Die Regelung in der Teilungsvereinbarung ist entscheidend.
Teilnahme an den Eigentümerversammlungen
Viele Wohnungseigentümer verzichten aus den verschiedensten Gründen auf die Teilnahme an den Eigentümerversammlungen und lassen sich vertreten. Im Ausgangspunkt gibt es keine einschränkenden Regelungen, durch wen sich Eigentümer auf der Versammlung vertreten lassen können, solange sich die Vertreter durch eine ordnungsgemäße Vollmacht legitimieren können.
In aller Regel enthalten die Teilungserklärungen allerdings Beschränkungen hinsichtlich der Personen, die als Vertreter an der Eigentümerversammlung teilnehmen können. Häufig ist die Vertretung auf andere Wohnungseigentümer, Familienmitglieder oder den Wohnungsverwalter beschränkt. Das gilt auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes.
Die Entscheidung
Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Frankfurt/Main. Auf einer regelmäßigen Wohnungseigentümerversammlung im Juli 2021 fasste die Eigentümergemeinschaft verschiedene Beschlüsse zu den üblichen Tagesordnungspunkten. Die Klägerin hatte mit der Verwaltung ihres Sondereigentums einen Dienstleister in der Rechtsform einer GmbH beauftragt. Deren Geschäftsführer wollte als Vertreter der Klägerin an der Versammlung teilnehmen und legte dort auch eine an sich ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Klägerin vor. Die Wohnungsverwaltung lehnte allerdings eine Teilnahme dieses Geschäftsführers ab, gewährte ihm keinen Zugang zur Eigentümerversammlung und berief sich dazu auf die Teilungserklärung. Dort heißt es:
„Ein Wohnungseigentümer kann sich in einer Wohnungseigentümerversammlung nur durch seinen Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft oder einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten aufgrund schriftlicher Vollmacht vertreten lassen.“
Die Klägerin hielt die Beschlüsse für unwirksam und focht sie vor dem Amtsgericht mit der Anfechtungsklage nach § 44 Abs. 1 WEG an. Sie hält die Regelung in der Teilungserklärung für unwirksam und findet, die Regelung verstoße gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Nachdem das Amtsgericht die Klage abgewiesen hatte, wandte sich die Klägerin mit der Berufung an das Landgericht Frankfurt/Main, das in dem oben angeführten Beschluss allerdings ankündigte, die Berufung bereits durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen. Nach § 522 Abs. 2 ZPO kann ein Berufungsgericht die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und auch keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Der Geschäftsführer der von der Klägerin beauftragten Dienstleistungs-GmbH erfüllt keine der Voraussetzungen der Teilungserklärung, um auf der Eigentümerversammlung als Vertreter aufzutreten. Er ist weder mit der Klägerin verheiratet noch ansonsten Mitglied der Eigentümergemeinschaft. Mit „Verwalter“ ist in der Teilungserklärung ganz offensichtlich der nach § 26 WEG bestellte Wohnungsverwalter gemeint. Der Geschäftsführer unterliegt auch keiner beruflichen Schweigepflicht wie etwa Anwälte oder Steuerberater. Soweit die Klägerin argumentiert, sie habe keinen Ehegatten, der sie vertreten könne, und zu den anderen Wohnungseigentümern und dem Verwalter habe sie kein Vertrauen, ändert das am Ergebnis nichts. Denn zum einen hätte die Klägerin zum Beispiel dem bevollmächtigten Wohnungsverwalter zu den einzelnen Abstimmungspunkten konkrete und bindenden Weisungen erteilen können, was das von der Wohnungsverwaltung vorgelegte Vollmachtsformular auch ausdrücklich vorsah. Die Klägerin hätte auch einen Anwalt oder Steuerberater beauftragen können. Das hätte zwar Kosten verursacht, ist aber eine Situation, vor der auch alle anderen Wohnungseigentümer stünden, wenn sie sich denn vertreten lassen wollten. Das ist also kein Sonderproblem der Klägerin, dass man im Einzelfall berücksichtigen müsste.
Konsequenzen
Grundsätzlich ist die Befugnis eines Wohnungseigentümers, sich auf der Eigentümerversammlung vertreten zu lassen, nicht begrenzt. Eine Beschränkung ist allerdings durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer zulässig. Unzulässig ist es nur, die Möglichkeit einer Vertretung vollständig auszuschließen oder allein auf den Wohnungsverwalter zu begrenzen. Hintergrund dieser Vertretungsbeschränkungen ist der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung. Die Beratung und Beschlussfassung einer Eigentümerversammlung ist zwar nicht geheim, aber die Eigentümerversammlung soll vor gemeinschaftsfremdem Einfluss geschützt werden. Es ist deshalb zulässig, den Kreis der Vertretungsberechtigten auf Personen zu beschränken, die entweder mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betraut sind, als Wohnungseigentümer sowieso an der Versammlung teilnehmen dürfen oder dem vertretenen Wohnungseigentümer besonders nahestehen. Davon kann und muss es im Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, § 242 BGB, Ausnahmen geben. Das hat die Rechtsprechung etwa angenommen, wenn die Vertretung nur durch andere Wohnungseigentümer oder Ehegatten zulässig ist, die betroffenen Wohnungseigentümer mit den anderen Wohnungseigentümern im Streit liegen und beide bettlägerig sind. Für einen solchen Ausnahmetatbestand konnte die Klägerin nichts anführen.
Praxistipp
Regelungen in der Teilungsvereinbarung, die die Vertretungsbefugnis auf der Eigentümerversammlung beschränken, sind an sich unproblematisch zulässig. Wohnungseigentümergemeinschaften sollten allerdings darauf achten, dass die Voraussetzungen einer Stellvertretung in der konkreten Situation im Vorfeld der Eigentümerversammlung vom Verwalter leicht zu überprüfen sind. Das kann schon bei familienrechtlichen Verhältnissen gegebenenfalls schwierig werden, etwa bei einem Wechsel des Ehegatten. Zumindest sollte aber in der Teilungserklärung vorgesehen werden, auf welche Art und Weise die Vertretungsbefugnis nachzuweisen ist.
Dr. Jonas Müller

Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 292.75 KB |
◂ Heft-Navigation ▸