Büroimmobilienmarkt

Wie viel Büroflächen brauchen wir in der Zukunft?

Millionen Menschen wurden während des Lockdowns im Frühjahr ins Home Office geschickt. Die Unternehmen haben funktioniert. Wie viel Büroflächen brauchen wir also in Zukunft? Für eindeutige Antworten ist es noch zu früh, meint Prof. Günter Vornholz von der EBZ.
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Leeres Großraumbüro von Start-Up Firma mit vielen Computern am Schreibtisch Bild: ADOBESTOCK/Robert Kneschke
Leeres Großraumbüro von Start-Up Firma mit vielen Computern am Schreibtisch Bild: ADOBESTOCK/Robert Kneschke

Nach Beginn des Lockdowns haben diverse Marktbeobachter und Medien bereits das Ende des klassischen Büros ausgerufen. Immobilienexperten erwarten, dass längerfristig ein deutliches Überangebot an Büroraum entsteht. Die folgenden Aussagen basieren auf der Annahme, dass es zukünftig maximal zu regional begrenzten Schließungen, nicht jedoch zum totalen Lockdown kommt.

Vor und Nachteile des Home Office

Bei der Entscheidung über die Nutzung von Bürofläche als Alternative zum Home Office haben die Unternehmen die Kosten mit den Vorteilen zu vergleichen. Während der Pandemie haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vorteile der Heimarbeit zu schätzen gelernt. Viele Unternehmen konnten die Berührungsängste mit dem Thema Home Office ablegen. Flexible Arbeitsplatzkonzepte machen das Arbeiten von zu Hause einfacher und viele Arbeitgeber stellten fest, dass ihre Mitarbeiter genauso produktiv sind wie Firmenbüro. Die Unternehmen können weiterhin davon profitieren, dass ihre Arbeitnehmer zufriedener sind.

Durch die Arbeit zu Hause lässt sich die Work-Life-Balance verbessern, da auch Zeit und Geld zum Beispiel für Fahrten eingespart werden kann.

Dies dürfte aber nur dann vorteilhaft sein, wenn keine zusätzlichen Kosten in Form weiterer Abstimmungen, vermehrter Kontrollen oder daraus folgend höherer Ausgaben für Fehlerkorrekturen entstehen. Für Unternehmen können Faktoren wie das Fehlen der persönlichen Kommunikation und des schwindenden Gemeinschaftsgefühls zu Belastungen werden. Es lassen sich nur schwer kreative, neue Ideen entwickeln ebenso wie Projektarbeiten effizient durchführen. Hinzu kommen Risiken, die sich aus sicherheitsrechtlichen Bedenken und arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen („kein Arbeiten am Küchentisch“) ergeben. Beschäftigte beklagen ihrerseits die verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben.

Unternehmensvorstände geben sich aktuell gerne fortschrittlich, indem sie aufzeigen, wie viele ihrer Mitarbeiter von zu Hause arbeiten. Die Realität in der Wirtschaft sieht aber anders aus.

Maximal ein Viertel aller Arbeitnehmer hat Home Office gemacht

Unterschiedliche Entwicklungen haben sich seit dem Beginn der Pandemie in Deutschland vollzogen. Nach den Auswertungen der Mannheimer Corona-Studie (MCS; Universität Mannheim) war der Einstieg in die Lockdown-Phase im März radikal. Plötzlich blieben viele Bürobeschäftigten zu Hause, die Rückkehr ins Büro hingegen verläuft schrittweise.

Vor der Pandemie ging die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) davon aus, dass in Deutschland weniger als fünf Prozent der Arbeitnehmer permanent von zu Hause arbeiten. MCS schätzt für Januar 2020 (vor der Corona-Krise), dass knapp 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland gelegentlich oder häufig von zu Hause arbeiteten. Zu Beginn der Pandemie waren viele Arbeitnehmer komplett oder überwiegend zu Hause (gut 25 Prozent). Ab Mitte Mai erfolgte eine Differenzierung in der Statistik, danach arbeiteten elf Prozent der Beschäftigten ganz im Home Office sowie rund 20 Prozent teils im Home Office und teils zu Hause. Bis Mitte Juli schrumpfte der Anteil derjenigen, die ausschließlich im Home Office waren, auf knapp sieben Prozent. Weiterhin arbeiteten 22 Prozent teils zu Hause und teils vor Ort. Weitere Erkenntnisse von MCS sind, dass 13,5 Prozent nicht von zu Hause arbeiten wollen und 31,7 Prozent sagen, dass Home Office in ihrem Beruf grundsätzlich nicht möglich ist. Vor allem Beschäftigte mit einem höheren Schulabschluss nutzen die Möglichkeit der Heimarbeit.

Nach dem Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) arbeitet die Mehrheit der berufstätigen Internetnutzer allerdings auch während der Coronakrise nicht im Home Office. Schon vor der Krise waren 35 Prozent der erwachsenen berufstätigen Internetnutzer ab und zu im Home Office. 23 Prozent der Befragten waren mehrmals pro Woche im Home Office. Ende März erhöhte sich dieser Anteil auf 39 Prozent und Mitte Juni befanden sich nur noch 32 Prozent der Befragten mehrmals pro Woche im Home Office.

Insgesamt dürfte der Anteil der Arbeitnehmer im Home Office steigen. Ein wesentlicher Einfluss dabei ist der Wunsch der Beschäftigten und dieser besteht vielfach nur nach einigen, wenigen Tagen Home Office.

Auswirkungen von Home Office auf die Büronutzung

Da Home Office die Bürotätigkeit nicht vollständig ersetzen wird, müssen die Unternehmen ihre Bürokonzepte anpassen und flexibilisieren. Je nachdem wie hoch der Anteil von Heimarbeit an der gesamten Arbeitszeit und wie groß ihre Flexibilität ist, kann dann auch weniger Fläche angemietet werden. Es lassen sich zwei unterschiedliche Entwicklungen in der kürzeren und längeren Frist ausmachen.

Kurzfristig, das heißt während der anhaltenden Pandemie, ist nur mit bedingten Auswirkungen von Home Office auf die Nachfrage nach Büroflächen zu rechnen. Während sich viele Beschäftigte im Home Office befinden, bestimmen Abstands- und Hygieneregeln das Arbeiten in den Büros. Somit steigt der Flächenbedarf je anwesendem Mitarbeiter, wenn flexible Flächenkontingente vorgehalten werden müssen und zudem strengere Hygienevorschriften gelten. Kehren die Arbeitnehmer ins Büro zurück, sind Maßnahmen zum Infektionsschutz zu treffen. Nur unter Berücksichtigung einer vorsichtigen Wiederaufnahme sozialer Kontakte mit der Nutzung von separaten Arbeitsbereichen und neuer Hygienestandards lässt sich dieses realisieren. Sowohl das Gebäude (z. B. Umstellung der Flure) als auch der Arbeitsplatz selbst verändern sich erheblich.

Mietentscheidungen werden von Unternehmen unter diesen Bedingungen vielfach erstmal aufgeschoben. Bestandsmietverträge werden eher wegen der konjunkturellen Folgen in Gefahr geraten als wegen der Verlagerung von Bürotätigkeit ins Home Office. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie stellen das viel größere Risiko für die Büronachfrage dar: insolvente Unternehmen brauchen keine Büroflächen.

Langfristig, das heißt nach der Pandemie, wird der Anteil der Beschäftigten, die ihre gesamte Arbeitszeit im Home Office verbringen, nur wenig über dem Ausgangsniveau vor der Pandemie liegen. Dies zeigen die von beiden Studien ermittelten Entwicklungen. Der Anteil der Beschäftigten, die teils vor Ort und teils zu Hause arbeiten, wird hingegen größer werden.

Mit der steigenden Flexibilität steigen die Anforderungen an das Property-Management. Ein Beispiel ist ein digitales Buchungssystem, um die Auslastung der Arbeitsplatz- und Raumangebote effizient zu steuern. Nur bei einem effizienten Arbeitsplatzmanagement können die Büroflächen reduziert werden. Für die gesamte Büroflächennachfrage werden jedoch auch in der längerfristigen Perspektive andere Faktoren eine sehr viel größere Rolle spielen, allen voran die weitere wirtschaftliche Entwicklung. In den letzten Jahren war die Wirtschaftsentwicklung dafür verantwortlich, dass die Lücke zwischen Flächenbestand und genutzter Fläche abgebaut wurde, obwohl auch damals Home Office kontinuierlich wuchs.

Fazit

Noch ist es vielfach zu früh, um die Auswirkungen der Pandemie auf die zukünftige Büroarbeitswelt sicher vorherzusagen. Flexible Home Office-Konzepte haben sich selbst unter vormals skeptischen Arbeitgebern wie Arbeitnehmern in der Krise etabliert. Gleichzeitig sind auch die Vorteile des klassischen Büros stärker zutage getreten. Die Nutzung von Home Office wird zwar gegenüber dem Vorkrisenniveau ansteigen, aber um Bürofläche einsparen zu können, ist ein effizientes Flächenmanagement notwendig. Zusammenfassend würde das bedeuten, dass der Büroflächenbedarf durch Home Office bei weitem nicht so stark sinken wird. Falls ein Nachfrageeinbruch eintreten wird, so ist dies eher auf die ökonomischen Folgen der Pandemie zurückzuführen.

Prof. Günter Vornholz

Prof. Günter Vornholz
ImmobilienResearch, 
Vornholz GmbH
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Artikel Wie viel Büroflächen brauchen wir in der Zukunft?
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