Mehr Ladestationen für E-Autos in Wohnanlagen schaffen
Je nachdem, ob es sich um Wohngebäude handelt (auch Alten- und Pflegeheime) oder um Nichtwohngebäude (z.B. Fabriken, Büro- und Verwaltungsgebäude), unterscheiden sich die Vorgaben des GEIG zur Leitungs- und Ladeinfrastruktur. Das Gesetz betrachtet alle Pkw-Stellplätze, die zum Gebäude gehören – sowohl außen als auch in der Tiefgarage. Ebenso spielt eine Rolle, ob neu gebaut oder im Bestand renoviert wird.
Vorgaben für Neubauten und Renovierungen
Gehören zu einem neuen Wohngebäude mehr als fünf Pkw-Stellplätze, muss jeder mit der Leitungsinfrastruktur für einen späteren Ladepunkt vorgerüstet werden. Dazu gehören Trassenwege für Installationssysteme sowie alle erforderlichen Räumlichkeiten für Verteiler-, Sicherungs-, Verbrauchserfassungs- und Lastmanagementsysteme der künftigen Ladesysteme. Bei Nichtwohngebäuden liegt die Grenze hingegen bei sechs Stellplätzen. Dann ist die Leitungsinfrastruktur an jedem dritten Stellplatz gefordert. Darüber hinaus muss mindestens ein Ladepunkt eingerichtet werden.
Werden mehr als 25 Prozent der Oberfläche der Gebäudehülle renoviert, ist dies eine „größere Renovierung“ im Sinne des GEIG. Bei größeren Renovierungen, die zudem den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur umfassen, gelten die Anforderungen ab zehn Stellplätzen. Dann muss bei einem Wohngebäude jeder Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur ausgestattet werden, bei einem Nichtwohngebäude jeder fünfte. Hier ist zudem ein betriebsfähiger Ladepunkt zu errichten.
Unabhängig davon muss ab 1. Januar 2025 jedes Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen einen betriebsbereiten Ladepunkt haben. Bislang wird diese Zahl nicht in ein Verhältnis zu den vorhandenen Pkw-Stellplätzen gesetzt: Beispielsweise genügt auch für bestehende Bürogebäude mit 200 Stellplätzen ein einziger Ladepunkt.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Gebäude überwiegend selbst nutzen, sind vom Geltungsbereich des GEIG ausgenommen. Ausnahmen gelten auch für Renovierungsvorhaben, bei denen der Kostenanteil für die Lade- und Leitungsinfrastruktur mehr als sieben Prozent beträgt. Eigentümer mehrerer Nichtwohngebäude dürfen die Anforderungen an eine Ladeinfrastruktur zudem in einer Liegenschaft bündeln. So entfallen aufwendige Einzelplanungen und -installationen. Liegen Wohn- und Nichtwohngebäude dicht beieinander, dürfen vertragliche Vereinbarungen für eine Quartierslösung getroffen werden.
Das GEIG trat im März 2021 ohne Übergangsfrist in Kraft. Wird nun eine Bauanzeige oder ein Bauantrag für ein Bauvorhaben gestellt oder beginnt eine größere Renovierung, sind alle Vorgaben – bis auf oben genannte Ausnahmen – vollumfänglich umzusetzen. Bei Nichterfüllung drohen Bußgelder bis zu 10.000 Euro.
Alle rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der installationsseitigen Nachrüstungen im Bestand von Eigentümergemeinschaften regelt das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG), mit dem Wohnungseigentümer und Mieter seit Ende 2020 – vereinfacht ausgedrückt – einen Anspruch auf die Installation einer Ladesäule auf dem Grundstück des Hauses oder in der Tiefgarage haben.
Elektroinstallation richtig dimensionieren
Darunter fällt zum einen die Leitungsinfrastruktur wie Trassenwege für Elektro- und Datenleitungen. Leerrohre und Kabelpritschen etc. ermöglichen die spätere Installation eines Ladepunkts. Zum anderen muss für die Mess- und Lademanagement-Systeme der nötige Installationsraum eingeplant werden, in dem auch alle Sicherungselemente, Verbrauchsmesser sowie Umspann-, Schalt- und Verteileranlagen Platz finden.
Wie der Installationsraum bemessen wird, geht aus einer elektrotechnisch begründeten Planung hervor, die alle lokalen Versorgungsbedingungen berücksichtigt. Hier greift das GEIG, auch wenn die Versorgung des lokalen Stromanbieters nicht ausreicht. Es zwingt ihn zwar nicht zum versorgenden Anschluss, er darf der Einrichtung einer Leitungsinfrastruktur jedoch nicht widersprechen. Erst wenn die Leitungen und Systeme der Ladeinfrastruktur tatsächlich verlegt bzw. installiert werden, ist seine Zustimmung nötig.
In den kommenden Jahren wird die Zahl der Ladepunkte wahrscheinlich deutlich steigen. Sie könnten jedoch unter Umständen erst dann voll nutzbar sein, wenn der örtliche Energieversorger sein Stromnetz ertüchtigt. Auch mit Blick auf den künftigen Leistungsbedarf ist die Leistungsgrenze eines Niederspannungsanschlusses je nach Ausstattung bzw. Planung des Objekts schnell überschritten: Zum Beispiel, wenn Lademöglichkeiten für mehr als zehn Pkw-Stellplätze geschaffen werden sollen. Mitunter ist dann ein Mittelspannungsanschluss mit einer Trafo- und Schalteinrichtung erforderlich, den in der Regel der Bauherr finanziert.
Auch ein Lastmanagementsystem beugt einer Überlastung bzw. Unterversorgung vor, indem es die verfügbare Leistung auf mehrere Ladepunkte verteilt und so den Spitzenleistungsbedarf der Gesamtanlage begrenzt sowie den Lastkurvenverlauf glättet. Wichtig sind in diesem Zusammenhang jedoch auch die Nutzererwartungen, wenn der Ladevorgang dadurch deutlich verlängert wird.
Bei der Installation gelten darüber hinaus die gesetzlichen Vorgaben wie die Technischen Anschlussregeln (TAR), die Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) als auch die normativen Anforderungen (u.a. DIN und VDE).
Rechtzeitig Unterstützung einholen
Die neuen Anforderungen des GEIG in der Praxis umzusetzen, fordert viele Bauträger und Eigentümergemeinschaften heraus – vor allem, wenn ihr Bauvorhaben bereits kurz vor der Realisation steht. Gerade mit Blick auf die Elektroinstallation sind oft umfangreiche Umplanungen notwendig, wenn der einzureichende Bauantrag noch keine entsprechenden Ausführungen enthält. Doch auch Besitzer von Bestandsimmobilien sowie insbesondere Eigentümergemeinschaften sehen sich mitunter umfangreichen elektrotechnischen Zusatzmaßnahmen gegenüber, wenn größere Renovierungen oder Instandsetzungen im Stellplatzbereich anstehen.
Um alle gesetzlichen und bautechnischen Vorgaben zu erfüllen, können sich Bauherren und Eigentümer Unterstützung von unabhängiger Seite wie TÜV SÜD einholen. Qualitätssichernd begleiten die Sachverständigen beratend das Bauvorhaben von der Entwurfsplanung über die Ausführung bis hin zur technischen Dokumentation nach Abschluss des Projekts.
Elektroantrieb holt deutlich auf
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Dipl.-Ing. Hermann Wagner

Dipl.-Ing. Christian Jüngling

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