 4,3 Millionen privaten, gewerblichen und öffentlichen Endkunden. Dieser Wert übertraf den Vorjahreswert immerhin um rund 900.000 aktiv genutzte Glasfaseranschlüsse. Rund 3,2 Millionen aktive Anschlüsse sind Anschlüsse bis in die Wohnung (FttH: 74 %) und rund 1,1 Millionen Gebäudeanschlüsse (FttB: 26 %). Der Anteil der FttH-Anschlüsse übersteige den der FttB-Anschlüsse seit 2019.
Leistungsfähige DSL-Anschlüsse dämpfen Interesse am Umstieg auf Glasfaser
Die Bundesnetzagentur spricht zwar von einer „positiven Nachfrageentwicklung“ bei Glasfaseranschlüssen, dennoch sei ihr Anteil an den gesamten aktiven Breitbandanschlüssen in Festnetzen noch gering. Ihr Anteil sei von 9,1 Prozent im Jahr 2022 auf 11,2 Prozent zum Jahresende 2023 gestiegen. Als Grund für die geringe Verbreitung solcher Anschlüsse nennt die Behörde den hohen Versorgungsgrad mit bestehenden leistungsfähigen Infrastrukturen wie VDSL-Vectoring und HFC-Netze. Die Anzahl der vertraglich gebuchten Breitbandanschlüsse stieg bis zum Ende des Jahres 2023 auf insgesamt rund 38,4 Millionen Anschlüsse. Mit einem Anteil von rund 64 Prozent (24,5 Mio.) basierte der Großteil der Breitbandanschlüsse weiterhin auf unterschiedlichen DSL-Technologien.
Aufgrund der steigenden Nachfrage nach höheren Datenraten erwartet die Bundesnetzagentur für die kommenden Jahre, dass sich der Anteil der FttH- und FttB-Anschlüsse erhöhen wird. Die sogenannte „Take-up-Rate“, also der Anteil von aktiven Anschlüssen im Vergleich zu den im oder am Gebäude anliegenden Glasfaserkabeln, betrug Ende 2023 etwa 24 Prozent.
Wohnungswirtschaft hat Einfluss auf das Netzausbau-Tempo
Das Ausbautempo für das Glasfasernetz kann auch durch die sozial orientierte Wohnungswirtschaft beeinflusst werden, denn sie stellt ein Drittel der Mietwohnungen in Deutschland. Vor diesem Hintergrund hat der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) bereits 2023 mit der Telekom und dem Verband der mittelständischen Netzbetreiber (FRK) Rahmenvereinbarungen zum Ausbau der Glasfaserinfrastruktur bis in die Gebäude getroffen. Darin ist vereinbart, dass die Netzbetreiber den Vollausbau und den Betrieb von Glasfasernetzen bis in die Wohnung kostenlos durchführen. Zudem werden Wohnungsunternehmen früher und mit mehr individuellem Handlungsspielraum in den Glasfaseranschluss ihrer Grundstücke und Wohnungen eingebunden. Verträge und Planungsunterlagen werden vereinfacht, die Kommunikation besser abgestimmt. Auch die Vielfalt der Wohnungsunternehmen soll besser berücksichtigt werden. Das gemeinsame Papier soll den Ausgangspunkt bilden für weitere gemeinsame Aktivitäten und soll die Zusammenarbeit zukünftig vertiefen. Dies beinhalte unter anderem kooperative Modelle für den Bau und die Vermarktung von Glasfaseranschlüssen.
Dem GdW liegen keine statistischen Daten über Zahl und Art der inzwischen abgeschlossenen Verträge zwischen Wohnungsunternehmen und Netzbetreibern vor. Auf IVV-Anfrage schreibt der zuständige Verbandsreferent Claus Wedemeier: „Die mit der Telekom und dem Kabelverband FRK abgeschlossenen Vereinbarungen über den Netzausbau durch die Betreiber treffen auf gute Resonanz. Weitere Musterregelungen unter anderem mit Vodafone und Tele Columbus werden bald folgen.“ Dem Verband geht es bei diesen Kooperationsrahmenvereinbarungen auch darum, den Mitgliedsunternehmen unternehmerische Gestaltungsfreiheit zu sichern. Claus Wedemeier schreibt dazu in seiner Antwort an die IVV-Redaktion: „Darüber hinaus finden mit unterschiedlichen Betreibern auch Gespräche zum Sachverhalt statt, wenn Wohnungsunternehmen selbst ausbauen und Netzbetreiber diese Glasfasernetze nutzen.“
Wie die Eberswalder 1893 eG „Gebäudekonnektivität 4.0“ schafft.
Den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur in den Gebäuden in der eigenen Hand zu behalten und Herr über das eigene Telekommunikationsnetz zu sein – das sind die Motive für die Wohnungsgenossenschaft Eberswalde 1893 eG. Im Mai dieses Jahres gab die 1893 den Startschuss für den Glasfaserausbau. Bis Ende 2025 sollen 3.500 Wohnungen der Genossenschaft mit dem leistungsstarken Lichtwellenleiter verbunden sein. Der Leiter des Technikteams, André Drescher, verdeutlicht die unternehmerische Perspektive der Genossenschaft: „Wir wollen nicht warten, bis die großen Netzbetreiber die Wohngebiete der 1893 ausstatten, sondern den Mitgliedern in Eigenregie das schnellste und zuverlässigste Internet bieten.“ So bleibe die Infrastruktur in den Händen der 1893 – eine Philosophie, die das Unternehmen für alle digitalen Prozesse verfolge. Zusätzlich zum Ausbau bis in die Wohnungen vernetzt die 1893 ihre Gebäude zu sogenannten Campus-Netzen. Ein Technikstandort in einem Wohnhaus (Hub) versorge dann mehrere umliegende 1893-Häuser. Das spare aufwendige Hauszuführungen und erleichtere in Zukunft auch Antworten auf Versorgungsfragen.
165 Kilometer Kabel allein in den Gebäuden
Bis November 2025 sind fünf Kilometer Tiefbau nötig. Die beteiligten Firmen verlegen 35 Kilometer Glasfaserkabel, richten neun Technikstandorte (so genannte Hubs) ein und setzen 140 Hausverteilpunkte. Sie ziehen 165 Kilometer Kabel aus den Kellern durch die Etagen bis in jede Wohnung und setzen 3.300 Glasfasermodens in den Wohnungen ein. Diese wandeln das Licht der Glasfaser, das in der Wohnung ankommt, in elektrische Signale um und führen sie dem Router zu. Aus all diesen Zutaten ergebe sich ein 10-Gbit-fähiges Campusnetz und Glasfaser bis in jede Wohnung.
Die Netzarbeiten lässt die 1893 eG vom Eberswalder Unternehmen Telta Citynetz GmbH ausführen. Der Vertrag sieht vor, dass Telta die Investitionen übernimmt und bis Ende 2025 die komplette Netzinfrastruktur in den Gebäuden herstellt. Die Genossenschaft hat die Option, das Netz nach zehn Jahren zu kaufen.
1893-Sprecherin Claudia Riethbaum begründet die Strategie: „Der Glasfaser-Ausbau bis in die Wohnung ist für uns ein logischer Schritt. Glasfaser ist kaum störanfällig und kann unbegrenzt Daten transportieren. Das ist in Zeiten von Streaming-Diensten, Home Office und Smart Home der Standard, den wir brauchen. Das ist ein großer Mehrwert für unsere Mitglieder, denn aktueller Standard sind immer noch Kupferkabel.“
In den Gebäuden liegen noch die guten alten Kupferkabel
Tatsächlich liege zwar in vielen Wohngebieten bereits Glasfaser an, allerdings nur bis zum Bordstein. In den Gebäuden liegen nach wie vor die guten alten Kupferkabel. Sie sind längst nicht so leistungsfähig wie Glasfaser. Deshalb kommt in den Wohnungen viel weniger an als möglich wäre. Dass Glasfaser auch im Gebäude verbaut ist, ist in der Wohnungswirtschaft noch sehr selten. Da geht die 1893 einen wichtigen Schritt und wertet ihre Häuser enorm auf.
„Wir wollen Herr über unsere Daten sein“
Aber es geht den Verantwortlichen der Genossenschaft nicht nur um mehr Leistung für die Mitglieder. „Wir wollen Herr über unsere Gebäudedaten sein“, sagt der Leiter des Technikteams, André Drescher, gegenüber der IVV. Die Glasfaservernetzung aller Gebäude bilde die physische Grundlage für die Digitalisierung der Haustechnik und des Abrechnungswesens. Heizungs- und Fernwärmeanlagen, Trinkwasserinstallationen und Aufzüge würden mit Sensoren ausgestattet. „In allen Gebäuden sind bereits Gateways installiert“, berichtet André Drescher. „Die Geräte sammeln drahtlos alle digitalen Messdaten der Sensoren ein und senden diese dann zur Abrechnung an Messdienstleister und Versorger.“ Stromverbräuche werden mit digitalen Zählern erfasst. „Wir messen den Gasverbrauch unserer Heizungsanlagen und die Wärmemengen aus den Fernwärmeleitungen. Wir monitoren die Bestandsheizungsanlagen, können diese allerdings noch nicht steuern. Das wird bei neuen Heizungen der Fall sein. Sämtliche Daten, die unsere Sensoren erfassen, fließen auf eine zentrale Plattform, die von Vodafone bereitgestellt und gehostet wird“, berichtet Drescher. In Anlehnung an den Standard in der Industrie sagt der Technikleiter: „Wir streben Gebäudekonnektivität 4.0 an.“ Unmittelbarer Effekt der Digitalisierung: Die Hausmeister sind von der Aufgabe befreit, unzählige Haupt- und Unterzähler für Strom, Wasser und Wärme abzulesen.
Thomas Engelbrecht
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