Hauskauf

Der Fall: Ein Makler dem Vermieter ein Haus, das im Verhältnis zum Einkommen so teuer ist, daß vorhersehbar sein mußte - die Finanzierung geht nicht auf. Das Urteil: Der Makler muß sein Honorar zurückzahlen.

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Bild: itchaznong/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

(Abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)

Die Klägerin, eine Immobiliengesellschaft und Sparkassentochter,
macht gegen die Beklagte eine Anspruch auf Maklerprovision geltend.
Die Beklagte hatte die Absicht, zusammen mit ihrem damaligen Ehemann
eine neue Existenz zu gründen und hierzu ein Gaststättenanwesen
zu erwerben. sie schloß deshalb zusammen mit ihrem damaligen
Ehemann einen Maklervertrag mit der Klägerin, die ihr ein entsprechendes
Objekt nachwies. Gleichzeitig bevollmächtigten sie die Klägerin,
eine notarielle Kaufvertragsurkunde "vorbereiten zu lassen, die
die besprochenen Kaufvertragsbedingungen enthalten soll".

Die Finanzierung bereitete den Beklagten Schwierigkeiten. Zum einen
war das Grundstück von den Voreigentümern in einer den
späteren Kaufpreis übersteigenden Höhe belastet,
so daß die grundpfandrechtliche Absicherung für eine
Finanzierung durch die Beklagte und ihren Ehemann schwierig war.
Außerdem verfügten weder die Beklagte noch ihr Ehemann
über Eigenkapital. Die Beklagte selbst verfügt auch über
kein Einkommen mehr. Die Klägerin vermittelte den Beklagten
sodann einen freien Finanzierungsberater, der sich um eine Finanzierung
bemühte. Ein für April 1995 geplanter Notartermin scheiterte
jedoch, da die Finanzierung noch nicht geklärt war. Erst mit
einem Schreiben vom 27. 4. 1995 hat die von dem freien Finanzierungsvermittler
angegangene Fa. Allkredit dem Ehemann der Beklagten gegenüber
erklärt, daß sie "vorbehaltlich widerruflich der noch
einzuholenden Auskünfte der SCHUFA und CREDITREFORM sowie der
in der Anlage bezeichneten noch hereinzureichenden Unterlagen" die
Finanzierung des Bauvorhabens "zusage". Außerdem beauftrage
sie noch ihren Gutachter mit der Erstellung eines Gutachtens zum
Standort und zum Objekt. Es kam dann am 11. 5. 1995 zu einem weiteren
Notartermin, an dem jedoch nur noch die Beklagte und nicht mehr
deren Ehemann teilnahm, da beide zwischenzeitlich in Scheidung lebten.
Bei diesem Notartermin, bei dem der für die Klägerin handelnde
Zeuge ... teilnahm, der diesen auch anberaumt hatte, schloß
die Beklagte den notariellen Kaufvertrag, der später rückgängig
gemacht werden mußte, weil die Beklagte zur Finanzierung des
Objektes in keiner Weise in der Lage war.

Die Klägerin verlangt die vereinbarte Maklerprovision mit
der Begründung, die Nichtdurchführung des Geschäftes
lasse den Provisionsanspruch nicht entfallen. Die Beklagte wendet
vor allen Dingen ein, daß ihr ein Schadensersatzansprch zustehe.
da sie von dem für die Klägerin handelnden Zeugen geradezu
zum Abschluß gedrängt wurde, obwohl diesem hätte
klar sein müssen, daß sie zu keiner Zeit in der Lage
sein wird, den Vertrag zu erfüllen.

Das Landgericht hat der Klage der Maklerin stattgegeben.

Die Berufung führte zur Aufhebung und Klageabweisung.

 

Aus den Entscheidungsgründen

I.

Die ordnungsgemäß und fristgerecht eingelegte und begründete
Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511, 511 a, 516, 518
ZPO).

 

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Es kann dahinstehen,
ob der Klägerin wegen des zustande gekommenen, aber wieder
rückgängig gemachten Kaufvertrages ein Provisionsanspruch
zusteht. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte
nämlich gegen die Klägerin einen Schadensersatzanspruch
wegen Verletzung von Nebenpflichten aus dem Maklervertrag. Der Anspruch
ist u.a. gerichtet auf Befreiung von der Verbindlichkeit der Beklagten
aus dem Maklervertrag, so daß die Klägerin von der Beklagten
nichts mehr fordern kann.

1. Zwischen dem Makler und dem Auftraggeber besteht nach der Rechtsprechung
und der Lehre ein besonderes Treueverhältnis, das den Makler
verpflichtet, bei seiner Tätigkeit im Rahmen des Zumutbaren
das Interesse des Auftraggebers zu wahren. Im einzelnen sind Aufklärungs-,
Beratungs- und Unterlassungspflichten anerkannt (Schwerdtner, Maklerrecht,
1987, Rn. 103 m.w.N.). Zu diesen Pflichten gehören auch Aufklärungs-
und Warnpflichten. Diese beziehen sich zum einen auf das Objekt;
sie können sich jedoch auch auf andere Umstände beziehen,
wie etwa die Frage der Finanzierbarkeit für den Auftraggeber.
Dabei gestalten sich die Aufklärungspflichten dann intensiver,
wenn es sich bei dem Geschäft für den Makler erkennbar
um ein wirtschaftlich gefährliches Vorhaben handelt und/oder
wenn es sich bei dem Auftraggeber um eine geschäftlich ungewandte
und unerfahrene Person handelt (Schwerdtner a.a.O., Rn. 114 m.w.N.).

2. Zwar ist es grundsätzlich nicht Aufgabe eines Immobilienmaklers,
Nachforschungen darüber anzustellen, ob sein Auftraggeber in
der Lage ist, einen beabsichtigten Grundstückskauf zu finanzieren.
Drängen sich aber Zweifel an der Finanzierbarkeit des Grundstückskaufes
auf, so muß der Makler seinen Auftraggeber darauf hinweisen
und ihn davor warnen, einen notariellen Kaufvertrag abzuschließen,
solange die Finanzierungsfrage nicht endgültig geklärt
ist (OLG Celle, EWiR 1989, 561 mit Anmerkungen von Teske).

3. Im vorliegenden Fall ist dem Landgericht insoweit zu folgen,
als dieses eine vertragliche Übernahme der Finanzierungsberatung
durch die Klägerin verneint hat. Insoweit würdigt der
Senat die Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen ... des
Mitarbeiters der Klägerin, nicht anders, so daß es auch
einer erneuten Beweisaufnahme insoweit nicht bedarf.

4. Jedoch mußten sich dem Mitarbeiter der Klägerin,
dem Zeugen ... hier so gravierende Zweifel an der Finanzierbarkeit
aufdrängen, daß er verpflichtet war, vom Abschluß
des notariellen Kaufvertrages abzuraten. Dies hat der für die
Klägerin handelnde Zeuge unstreitig nicht getan, so daß
dahinstehen kann, ob er der Beklagten, wie diese dargelegt hat,
auch noch zugeraten hat. Die Gründe für eine Warnpflicht
ergeben sich aus folgenden Umständen:

a) Die finanziellen Verhältnisse der Beklagten zum Zeitpunkt
des notariellen Vertragsschlusses waren dergestalt, daß eine
Finanzierung nahezu ausgeschlossen war. die Beklagte und ihr Ehemann
verfügten über keinerlei Eigenkapital. Nachdem die Beklagte
zwischenzeitlich mit ihrem Ehemann in Scheidung lebe, war dieser
auch an einem Erwerb nicht mehr interessiert, so daß sie den
Kaufvertrag nur noch allein abschließen konnte. Zum Zeitpunkt
des notariellen Vertragsschlusses war sie auch arbeitslos, daß
sie infolge der Trennung von ihrem Ehemann ihre Arbeit als mithelfende
Ehegattin in der Gaststätte des Ehemannes verloren hatte. Inzwischen
ist sie wieder in ihrem früheren Beruf als Verkäuferin
tätig und verfügt über ein monatliches Bruttoeinkommen
von etwa 1.400,00 DM. Der Klägerin und dem für sie handelnden
Zeugen ... mußte, zumal als Tochterunternehmen der Sparkasse,
klar sein, daß die Beklagte den Kaufpreis von 320.000,00 DM
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht finanzieren
konnte. Dies zeigte sich auch darin, daß die Muttergesellschaft
der Klägerin eine Finanzierung später ablehnte.

b) Die Finanzierung bereitete zusätzlich deshalb Schwierigkeiten,
weil das Grundstück von Verkäuferseite bis über die
Höhe des Kaufpreises hinaus belastet war und eine Löschungsbewilligung
seitens der Grundpfandgläubiger erst erfolgen sollte, wenn
eine Finanzierungsbestätigung durch eine Bank der Käufer
vorliege. Dies hat der Mitarbeitet der Klägerin, der Zeuge
... der Notarin in Vorbereitung der Beurkundung selbst mit Schreiben
vom 21. 3. 1995 mitgeteilt.

c) Eine wirkliche Finanzierungszusage lag im übrigen zu keinem
Zeitpunkt vor.

Die "Finanzierungszusage" der Fa. Allkredit vom 27. 4. 1995 beinhaltet
nach ihren eindeutigen Wortlaut - auch für den juristischen
Laien unschwer erkennbar - keine endgültige Finanzierungszusage,
sondern stellt eine Finanzierung allenfalls in Aussicht, die aber
noch an mehrere Bedingungen geknüpft ist. Ausdrücklich
gilt die Zusage der Finanzierung vorbehaltlich und widerruflich
noch einzuholender Auskünfte bei der SCHUFA und der CREDITREFORM
sowie der Hereingabe und Bewertung der in der Anlage des Schreibens
bezeichneten Unterlagen. Desweiteren ergibt sich aus dem Schreiben
vom 27. 4. 1995 unzweideutig, daß noch ein Gutachter mit der
Erstellung eines Wertgutachtens zum Standort des Objektes zu beauftragen
sei. Schließlich richtete sich die "Zusage" lediglich an den
Ehemann der Beklagten, der aber, wie dem Zeugen ... spätestens
beim Notartermin bekannt wurde, wegen des inzwischen laufenden Scheidungsverfahrens
nicht mehr zum Notartermin erschien.

d) Die Beklagte ist wirtschaftliche unerfahren. Als mithelfende
Ehefrau in der Gasstätte ihres Ehemannes und frühere Verkäuferin
hatte sie von Fragen des Immobilienkaufes und der Finanzierung kaum
Vorstellungen. dies war für die Klägerin auch erkennbar.

4. Es kann dahingestellt bleiben, ob der für die Klägerin
handelnde Zeuge ... von der "Finanzierungszusage der Fa. Allkredit
und dem Scheidungsverfahren erst beim Notartermin am 11. 5. 1995
Kenntnis erlangte, oder - wie die Beklagte sagt - bereits eine Woche
vorher. Selbst wenn der Zeuge ... nämlich erst beim Notartermin
die "Finanzierungszusage" zur Kenntnis genommen hat, mußte
er jedenfalls dort erkennen, daß diese trotz ihrer Bezeichnung
als "Zusage" allenfalls ein vages Inaussichtstellen einer Finanzierung
darstellte und er in Übereinstimmung mit den Geschäftsgrundsätzen
der Klägerin keinen Notartermin hätte vereinbaren dürfen.
Bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht hat der Zeuge ... nämlich
erklärt, daß die Klägerin grundsätzlich keinen
Notartermin vereinbare, bevor nicht die Finanzierung gesichert sei.
So sei der zunächst angesetzte Notartermin vom 3. 4. 1995 auch
abgesagt worden, weil bis dahin keine Finanzierungszusage vorgelegen
haben.

Für den Fall, daß der Zeuge ... von der ihm durch den
Zeugen ... übergebenen "Finanzierungszusage" inhaltlich keine
Kenntnis genommen haben sollte, läge hierin ebenfalls eine
haftungsbegründende Sorgfaltspflichtverletzung, da der Klägerin
nach den gegebenen Umständen eine inhaltliche Prüfung
gerade der Erklärung, durch die das Haupthindernis für
den Notartermin beseitigt werden sollte, zuzumuten gewesen wäre.

Ähnliches gilt für die Scheidung. Auch wenn der Zeuge
davon erst beim Notartermin erfahren hätte - die Beklagte war
alleine erschienen - hätte er die Beklagte noch warnen können
und müssen. einer Beweisaufnahme bedurfte es somit nicht mehr.

5. Nach alledem mußte der beim Notartermin anwesende Mitarbeiter
der Klägerin, der Zeuge ..., spätestens dort die Beklagte
vor einem Abschluß des Kaufvertrages warnen und ihr deutlich
abraten. Daß er dies mindestens fahrlässig nicht getan
hat, stellt eine Pflichtverletzung dar, die zum Schadensersatzanspruch
führt.

6. Die Klägerin hat der Beklagten daher den Schaden zu ersetzen,
der ihr dadurch entstanden ist, daß sie den notariellen Kaufvertrag
abgeschlossen hat, ihn jedoch nicht erfüllen konnte. Dies ist
insbesondere die hier eingeklagte Maklerprovision, so daß
der Anspruch der Klägerin nicht mehr besteht. Der weitergehende
Schaden der Beklagten in Gestalt insbesondere der Kosten der Rückabwicklung
des Kaufvertrages und der weiteren Notarkosten ist im vorliegenden
Verfahren lediglich im Wege der Aufrechnung geltend gemacht. Da
jedoch der vermeintliche Anspruch der Klägerin bereits durch
den auf Befreiung von der Verbindlichkeit gerichteten Schadensersatzanspruch
erloschen ist, kam es auf den weiteren Schaden im vorliegenden Verfahren
nicht mehr an. Insoweit kann die Beklagte die Klägerin jedoch
noch in Anspruch nehmen.

 

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus
den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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Gericht: OLG DRESDEN
Aktenzeichen: 8 U 808/96

Redaktion (allg.)

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