Mieterstrom-Projekte erfolgreich umsetzen

Fünf Modelle für die Erzeugung von Solarstrom

Von Nachhaltigkeit über Kosteneinsparung bis Energieautarkie: Mieterstromprojekte bieten viele Vorteile, wenn sie richtig umgesetzt werden.

Für den Aufbau, den Betrieb und die Abrechnung von Photovoltaik-Anlagen benötigen Vermieter und Eigentümergemeinschaft Dienstleister, die Referenzen in Sachen Mieterstromprojekte vorweisen können. Foto: Pexels/Gustavo Fring
Für den Aufbau, den Betrieb und die Abrechnung von Photovoltaik-Anlagen benötigen Vermieter und Eigentümergemeinschaft Dienstleister, die Referenzen in Sachen Mieterstromprojekte vorweisen können. Foto: Pexels/Gustavo Fring

Die Versorgung mit Strom vom eigenen Dach sollte für Eigentümergemeinschaften und Wohnungsunternehmen ein verlockendes Konzept sein: Sie bietet klimaschonende Energieerzeugung, geringere Kosten für die Bewohner und die Basis für ein integriertes Energiekonzept, das über den Sonnenstrom auch Wärme, Warmwasser und Ladeinfrastruktur abdeckt. Details, was bei Mieterstromprojekten zu beachten ist, liefert der Deumess-Fachkongress Mitte Mai in Kassel. Dieser Beitrag enthält vorab Auszüge des Kongress-Vortrags von Magdalena Strasburger sowie Praxis-Tipps von Julius Lattmann.

Mit Elektrizität vom eigenen Dach Haushalts- und Allgemeinstrom, Warmwasser- und Wärmeerzeugung sowie E-Mobilität abdecken zu können, ist das Ideal nachhaltiger Energieversorgung für Wohngebäude. „Mieterstrom“ bezeichnet Strom, der innerhalb eines Wohngebäudes oder eines Quartiers durch eine Photovoltaikanlage erzeugt und von dort direkt an die Nutzer der Wohn- oder Gewerbeeinheiten geliefert wird – ohne dass dieser Strom durch das öffentliche Stromnetz fließt. Dass das Modell Vorteile für alle Beteiligten bietet, ist für Magdalena Strasburger, Geschäftsführerin von Strasburger Energie Technologie in Berlin, eine einfache Rechnung. Sie berät mit ihrem Team Wohnungs- und Immobilienunternehmen bei der Erstellung von energetischen Konzepten. Mieterstrom ist dabei ein zunehmend wichtiger Baustein: „Richtig gemacht, lassen sich durch die Einbindung von Photovoltaik Stromkosten reduzieren, das Stromnetz entlasten und CO2-Emissionen verringern, weil der Strom lokal und regenerativ erzeugt wird. Dabei bieten Mieterstromkonzepte den Gebäudeeigentümern zusätzliche Einnahmequellen und steigern außerdem den Wert der Immobilie.

Die fünf Grundkonzepte für Mieterstrom

Wichtig für alle, die sich für ein Mieterstrom-Konzept interessieren, ist die Beschäftigung mit den verschiedenen Modellen. Sie unterscheiden sich zum einen hinsichtlich der Konstellation zwischen dem Immobilienverantwortlichen und seinen Dienstleistern und zum anderen hinsichtlich der energierechtlichen Rolle, die Verwalter oder Wohnungsunternehmen langfristig eingehen. Dabei teilt das Team von Strasburger die Optionen für Immobilienverantwortliche in fünf unterschiedliche Wertschöpfungstiefen ein:

  1. Dachpacht: Der Gebäudeeigentümer verpachtet die Dachflächen an einen Dritten, der die PV-Anlage installiert und betreibt. Dieser Dritte übernimmt alle Aufgaben, einschließlich der Kommunikation mit Mietern, Behörden und Netzbetreibern, sowie die Lieferung des Mieterstroms.
  2. Anlagenpacht: Der Gebäudeeigentümer installiert die Anlage auf der Dachfläche und verpachtet diese anschließend an einen Dritten, der den Strom produziert und liefert.
  3. Lieferkettenmodell: Der Gebäudeeigentümer betreibt die PV-Anlage selbst und verkauft den Strom an einen Dritten, der dann die Mieterstromlieferverträge abschließt.
  4. Abwicklungsgebühr: Hier übernimmt ein spezialisierter Partner gegen eine Gebühr die gesamte Abwicklung, der Gebäudeeigentümer ist dennoch eigenständiger Mieterstromlieferant.
  5. Aktiv-Modell: Dabei übernimmt der Gebäudeeigentümer alle Aufgaben der Wertschöpfungskette selbstständig, nur Software und Messstellenbetrieb werden extern eingekauft.

Die Praxiserfahrung zeige, so Magdalena Strasburger, dass diese Wertschöpfungstiefen für jeden Gebäudeverantwortlichen die passende Variante bieten – immer davon abhängig, welches Ausmaß an eigener Verantwortung und auch eigenem Aufwand geschultert werden soll.

Voraussetzung: Gute Planung und verlässliche Zusammenarbeit der Akteure

Unabhängig vom angestrebten Modell ist für die erfolgreiche Umsetzung von Mieterstromprojekten eine sorgfältige Planung und die erfolgreiche Zusammenarbeit verschiedenster Akteure ausschlaggebend: Gebäudeeigentümer und Bewohner, Energieversorger, Installationsunternehmen, Messstellen- und Verteilnetzbetreiber, Softwareanbieter und Berater müssen am gleichen Strang ziehen. 

Das bestätigt auch Julius Lattmann, Chief Operative Officer der in Dornstadt bei Ulm ansässigen Smart-Red GmbH. Das Unternehmen liefert Technologien, um Mieterstromprojekte für Wohnungsunternehmen oder Wohnungseigentümergemeinschaften umzusetzen und hat sich insbesondere auf die Abrechnung spezialisiert. Als maßgebliche Modelle nennt auch er den Pachtvertrag, das Lieferkettenmodell und den kompletten Betrieb in Eigenregie. Letzterer bringe die meiste Verantwortung mit sich, insbesondere die Abrechnung lasse sich jedoch zunehmend automatisieren.

Suche nach richtigem Installateur und Messkonzept

Für die Umsetzung eines solchen Konzeptes im Eigenbetrieb ist für Julius Lattmann zentral, sich frühzeitig einen geeigneten Installateur zu suchen, der idealerweise bereits Referenzen aus Mieterstromprojekten habe. Das ermögliche eine zuverlässige erste Kostenabschätzung, die dann mit der Zahl der potenziell interessierten Mieter oder Bewohner abgeglichen werden könne. Wenn hier bereits Finanzierungslücken sichtbar würden, sollten Förderungsmöglichkeiten geprüft und ausgeschöpft werden – etwa mit Hilfe von Energieberatern.

Als 50-prozentige Tochterfirma von ABM-Mess Service aus Dornstadt bei Ulm, einem Mitgliedsunternehmen des Deumess e.V., hat sich Smart-Red auf die Erfassung und Nutzung von Energiedaten rund um Mieterstrom-Projekte spezialisiert. Entsprechendes Augenmerk legt Julius Lattmann entsprechend auch auf diese Prozesse: „Wenn sich ein Mieterstrom-Projekt als wirtschaftlich interessant erweist, sollte man sich in einem nächsten Schritt mit dem laufenden Aufwand der Abrechnung beschäftigen. Wir und auch andere Anbieter bieten dabei einen hohen Grad an Automatisierung, auch für Kombilösungen aus Abrechnung, Debitorenmanagement und sogar Submetering.“ Wichtig sei dabei, dass die Zählertechnologie auch bei Internetproblemen eine Fallback-option habe, da ansonsten Daten verloren gehen könnten.

Daran anschließend erfolgt die Feinplanung des Installateurs mit konkretem Angebot, wobei dieser auch das Messkonzept mit dem Verteilnetzbetreiber abklären und die Netzanmeldung durchführen sollte.

Finanzierung und rechtzeitige Einbindung der Bewohner

Sofern eine Finanzierung nicht aus eigenen Mitteln bzw. Rücklagen gestemmt werden kann, gilt es nun, das Gespräch mit der Hausbank zu führen. Banken, die mehrere Wohnungsunternehmen oder WEGs zu ihren Kunden zählen, sind nach Erfahrungen von Lattmann inzwischen meistens im Thema.

Als besonderen Praxistipp empfiehlt er vor der eigentlichen Umsetzung, noch einmal in den engen Austausch mit Mietern oder Bewohnern zu gehen: „Es ist wirklich wichtig, hier transparent zu informieren und die Hausgemeinschaft für das neue Konzept zu gewinnen. Ein Grill- oder Familienfest zum Beispiel ist ein guter Ort, um dann auch die Lieferverträge zu promoten“. Oft helfe es, Mieter beim ersten Schritt zu unterstützen, etwa wenn diese noch an einen Vertrag mit einem anderen Stromlieferanten gebunden sind. Eine Möglichkeit sei dann, für eine Übergangszeit die Grundgebühr des noch bestehenden Vertrages zu übernehmen und den Verbrauch selbst beim Lieferanten auf null zu setzen.

Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung als weiterer wichtiger Schritt

Einen weiteren Schritt in Richtung solcher erfolgreichen Projekte könnte die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GGV) bringen. Seit Mai 2024 ist sie mit dem Solarpaket I rechtlich möglich (§ 42b EnWG). Anders als beim Mieterstrom (§ 42a EnWG) geht es bei der GGV aber nicht um eine Vollversorgung der Bewohner mit Strom. Vielmehr wird der Strom aus der hauseigenen Photovoltaik-Anlage zusätzlich zum Strom der Energieversorger an die Parteien im Gebäude geliefert – reicht das für die Versorgung nicht aus, kommt der Reststrom dann jeweils von den bewohnerspezifischen Versorgern.

„Insgesamt hat das Thema Mieterstrom durch die GGV einen neuen Aufschwung bekommen“, beurteilt Magdalena Strasburger das Konzept insgesamt positiv. „Ich merke das vor allem daran, dass wir mehr Anfragen dazu bekommen – es ist stärker ins Bewusstsein gerückt. Allerdings lässt die flächendeckende Umsetzung der GGV noch auf sich warten. Die Politik hatte ursprünglich erwartet, dass viermal mehr GGV- als Mieterstromprojekte umgesetzt werden. Das sehen wir im Markt aktuell nicht.“

Die größte Herausforderung liege in der Abstimmung mit dem Messtellenbetreiber und dem Verteilernetzbetreiber, die Aufschlüsselung des Stroms sei daher noch nicht einfach umsetzbar. Zwar gebe es immer mehr Anbieter, die eine Lösung für die GGV entwickeln, doch die tatsächliche Umsetzung sei noch hinter den Erwartungen.

Dabei bietet die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung auch für Immobilienverwalter echte Chancen, so Strasburger: „Für die Abrechnung von Mieterstrom und GGV gibt es noch keine festen Marktpreise. Das bietet ihnen die Möglichkeit, sich mit flexiblen Abrechnungsmodellen von anderen Marktteilnehmern abzuheben. Bisher passiert das noch kaum, aber genau das wäre ein Punkt, den ich ihnen ans Herz legen würde.“

Autor: Robert Woggon, Pressesprecher Deumess e.V,

 

    DEUMESS Fachkongress

    Mieterstrom ist auch ein Thema auf dem 11. Deumess Fachkongress, der am 13. und 14. Mai 2025 in Kassel stattfindet. Am ersten Kongresstag hält Magdalena Strasburger von Strasburger Energie Technologie einen einstündigen Fachvortrag zum Thema „Mieterstrommodelle und Energiemanagementsysteme“.
    Hier finden Sie weitere Informationen zum „Programm, zur Anreise und den Ticketmöglichkeiten.“

    Definition und wichtige Begriffe Solar und Mieterstrom

    Nennleistung in kWp: die Leistung einer PV-Anlage/eines Moduls unter Standard Testbedingungen. Jahresertrag: gemessen in kWh Reststrom: Bezogener Strom aus dem öffentlichen Stromnetz bei Nutzung einer PV-Anlage Überschussstrom: Strom der von der PV-Anlage trotz Nutzung im Gebäude ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Geförderter Mieterstrom: Lieferung von PV-Strom der am Gebäude erzeugt wird und ohne Nutzung des öffentlichen Stromnetzes an Bewohner des Gebäudes weitergegeben wird – und das mindestens 10% günstiger als der ortsübliche Grundversorgertarif

    Thomas Engelbrecht

    Thomas Engelbrecht
    Chefredakteur
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