77,68 Prozent aller Grundsteuer-Erklärungen abgegeben
Die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Erklärung war allerdings bereits Ende Januar abgelaufen – nur in Bayern wurde eine dreimonatige Verlängerung gewährt. Nach Angaben der Bundesregierung werden die Grundeigentümer, die bisher keine Erklärung abgegeben haben, von den Finanzbehörden jetzt zur Abgabe aufgefordert. Die Reform der Grundsteuer war nach einem Verfassungsgerichtsurteil notwendig geworden. Mit ihr soll die Grundsteuer als bedeutende Einnahmequelle für die Städte und Gemeinden gesichert werden. Zur Reform gehört, dass alle rund 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Mehrere Bundesländer machten von einer Öffnungsklausel Gebrauch und setzten eigene Grundsteuermodelle um.
SPD-Fraktion: „Man kann stolz auf dieses Projekt sein“
In der Aussprache des Ausschusses erklärte die SPD-Fraktion, es zeige sich, dass es eine hohe Akzeptanz für die Reform gebe. Man müsse auch sehen, dass Länder mit eigenen Regelungen wie Bayern und Baden-Württemberg, die sich für ihre angeblich einfachen Lösungen rühmen würden, bisher die geringsten Abgabequoten verzeichnen würden. Die Grundsteuer-Reform sei seinerzeit von der Großen Koalition beschlossen worden, und man könne stolz auf dieses Projekt sein.
Grüne und FDP wundern sich über „Bayerns Selbstlob“
Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, es sei eine notwendige Reform gut auf den Weg gebracht worden. Mit Blick auf Bayern erklärte die Fraktion, das Selbstlob der Staatsregierung, man habe das beste und einfachste Modell, sei vor dem Hintergrund niedriger Abgabezahlen nicht nachvollziehbar. Die FDP-Fraktion wunderte sich ebenfalls, warum gerade in Bayern und Baden-Württemberg der Rücklauf an Erklärungen so niedrig sei. Auf die Frage der FDP-Fraktion nach Gerichtsverfahren erklärte die Regierung, es gebe zwei Verfassungsgerichtsverfahren gegen Ländermodelle und bereits viele Klagen vor den Finanzgerichten.
CDU/CSU: „Warum bittet ausgerechnet eine Bundesbehörde um Fristverlängerung?“
Die CDU/CSU-Fraktion zeigte sich verwundert, dass mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ausgerechnet eine Bundesbehörde eine Verlängerung der Abgabefrist beantragt und nicht das Ziel gehabt habe, die Grundsteuer-Erklärung pünktlich abzugeben. Dass der Bund die Fristen nicht einhalte, die er selbst gesetzt habe, sei sehr peinlich.
AfD: „Finanzämter sind mit bürokratischem Wahnsinn völlig überfordert“
Grundsätzliche Kritik übte die AfD-Fraktion, die sich wunderte, wie die Fraktionen der damaligen Großen Koalition von einem gelungenen Gesetz sprechen könnten. Es seien vielmehr alle Befürchtungen wahr geworden, die die AfD-Fraktion seinerzeit vorgebracht habe. Man habe vor dem „bürokratischen Wahnsinn“ gewarnt, der jetzt zu erleben sei. Die Finanzbehörden kämen mit der Bearbeitung der Anträge nicht mehr nach. 36 Millionen Liegenschaftsbesitzer würden mit dem Gesetz zu Erfüllungsgehilfen der Verwaltung gemacht. Die Grundsteuer-Reform mit den Länder-Öffnungsklauseln sei ein Rückfall in die Kleinstaaterei.
Die Linke: „Hochwertige Immobilien werden unterbewertet“
Es sei nicht gelungen, zu einer gerechten Bewertung der Grundstücke zu kommen, kritisierte die Fraktion Die Linke. Das gelte für das Bundesmodell wie für die Ländermodelle. Hochwertige Immobilien würden unterbewertet. Die Fraktion kritisierte auch, dass der Bund nicht in der Lage sei, seine eigenen Fristen einzuhalten.
Haus & Grund Hessen verlangt eine Fristverlängerung wie in Bayern
Mit Blick auf die Fristverlängerung in Bayern hatte bereits Ende Januar der Eigentümerverband Haus & Grund Hessen eine Verlängerung der Abgabefrist für die sogenannte Feststellungserklärung bis Ende April 2023 gefordert. Es sei aus Gründen der Gleichbehandlung nicht nachvollziehbar, weshalb einem Eigentümer in Bayern mehr Zeit zur Abgabe eingeräumt werden soll als einem Eigentümer in Hessen. Man müsse unbedingt nochmals für Entlastung sorgen, insbesondere für die steuerberatenden Berufe. Hinzu komme, dass Bund und Land für die Abgabe der Grundsteuererklärungen für eigene Immobilien sich selbst eine Frist bis Ende September genehmigt hätten. Viele Immobilieneigentümer hätten lange Wartezeiten für Termine von Architekten- und Handwerkern, die benötigt werden, um die bei der Grundsteuererklärung erforderliche Wohn- und Nutzfläche ermitteln und angeben zu können.
Musterklagen gegen die neue Grundsteuer
Während die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärung noch lief, flatterten zahlreichen Eigentümern bereits Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes ins Haus. Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes sollten unbedingt vorläufig erlassen werden! Eine Verbände-Allianz aus dem Bund der Steuerzahler (BdSt), der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), dem Deutschen Steuerberaterverband (DStV) und Haus & Grund Deutschland forderte bereits Ende Januar, dass diese Bescheide unbedingt vorläufigen Charakter haben sollten. Denn zum damaligen Zeitpunkt waren etliche Einsprüche und Klagen anhängig, die sich – aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken – erneut gegen die Berechnungsmethoden der neuen Grundsteuer richten. Erklärtes Ziel der Verbände-Allianz sei es deshalb, eine Einspruchswelle zu verhindern und somit allen Eigentümern Sicherheit zu verschaffen sowie die Finanzverwaltung und Steuerberater zu entlasten.
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bewertungsregeln
Wenn die gerichtliche Klärung nämlich die Verfassungswidrigkeit jetzt geltender Bewertungsregeln ergebe, könnte diese für alle Bescheide gelten und nicht nur für solche Eigentümer, die ihre Bescheide mittels Einspruchs bereits angefochten haben. Deshalb appellierten BdSt-Präsident Reiner Holznagel, DSTG-Vorsitzender Florian Köbler, DStV-Präsident Torsten Lüth und Haus & Grund-Präsident Dr. Kai Warnecke an die Bundesländer, eine vorläufige Festsetzung rasch zu beschließen.
Tatsächlich gingen in fast allen Finanzämtern zahlreiche Einsprüche gegen die Feststellungen des Grundsteuerwertes ein. Grund: Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bewertungsregeln von Immobilien und Grundstücken im Rahmen der Grundsteuerreform. Die Urteile werden erst in den nächsten Jahren zu erwarten sein.
(Deutscher Bundestag/Red.)