Hitze per se ist kein Mietmangel
Die Rechtslage zu Hitze in der Mietwohnung ist diffus und hängt fast immer vom Einzelfall ab. Denn: Hitze ist nicht per se ein Mietmangel. Eine Mietminderung kann jedoch unter Umständen möglich sein. „Jeder Fall wird individuell bewertet“, sagt der Sprecher eines wohnungswirtschaftlichen Verbandes. Eine Mietminderung ist allerdings ausgeschlossen, wenn für Mieter bei Anmietung der Wohnung eine Hitzebelastung von Anfang an zu erahnen ist. Das ist zum Beispiel im Dachgeschoss mit großen Fensterflächen der Fall.
Eine Umfrage in der Wohnungswirtschaft hat ergeben, dass Fälle, in denen Mieter auf Mietminderung wegen Hitze dringen, äußerst selten vorkommen. „Uns sind keine diesbezüglichen Fälle bekannt“, sagt Birte Jessen, Pressesprecherin der GESOBAU AG in Berlin. Sie erläutert die Rechtsgrundlage so: „Grundsätzlich gilt, dass ein Mangel nur vorliegen kann, wenn zur Bauzeit die anerkannten Regeln der Technik nicht angewendet wurden. Sommerlicher Wärmeschutz ist erst seit einigen Jahren zu berücksichtigen, daher sollte in der Regel also kein Mangel vorliegen“, sagt Birte Jessen
Laut Paragraf 536 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) steht einem Mieter das Recht auf Mietminderung zu, „wenn ein Mangel an der Mietsache in Haus oder Wohnung besteht und der ‚vertragsgemäße Gebrauch‘ dadurch erheblich eingeschränkt ist“. Voraussetzung für eine Mietminderung ist demnach, dass die Hitze in der Wohnung einen Mangel darstellt. „Sommerhitze in der Wohnung ist an sich grundsätzlich kein Mangel, der eine Mietminderung erlaubt. Hier kommt es in erster Linie immer auf den Einzelfall an,“ sagt Jutta Hartmann, Sprecherin des Mietervereins.
Einige Gerichtsurteile zeigten an Einzelfällen, wie individuell die Lage zu beurteilen ist. Folgende Faktoren sind laut Mieterbund für eine Minderung der Miete wegen Hitze entscheidend:
- Baujahr der Immobilie
- Etage der Wohnung
- Temperaturunterschied von innen zu außen
Urteile zur Mietminderung:
Im Dachgeschoss müssen Mieter mit Hitze rechnen
Das Amtsgericht Leipzig entschied beispielsweise gegen den wegen Hitze klagenden Mieter: In einer Dachgeschosswohnung müssten Mieter damit rechnen, dass es im Sommer heiß werden kann – eine Mietminderung sei aus diesem Grund nicht gerechtfertigt, heißt es in dem Urteil (Az.: 164 C 6049/04).
Neubauten müssen vor Hitze schützen
Ganz anders urteilte das Amtsgericht Hamburg in einem ähnlichen Fall. Das Gericht erkannte in einer aufgeheizten Wohnung einen Mangel und entschied, dass die Miete gar um 20 Prozent gemindert werden kann, wenn eine qualitativ gut ausgestattete Neubauwohnung im Sommer tagsüber über 30 Grad und nachts über 25 Grad heiß wird. Die Wohlbefindlichkeitsschwelle liege nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen im Bereich von 25 bis 26 Grad, lautete die Begründung. Zudem forderte das Amtsgericht den Vermieter auf, einen fachgerechten, den Regeln der Technik entsprechenden sommerlichen Wärmeschutz anzubringen (Az.: 46 C 108/04).
Innen muss es mindestens 6 Grad kühler als außen sein
Ein weiteres Urteil spricht ebenfalls für die Mietminderung wegen Hitze. In einem Rechtsstreit hatte das Landgericht Bielefeld entschieden, dass die Büroräume der Kläger maximal 26 Grad warm sein dürfen, wenn außen 32 Grad Celsius herrschen. Steigen die Temperaturen außen noch höher, müsse die Raumtemperatur mindestens 6 Grad Celsius unter der Außentemperatur betragen (Az.: 3 O 411/01).
Baujahr für eine Mietminderung wegen Hitze maßgeblich
Bei einer entsprechend teuren, gut ausgestatteten Wohnung gibt es eine Erwartungshaltung, dass sie auch im Sommer Schutz vor Hitze bieten muss. Ein Neubau ohne ausreichend Hitzeschutz kann also unter Umständen als ein Mangel an der Mietsache dargestellt werden, der eine Minderung der Miete rechtfertigt.
Wer in einem Altbau wohnt, wird dagegen wohl keinen Erfolg vor Gericht haben“, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund (DMB). Eine Wärmeisolierung müsse zwar gegeben sein, aber der Mieter habe nur einen grundsätzlichen Anspruch auf einen baurechtlichen Wärmeschutz, der dem Baujahr des Gebäudes entspricht.
In Kürze: Umso älter das Haus, desto geringer die Chance auf eine Mietminderung.
Mieterbund warnt davor, vorschnell die Miete zu kürzen
„Wer voreilig die Miete kürzt, kann schnell in Zahlungsrückstand geraten und riskiert eine latente Gefahr, dass ihm die Wohnung gekündigt wird,“ so Jutta Hartmann. Wer wegen Hitze gegen den Vermieter vorgehen will, sollte zunächst Informationen über das Baujahr und die bauliche Beschaffenheit der eigenen Wohnung einholen. Um die Miete zu mindern, sollte die Miete zunächst unter Vorbehalt gezahlt werden, um sie rückwirkend wieder einfordern zu können. Denn Vorsicht: Bei einer ungerechtfertigten Minderung der Miete wegen Hitze kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Mietrückstand fristlos kündigen. Das hat der Bundesgerichtshof 2012 entschieden (Az.: VIII ZR 138/11).
Welche Maßnahmen kann der Vermieter gegen Hitze in der Wohnung ergreifen?
Einen Vermieter zum Sanieren zwingen könne der Mieter im Grunde nicht, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund. „Das geht nur, wenn vor dem Einzug im Mietvertrag entsprechende Modernisierungen angesprochen und schriftlich fixiert worden sind.“ Man kann aber beim Vermieter nachfragen, ob er eine der folgenden Maßnahmen durchführt, um die Hitze aus der Wohnung zu bekommen:
- Sonnenschutz wie Jalousien, Markisen oder Rollläden anbringen
- Klimaanlage installieren
- Bessere Dämmung anbringen
Es kann sein, dass der Vermieter auch ohne bindende Vereinbarung dem Wunsch des Mieters nachkommt. Ob er nur auf Jalousien, Markisen oder Rollläden gegen die Sonneneinstrahlung zurückgreift, eine Klimaanlage installieren lässt oder direkt die Außenwände saniert und mit einem entsprechenden Wärmeschutz versieht, bleibt dann aber seine Entscheidung. Zudem muss im Gegenzug gegebenenfalls mit einer Mieterhöhung gerechnet werden.
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So wird es kühler: Ein paar praktische Tipps
Auch eine Mietminderung bringt leider keine kühleren Temperaturen. Etwas Abhilfe schaffen Sie mit kleinen Tricks, die das Internetportal Immowelt zusammenfasst:
1. Lüften zur richtigen Zeit: Früh morgens und spät abends heißt es: Alle Fenster auf und einmal Querlüften! So bekommen Sie frische Luft in die Wohnung. Anschließend sollten Sie die Fenster besser geschlossen halten, denn klettert das Thermometer erst mal auf 25 Grad und mehr, ist der Kühleffekt dahin.
2. Für Verdunklung sorgen: Neben warmer Luft heizt sich die Wohnung vor allem durch Sonneneinstrahlung auf. Hier können reflexbeschichtete Sonnen-Rollos Entlastung schaffen. Diese reflektieren das Licht und lassen damit weniger Hitze in die Wohnung. Klemmbare Varianten können Sie von innen leicht an die Fenster anbringen. Der Vorteil: Hierfür benötigen Sie keine Genehmigung von Eigentümern. Die Anschaffungskosten müssen die Mieter allerdings selbst tragen.
3. Ventilator-Eiswürfel-Trick: Bewegte Luft fühlt sich immer kühler an als stehende. Deshalb: Ventilator anschalten und für die extra frische Brise eine Schüssel Eiswürfel davorstellen.
4. Wärmespeicher ausfindig machen: Heimtextilien wie dicke Teppiche speichern die Wärme in Ihren Räumen. Schauen Sie sich in der Wohnung nach solchen Hitzespeichern um und räumen sie idealerweise für den Sommer weg. Auch in Schränken hält sich die Wärme. Öffnen Sie beim Stoßlüften deshalb auch mal die Schranktüren, damit die Hitze entweichen kann!
5. Feuchte Tücher aufhängen: Bei trockener Hitze bringt das Befeuchten von Vorhängen oder das Aufhängen von feuchten Handtüchern in der Wohnung etwas Erleichterung. Der Trocknungsprozess entzieht der Luft Wärme. Doch Achtung bei schwülwarmem Wetter: Hier sollten Sie zusätzliche Feuchtigkeit in der Wohnung vermeiden.
Hitzeschutzstrategie der Bundesregierung (29.07.2024)
Das Bundesbauministerium hat eine Strategie für den Hitzeschutz in der Stadtentwicklung und im Bauwesen vorgelegt. Diese legt die Entstehung von Hitzeinseln und deren Vermeidung dar und fasst zusammen, was bereits von Stadtplanern und Bauingenieuren angewendet wird und welche Entwicklung im Stadtraum zukünftig notwendig wird, damit Städte auch im Sommer lebenswerte Orte sind.
Das sind die Kernaussagen:
- Mehr Raum für Grün schaffen, das für Abkühlung sorgt: Grüne, vernetzte Freiräume in Form von Parkanlagen, Bäume, die die Straßen säumen, oder Grünflächen als schattige Klimaoasen sowie Dach- und Fassadengrün.
- Hitzevorsorge und wassersensible Stadtstrukturen gemeinsam gestalten:
- Das Grün nützt uns wenig zur Hitzevorsorge, wenn es vertrocknet. Nur mit ausreichend Wasser kann das Stadtgrün dichte Baumkronen für Schatten bilden und durch Verdunstung kühlen. Um dies insbesondere über längere Trockenperioden zu erreichen, braucht es in den Quartieren lokale Versickerungsmöglichkeiten und Flächen müssen entsiegelt werden.
- Verschattung besonders hitzebelasteter Orte (bspw. Stadtplätze, Spielplätze); auch Lösungen wie Sonnensegel können dazu beitragen, einen schattenfreien Spielplatz im Sommer überhaupt nutzbar zu machen.
- Kühle Orte in der Stadt identifizieren, bspw. Kirchen, Museen, die bei großer Hitze kühle Erholungsorte bieten können (Kältepläne in Berlin oder Potsdam)
- Hitzeschutz für Wohnungslose: Wohnungslose Menschen können sich bei Hitze nicht in kühlere, private Innenräume zurückzuziehen. Hier brauchen wir besondere Hilfen, mehr Trinkbrunnen, Duschmöglichkeiten, kühle Rückzugsorte. Hier arbeiten wir eng mit dem BMG zusammen im Kontext unseres Nationalen Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit.
- Hitzeschutz von Gebäuden: Im Bestand und Neubau brauchen wir vorrangig passive Hitzeschutzlösungen (bspw. außenliegender Sonnenschutz) und naturbasierte Lösungen wie Dach- und Fassadenbegrünung. So können wir gleichzeitig Klimaschutz und Artenvielfalt fördern.
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