Sven Kubal über die Abschaffung fester Arbeitszeiten

Im Gespräch mit IVV gibt Sven Kubal, Geschäftsfüher der Berliner Gesellschaft für Vermögensverwaltung (BGV), Antworten auf die Fragen zu dem Modell, bei dem seine Mitarbeiter kommen und gehen können wie sie wollen.

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Sven Kubal, Geschäftsführer BGV. Foto: BGV
Sven Kubal, Geschäftsführer BGV. Foto: BGV

Die Mitarbeiter der WEG und Immobilienverwaltung – die immerhin seit respektablen neun Jahrzehnten auf dem Markt ist – erfüllen ihre Aufgaben unter größtmöglicher persönlicher Freiheit – kann das funktionieren? Sven Kubal erklärt, warum es funktioniert.

Für die Abschaffung starrer betrieblicher Anwesenheitszeiten ist die BGV vom Dachverband Deutscher Immobilienverwalter mit der Auszeichnung „Immobilienverwalter des Jahres 2014“ gewürdigt worden. Vielleicht trifft es die Sache besser zu sagen, diese Auszeichnung gilt dem unternehmerischen Mut zu einem ungewöhnlichen Konzept in einer doch eher sehr betulichen Branche.

Geschäftsführer setzt auf Vertrauen
Sven Kubal, der seit Ende 2011 die Geschäfte der BGV Unternehmensgruppe führt, erzählt, wie Kollegen auf die Auszeichnung reagiert haben: Das geht doch nicht, wo bleibt denn da die Kontrolle! Der 41-jährige Kubal begegnet dem Zweifel mit der Metapher vom Rennpferd, das man laufen lassen muss. Der diplomierte Immobilienwirt setzt ganz auf das hohe menschliche Gut des Vertrauens. Er hält – um im Bild zu bleiben – die Zügel ganz bewusst locker, weil die Mitarbeiter in einem sehr schwierigen Arbeitsfeld tätig sind. „WEG-Verwalter ist der härteste Beruf, den ich mir vorstellen kann“, sagt Kubal. Die Abschaffung starrer Regeln soll befreiende Wirkung entfalten und die Motivation steigern. Nur so funktioniere dieses Geschäft dauerhaft. „Der Zweck des Unternehmens ist die Pflege von Immobilienvermögen, doch 80 Prozent unserer Tätigkeit ist der Umgang mit Menschen.“ Dafür brauche es Selbstvertrauen und Charakter.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass zu Prozessen, bei denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, der Verantwortliche Verfahrensverzeichnis führen muss. Insbesondere bei einer Prüfung durch die Datenschutzbehörden muss der Verantwortliche...

Bei Einstellungen frage das Unternehmen weniger nach der fachlichen Qualifikation als viel mehr nach Persönlichkeit und Erfahrung. Standfestigkeit ist ganz sicher vonnöten in der Begegnung mit Eigentümergemeinschaften und ganz besonders in den WEG-Versammlungen. „Da wo es harmonisch zugeht“, sagt Sven Kubal, „ist Einfühlungsvermögen gefragt, aber problembehaftete WEGs brauchen eine klare Kante.“
Für Mitarbeiter ist die Leitung von WEG-Versammlungen ein hoher Stressfaktor. Aber natürlich gibt es schon bei der Vor­bereitung der Versammlungen oder wenn die Jahresabrechnungen gemacht werden müssen hohe Belastungen im Büro. Die BGV holt sich einen Persönlichkeitstrainer und einen Physiotherapeuten ins Haus, die gemeinsam mit den Mitarbeitern nach Wegen suchen, die Arbeit effizienter zu gestalten und Stress abzuleiten. Aber zurück zum Kern der Geschichte, zum Arbeitszeitmodell.

Klare Reaktions- statt starrer Arbeitzeiten
Seit mehr als zwei Jahren gibt es bei der BGV und ihren drei Tochtergesellschaften weder eine Wochen- noch eine Tages­arbeits­zeit, ja nicht einmal eine Kernzeit ist festgelegt. An die Stelle des traditionellen Zeit­korsetts sind klare Reaktionszeiten getreten, in denen die Mitarbeiter auf Kunden­anfragen reagieren müssen. Telefonanrufe und E-Mails müssen innerhalb von 24 Stunden – zumindest in Form eines Zwischen­berichts – beantwortet werden; eine Antwort per Brief muss den Kunden innerhalb von fünf Werktagen erreichen. Stichprobenartig überprüft das Unternehmen, ob diese Zeiten eingehalten werden.
Ein Immobilienobjekt wird immer von zwei Mitarbeitern betreut, die sich gegenseitig vertreten können. An welchem Ort und zu welcher Zeit die Mitarbeiter zum Telefon greifen oder in die Tastatur tippen, das überlässt der Arbeitgeber ganz dem Ermessen der Mitarbeiter. Im digitalen Zeitalter verflüssigen sich die Verhältnisse. Der Arbeitsplatz – das kann der Büroschreibtisch, der Stadtpark oder das heimische Wohnzimmer sein. Die BGV hat die Belegschaft mit Smartphones und Tablets ausgestattet. Die mobilen Endgeräte dürfen die Mitarbeiter ohne Einschränkung auch zu privaten Zwecken nutzen. Nach Kubals Schätzung werden 20 bis 30 % der Arbeiten außerhalb der Büros erledigt. Im Grunde – diese Schlussfolgerung bestätigt der Geschäftsführer – agieren die Mitarbeiter wie Freiberufler; sie genießen ähnliche Freiheitsgrade und tragen vergleichbare Verantwortung.
Diese Philosophie „Vertrauen vor Kontrolle“ scheint zu funktionieren und der Erfolg der Firma scheint Sven Kubal Recht zu geben. Die BGV Unternehmensgruppe ist auf Expansionskurs und will wie bisher durch Firmenzukäufe weiter wachsen. „Bei der Akquisition haben wir einen guten Ruf, weil wir die Teams halten. Wir kaufen mit Mann und Maus.“

Expansion ins Ausland ist geplant
In drei Jahren wolle man bundesweit auf­gestellt sein und anschließend auch im europäischen Ausland durch die Übernahme von Verwaltungsunternehmen weiter wachsen. Da das Verwaltungsgeschäft regional geprägt und der Erfolg von menschlichen Qualitäten abhängig sei, stelle die BGV nach einer Akquisition ausschließlich Leute aus der jeweili-
gen Region ein. „Sie können keinen Berliner als Geschäftsführer in Bayern einsetzen, das geht schief“, beschreibt Sven Kubal die Wirkung von Mentalität und Dialekt.
Die Selbstorganisation der Mitarbeiter in der BGV-Gruppe besteht seit mehr als zwei Jahren. Wie fällt die Bilanz des Geschäftsführers aus? „Ich empfinden diesen Weg als sehr befreiend und die Mitarbeiter sagen: Nie wieder anders.“ Der wirtschaftliche Erfolg sei anhand von Zahlen nicht messbar. Der Lohn seien die Motivation und die Loyalität der Mitarbeiter.
Thomas Engelbrecht

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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