Staatliche Förderung steigert Renditen

Investoren zeigen verstärktes Interesse an Sozialwohnungen

Institutionelle und private Investoren zeigen verstärktes Interesse am Bau von Sozialwohnungen. Aufgrund attraktiver staatlicher Förderung in einigen Bundesländern ist dieses Investment risikoarm und bietet bessere Renditen als der frei finanzierte Wohnungsbau.

Neu gebaute Sozialwohnungen entwickeln sich durch gesteigerte staatliche Förderung in einigen Bundesländern zur Assetklasse für private Investoren. Foto: Adobestock/Stockfotos-MG
Neu gebaute Sozialwohnungen entwickeln sich durch gesteigerte staatliche Förderung in einigen Bundesländern zur Assetklasse für private Investoren. Foto: Adobestock/Stockfotos-MG

Das sind die Haupterkenntnisse aus einer Pressekonferenz mit Florian Tack, Head of Residential bei Colliers in Deutschland, Dr. Tim Schomberg, Gründer und Managing Partner bei Kingstone Real Estate, und Jan Bewarder, CEO und Vorstand von Rem Capital. Organisiert wurde das Gespräch von der Agentur Rückerconsult.

„Bereits jetzt besteht ein Defizit von über 900.000 Sozialwohnungen in Deutschland und die Prognosen deuten nicht auf eine Verbesserung der Situation hin. Voraussichtlich werden dem Markt bis 2035 weitere 430.000 Einheiten entzogen“, ordnet Florian Tack ein. Nach aktuellem Stand fehlen in Nordrhein-Westfalen (rd. -4.200 Wohnungen), Hamburg (rd. -4.700 Wohnungen) und Bremen (rd. -10.200 Wohnungen) am wenigsten Sozialwohnungen. Das größte Delta bestehe derzeit in Baden-Württemberg (rd. -205.800 Wohnungen), gefolgt von Bayern (rd. -195.100 Wohnungen) und Berlin (rd. -131.300 Wohnungen).

Fonds sammelt Geld für den Kauf von neuen Sozialwohnungen

Dabei gebe es gerade in Bayern und Baden-Württemberg attraktive Fördermodelle, so Dr. Tim Schomberg. Für den im September 2024 aufgelegten Fonds „Kingstone Bezahlbares Wohnen Deutschland“ konzentriert er sich insbesondere auf Süddeutschland, aber auch Hessen sei ein interessanter Zielmarkt. „Bisher haben wir Objekte in Mannheim, Nürnberg, Fürth und Weil am Rhein angekauft. Unsere Ankaufsstrategie liegt auf Wohnungsneubau in Regionen mit hohem Wohnraumbedarf und guten Förderprogrammen“, Schomberg weiter.

Hohe Förderung bietet Ausweg aus der Kostenfalle

Um die Möglichkeiten der sozialen Mietwohnraumförderung weiß auch Jan Bewarder: „Mietwohnraumförderung ist sowohl bei Neubau als auch bei Sanierungsprojekten aktuell ein möglicher ‚Ausweg‘ zur wirtschaftlichen Realisierung von Bauprojekten, vor allem in Zeiten hoher Zinsen und Baukosten. Je nach Bundesland werden attraktive Förderdarlehen inkl. Tilgungszuschüsse von bis zu 50 Prozent zur Verfügung gestellt. Sozialer Mietwohnraum bildet dabei aber nur eine von drei Säulen im Bereich der Immobilienförderung. Darüber hinaus gibt es Förderungen für klimafreundlichen Neubau sowie die Bundesförderung für effiziente Gebäude. Die einzelnen Programme sind unter bestimmten Voraussetzungen miteinander kombinierbar.“ 

„Diese Förderungen sind ein entscheidender Faktor, wenn es um die Miethöhen geht. Mieter mit Wohnberechtigungsschein sparen deutschlandweit durchschnittlich 25 Prozent und in den Top-7-Städten sogar durchschnittlich 41 Prozent bei der Miete im Vergleich zu einer freifinanzierten Mietwohnung. Teilweise ist die Ersparnis noch deutlich höher“, erläutert Tack die Vorteile für Mieter.

ESG-Anforderungen steigern Attraktivität der Anlageklasse

„Und auch die Investoren profitieren“, sagt Schomberg, „Der naheliegendste Grund sind die Renditen. Wir erzielen derzeit eine Ausschüttungsrendite von über 4,0 Prozent pro Jahr. Die Renditen im frei finanzierten Wohnungsbau liegen aufgrund gestiegener Bau- und Finanzierungskosten häufig nur zwischen zwei und 3,5 Prozent. Zudem trägt die steigende Bedeutung von ESG zu der Popularität des Segments bei. Der soziale Aspekt spielt dabei im Vergleich zu anderen Anlageklassen eine wichtige Rolle.“ Geförderter Wohnraum biete Anlegern also die Möglichkeit auf eine wirtschaftlich sinnvolle und gleichzeitig sozial nachhaltige Investition und gebe eine Antwort auf die gesellschaftspolitische Frage nach bezahlbarem Wohnraum.

Tack ordnet die Zukunftsaussichten ein: „Um einen Mindestbestand von zwei Millionen Sozialwohnungen bundesweit zu erreichen, müssten bis 2030 jährlich mehr als 200.000 Einheiten neu hinzugebaut werden. Das politische Ziel von 100.000 neuen Einheiten pro Jahr würde lediglich für einen Gesamtbestand von 1,3 Millionen Sozialwohnungen im Jahr 2030 ausreichen. Wir halten jedoch einen deutlich geringeren Gesamtbestand von 850.000 Sozialwohnungen bis in fünf Jahren für realistisch. Unter Berücksichtigung einer Fehlbelegungsquote von 30 Prozent würden sogar nur knapp 600.000 Wohnungen ihrer eigentlichen Nutzung entsprechen.“ 

„Wenn wir dem dramatischen Rückgang an Sozialwohnungen etwas entgegensetzen wollen, braucht es einen echten nationalen Schulterschluss. Wir fordern von der zukünftigen Bundesregierung ein dauerhaftes, bundesweites Förderprogramm für sozialen Wohnungsbau mit verlässlicher Finanzierung und klaren Rahmenbedingungen. Zugleich müssen Förderprogramme einfacher kombinierbar und langfristiger planbar sein – gerade angesichts steigender Zinsen, hoher Baukosten und ehrgeiziger ESG-Vorgaben. Nur so kann es gelingen, private und institutionelle Investoren dauerhaft für diese gesellschaftlich so wichtige Assetklasse zu gewinnen“, so Jan Bewarder abschließend.

 

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan
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