DGB und Mieterbund warnen vor verschärfter Wohnungskrise
Nach zwei Jahren Regierungszeit sei die wohnungspolitische Bilanz der Ampel mangelhaft: „Steigende Mieten, unbezahlbare Immobilienpreise, kaum Neubau und keine Besserung in Sicht.“ Es fehlten mehr als 700.000 bezahlbare Mietwohnungen im Bundesgebiet. Von den 2022 rund 295.000 neu gebauten Wohnungen seien weniger als ein Drittel klassische Mietwohnungen und weniger als ein Zehntel bezahlbare Sozialwohnungen. Im ersten Halbjahr 2023 sei die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen um 27,2 Prozent eingebrochen. Jährlich fielen von den aktuell verbliebenen 1,1 Millionen Sozialwohnungen rund 45.000 aus der Bindung, der Bestand an Sozialwohnungen nehme also weiter ab.
„Über ein Drittel der Mieterhaushalte durch Wohnkosten überlastet“
Diese Verknappung des Wohnungsangebots führe zu hohen Mietsteigerungen. Nach Erkenntnissen von DGB und Mieterbund sind die Mieten inserierter Bestandswohnungen im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr bundesweit um vier Prozent gestiegen – auf im Schnitt 9,66 Euro je Quadratmeter nettokalt, in Großstädten auf 12,23 Euro. Weiterer Preistreiber sei die Indexmiete, die an die Inflation gekoppelt werden darf. In den sechs größten Städten enthielten 30 Prozent der neu abgeschlossenen Mietverträge eine Indexierung. Und auch bestehenden Mietverhältnissen steige die Miete weiter an, zwischen 2020 und 2023 um 5,5 Prozent.
Von den insgesamt 21 Millionen Mieterhaushalten sei über ein Drittel durch ihre Wohnkosten überlastet. 3,1 Mio. Haushalte zahlten für Kaltmiete und Heizkosten mehr als 40 Prozent ihres Einkommens, 4,3 Mio. Haushalte zahlten zwischen 30 bis 40 Prozent ihres Einkommens.
„Schuldenbremse für mehr Wohnungsbau reformieren“
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell kritisierte, die Bundesregierung habe die Tragweite der Wohnungskrise immer noch nicht erkannt und scheue mutige Lösungen. Die Wohnungskrise sei ein sozialpolitischer Skandal, der zunehmend auch für Unternehmen zum Problem werde. Immer öfter könnten sie ihre Planstellen nicht besetzen, weil es vor Ort für neue Beschäftigte kaum günstige Wohnungen gebe. Körzell forderte massive öffentliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und die energetische Sanierung. „Auch deshalb ist es wichtig, die Schuldenbremse zu reformieren“, so der Gewerkschafter. Gemeinsam mit dem Mieterbund fordert der DGB, Bund und Länder müssten jährlich 13 Milliarden Euro für den Bau von 100.000 Sozialwohnungen zur Verfügung stellen. Der Bund habe dagegen für den Zeitraum 2022 bis 2026 insgesamt lediglich 14,5 Milliarden Euro vorgesehen. Der Bestand an Sozialwohnungen müsse bis zum Jahr 2030 von aktuell 1,1 Millionen auf mindestens zwei Millionen aufgestockt werden. Für die Umsetzung dieses Ziels brauche es Finanzmittel in Höhe von 50 Milliarden Euro.
Sächsischer Genossenschaftsverband zieht die rote Karte
„Rote Karte für Forderung des Deutschen Mieterbundes und des Deutschen Gewerkschaftsbundes“ – mit dieser Formulierung widerspricht der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG) „dem Neubau um jeden Preis“. Nach Angaben von VSWG-Vorstand Mirjam Philipp habe fast ein Drittel der Kommunen in der Bundesrepublik ein Leerstandproblem. Das gelte insbesondere für Mitteldeutschland und damit auch für Sachsen, wo ein Überangebot an Wohnungen bestehe. In diesen Regionen seien in erster Linie Investitionen in die Instandhaltung und Modernisierung notwendig.
Philipp wörtliche: „Was wir brauchen sind endlich Planungs- und Investitionssicherheit und passende Förderungen für den Bestand und nicht verbal bemühte sozialpolitische Skandale.“ (Red.)