Eigen­bedarfs­kündigung: Vermieter muss Alternativwohnung anbieten

Kündigt ein Vermieter wegen Eigenbedarfs, so ist er verpflichtet, dem Mieter eine Alternativwohnung anzubieten. Dabei ist es unerheblich, ob die Alternativwohnung nur befristet angemietet werden kann. Kommt der Vermieter seiner Pflicht eine Alternative anzubieten nicht nach, so ist die Eigen­bedarfs­kündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Köln hervor.

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Bild: M. Eisinger
Bild: M. Eisinger

Aus dem Tatbestand

In dem zugrunde liegenden Fall wurde der Mieterin einer Erdgeschosswohnung im April 2015 wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die Vermieter wollten die Wohnung mit einer anderen Wohnung verbinden, um somit mehr Platz für seine wachsende Familie zu haben. Die Mieterin wehrte sich gegen die Eigenbedarfskündigung. Ihrer Meinung nach haben die Vermieter ihr die Dachgeschosswohnung als Ersatz anbieten müssen. Dies sahen die Vermieter anders, da die Dachgeschosswohnung nur befristet habe vermietet werden können und somit für die Mieterin ungeeignet gewesen sei. Der Fall kam vor Gericht.

Aus den Entscheidungsgründen

Das Amtsgericht Köln entschied gegen die Vermieter. Die Eigenbedarfskündigung sei als rechtsmissbräuchlich zu werten gewesen, da die Vermieter ihre Pflicht zum Anbieten einer Alternativwohnung verletzt haben.

Die Kündigung eines Wohnraummietvertrags greife in die Lebensführung des Mieters besonders stark ein, so das Amtsgericht. Der Vermieter müsse daher ihm mögliche Maßnahmen ergreifen, um den Eingriff abzumildern. Dazu gehöre etwa das Anbieten einer vergleichbaren anderen Wohnung im selben Anwesen oder in derselben Wohnanlage. In diesem Zusammenhang spiele es keine Rolle, ob die Alternativwohnung objektiv für die Wohnbedürfnisse des Mieters geeignet sei. Es sei Sache des Mieters zu entscheiden,  inwieweit er Nachteile in Kauf nehmen wolle. Aus diesem Grund sei daher auch eine Wohnung anzubieten, die nur befristet vermietet werden könne. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass andernfalls ein Missbrauchspotential geschaffen werde.

Gericht: Amtsgericht Köln
Aktenzeichen: 221 C 282/15
Urteil vom: 16.12.2015

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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