IVV-Streitgespräch: Klimaschutz versus Dämmwahnsinn
Der Moderator der Podiumsveranstaltung, IVV-Chefredakteur Thomas Engelbrecht, gab den Tenor der Diskussion vor: Die Wärmedämmung von Gebäuden ist sinnvoll, schon aus Gründen der Behaglichkeit für die Bewohner, allerdings wird immer wieder die Frage aufgeworfen, welche Dämmstärke wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist.
Graue Energie miteinberechnen
Taco Holthuizen, Architekt und Geschäftsführer des Planungsbüros eZeit Ingenieure, kritisiert eine staatliche Förderung von Ressourcenverschwendung durch die Kreditvergabe-Richtlinien der KfW-Bank. Je dicker die Dämmschichten, desto höhere Kredite gewähre die KfW, so seine Kritik in verkürzter Form. Holzhuizen ist auch auf die „Passivhaus-Fraktion“ unter seinen Architektenkollegen und ihre bis zu 36 Zentimeter mächtigen Dämmschichten nicht gut zu sprechen. Die graue Energie, die in diesen Baustoffen stecke und das Kohlendioxid, das bei deren Herstellung entstehe, verhagele die ökologische Bilanz der angeblich energieeffizienten Gebäude.
Quasi als Kronzeuge dieser Kritik trat der Vorstand der Berliner Genossenschaft Märkische Scholle, Jochen Icken auf dem IVV-Podium auf. Die Genossenschaft ertüchtigt seit Jahren 840 Wohnungen in der Gartenstadt Berlin-Lichterfelde. Die teilweise 80 Jahre alten Geschossbauten werden mit Wärmepumpen, Solarkraftwerken, Wärmespeicher und mechanischer Lüftung so aufgerüstet, dass fast der gesamte Wärmebedarf regenerativ erzeugt wird. Das Monitoring durch eZeit Ingenieure belegt, dass die Gebäude schon heute die Klimaschutzziele des Jahre 2050 unterschreiten – und das mit einer Dämmstärke, die deutlich unter dem Maß liegt, dass von der KfW mit Krediten gefördert wird.
Vergaberichtlinien werden von Zeit zu Zeit angepasst
Als Verteidiger der KfW-Richtlinie trat aus dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium Dr. Frank Heidrich auf. Er akzeptierte die pauschale Kritik nicht, dass die KfW einseitig die Wärmedämmung befördere und Innovationen in die Haustechnik nicht honoriere. Allerdings, so konzedierte Heidrich, würden die Vergaberichtlinien von Zeit zu Zeit an technische Veränderung angepasst.
Im Übrigen wünschte er sich mehr Bauherren, die so innovativ vorgehen wie die Märkische Scholle. Das Plus an Energieeffizienz gibt die Genossenschaft an ihre Mieter weiter. Vor der Sanierung lagen die Kosten für Heizung und Warmwasser bei 1,50 Euro pro Quadratmeter, nach der Sanierung liegen sie zwischen 0,40 und 0,60 Euro. Für dieses Ergebnis, so der Planer Taco Holthuizen hätte eine Dämmung von acht Zentimeter gereicht, aufgebaut wurden jedoch 14 Zentimeter – weil das die Marke für den einsetzenden KfW-Kredit gewesen sei.
Der These von Chefredakteur Thomas Engelbrecht pflichtete Taco Holthuizen indessen auch bei: Architekten und Haustechnikplaner könnten häufig viel intensiver zusammenarbeiten, um Architektur und Haustechnik besser miteinander in Einklang zu bringen.
Autor: Thomas Engelbrecht
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