Zahl der Gebäudeabbrüche um 36 Prozent gesunken
Kaum eine wirtschaftliche Tätigkeit braucht so viele Ressourcen und verursacht so viel Abfall wie das Bauwesen. Tatsächlich werden in Deutschland jährlich immer weniger Gebäude abgerissen. Die entsprechenden Daten und die Gründe für Abriss oder Erhalt sind Gegenstand des Forschungsprojekts „Long-Lasting Real Estate (LoLaRE): Anforderungen zukunftsfähiger Gebäude mit langen Lebensdauern“. Erarbeitet wurde die Studie vom Institut für Baubetriebswesen unter Leitung von Prof. Jens Otto an der Technischen Universität Dresden. Gefördert wurde die Arbeit vom Bundesbauministerium.
Der nun veröffentlichte Ergebnisbericht analysiere erstmals statistische Datensätze zu Bauabgängen von Hochbauten in Deutschland in einem Zeitraum von 2007 bis 2021 und untersuche die Gründe für einen Abriss von Gebäuden.
Abgerissen werden vor allem Einfamilienhäuser
Laut der Studie sind die Abrisszahlen seit 2007 gesunken, besonders deutlich seit 2018. Die Zahl der Abrisse von Wohngebäuden nahm zwischen 2007 und 2021 um 36 Prozent ab. Bei Nichtwohngebäuden betrug der Rückgang 19 Prozent. Diese Entwicklung sei aus Sicht der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes positiv zu bewerten. Im Durchschnitt wurden zwischen 2007 und 2021 jährlich knapp 12.000 Gebäude abgebrochen, wobei Einfamilienhäuser den größten Anteil ausmachen.
Der größte Teil der abgerissenen Wohngebäude wurde zwischen 1949 und 1978 errichtet. Dennoch waren 17 Prozent der abgerissenen Wohngebäude weniger als 43 Jahre alt. Hauptgründe für Abrisse seien die Schaffung neuer Wohngebäude sowie die Umwandlung von Flächen in Freiraum.
Baurechtliche Vorgaben führen oft zum Abriss
Zusätzlich zur statistischen Analyse wurden Expertenbefragungen durchgeführt, um die Entscheidungsprozesse für oder gegen den Abriss zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigten, dass Faktoren wie Denkmalschutz und Bestandsschutz den Erhalt von Gebäuden begünstigen, während bauordnungsrechtliche Vorgaben und wirtschaftliche Erwägungen oft zum Abriss führten. Hohe Sanierungskosten, insbesondere im Zusammenhang mit strengen Brandschutzvorgaben, oder geringe strukturelle Reservekapazitäten der Bausubstanz spielten dabei eine wesentliche Rolle.
„Ein entscheidender Aspekt für die Langlebigkeit von Gebäuden ist ihre Anpassungsfähigkeit an neue Anforderungen“, sagt Charlotte Dorn, die an der TU-Dresden das Projekt betreute. „Hierbei sind Parameter wie Geschosshöhen, vertikale Erschließung, tragende Strukturen und Lastreserven von Bedeutung. Die Studie legt nahe, dass diese Faktoren bereits in der Planungsphase neuer Gebäude berücksichtigt werden sollten, um langfristige Nutzungsoptionen zu sichern und die Nachhaltigkeit zu fördern“, so Dorn.
Praxisnahe Erkenntnisse für nachhaltige Bauplanung
Die Untersuchung ergab, dass die Entscheidung für oder gegen den Abriss eine komplexe Abwägung zwischen rechtlichen, wirtschaftlichen, technischen und kulturellen Aspekten erfordere. Eine quantitative Bewertung im Rahmen der Studie untersuchte zudem das Verhältnis von Nutzungsflexibilität, Ökobilanz und Lebenszykluskosten anhand eines Praxisbeispiels.
„Die Ergebnisse des Forschungsprojekts liefern wertvolle Erkenntnisse zur Reduzierung von Gebäudeabbrüchen und zur Planung langlebiger, anpassungsfähiger Gebäude. Sie unterstreichen die Bedeutung nutzungsflexibler Strukturen für eine nachhaltige Stadt- und Bauplanung“, betont Daniel Wöffen, der am Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) die Studie begleitet hat.
Der vollständige Ergebnisbericht ist hier abrufbar.
Eine kompakte Zusammenfassung bietet der durch das BBSR veröffentlichte Transferbericht.
Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
Redaktion (allg.)
