Kalte Nahwärme für eine Klimaschutzsiedlung in Neuss
Die Stadt Neuss, zentral gelegen zwischen Düsseldorf und Köln, ist die Heimat von knapp 160.000 Menschen und ein wichtiger Standort zahlreicher Unternehmen und Industrien. Immer mehr Menschen zieht es in dieses Ballungsgebiet – bezahlbarer, aber zugleich klimafreundlicher Wohnraum ist gefragter denn je. Seit 2017 entsteht im Neusser Stadtteil Holzheim die erste Klimaschutzsiedlung. Gefördert wird das Projekt durch das Landesprogramm „100 Klimaschutzsiedlungen in Nordrhein-Westfalen“. An dem komplexen Energiekonzept für diese Siedlung haben die Stadtwerke Neuss in Zusammenarbeit mit dem Tochterunternehmen gc Wärmedienste GmbH mitgewirkt. Die etwa 52 Einfamilien- und Doppelhäuser im östlichen Teil der Siedlung werden durch nahezu CO2-emissionsfreie geothermische Wärme versorgt.
Gebäude sind als Passiv- oder Drei-Liter-Häuser konzipiert
Die vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte Klimaschutzsiedlung am Blausteinsweg in Neuss ist ein Paradebeispiel für innovativen und klimafreundlichen Wohnungsbau. Ziel des Projektes ist es, die wärmebedingten CO2-Emissionen in Wohnsiedlungen und somit auch die Energiekosten konsequent zu reduzieren. Alle Wohnhäuser auf dem rund 10 ha großen Gelände sind als Passiv-Häuser oder auch als sogenannte Drei-Liter-Häuser geplant und errichtet. Die Gebäude kommen mit einem Minimum an Heizenergie aus und trotzdem bieten sie den Bewohnern im Sommer wie im Winter eine angenehme Wohnraumtemperatur. Dies wird vor allem durch eine sehr gute Wärmedämmung erreicht. Um den hohen Standard zu garantieren, wurden im Vorfeld alle Erwerber verpflichtet, bei der Umsetzung des Konzeptes der Klimaschutzsiedlung einen fachkundigen Architekten oder Sachverständigen zu beauftragen.
gc Wärmedienste setzt die regenerative Energietechnik um
Zusätzlich zu der hervorragenden energetischen Ausstattung der Häuser ist in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Neuss ein umfassendes Energiekonzept für eine zentrale Wärmeversorgung entstanden. Unterstützt wurden der lokale Energiedienstleister von den Experten der gc Wärmedienste GmbH, ein Tochterunternehmen mit umfassender Expertise in der Umsetzung regenerativer Energielösungen.
Geothermische Energie wird in das kalte Nahwärmenetz eingespeist
Hierfür wurden zunächst in allen Häusern sogenannte Sole-Wasser-Wärmepumpen installiert. Diese innovative Wärmepumpentechnik gewinnt über Erdsonden Wärme aus dem Boden. Sie zeichnet sich nicht nur durch ihre Umweltfreundlichkeit aus, sondern auch dadurch, dass sie die Kosten für die Aufbereitung von Brauchwasser und Heizenergie deutlich senkt. Alle Einfamilien- und Doppelhäuser im östlichen Teil werden über ein kaltes Nahwärmenetz mit der geothermischen Wärme versorgt. Mit Hilfe von 24 Erdsonden wird Erdwärme aus 200 m Tiefe gewonnen und damit das kalte Nahwärmenetz betrieben. Über Rohre gelangt die Erdwärme zu den angeschlossenen Neubauten. In den Häusern heben die Wärmepumpen die Temperatur auf ungefähr 35 ° C für die Heizung an und garantieren zusätzlich eine ausreichende Warmwasseraufbereitung. Im Sommer kann das System auch zur Temperierung der Räume genutzt werden. Durch die Flächenheizungen wird kühles Wasser geschickt, das auch an warmen Tagen für eine angenehme Raumtemperatur sorgt. „Erdwärme als primäre Energiequelle hat die Vorteile, dass die Nutzung kostenlos ist und immer zur Verfügung steht“, betont Roland Gilges, Leiter der Abteilung Energiedienstleistungen bei den Stadtwerken Neuss.
26 Erdbohrungen bis in 200 Meter Tiefe
Bei der Planung des Erdsondenfelds wurde der Neusser Energiedienstleister zum einen von dem Sachverständigenbüro Dr. Mathews GmbH unterstützt. Die Firma aus Aachen hat sich auf die Planung und Ausschreibung von Erdwärmeanlagen spezialisiert und hat bereits über 1.200 Projekte erfolgreich geplant und umgesetzt. Die Experten übernahmen nicht nur die Auslegung des Erdsondenfelds, sondern auch die Ausschreibung der Bauleistungen und die Qualitätssicherung bei den Bohrarbeiten.
Der zweite Partner, das Unternehmen BauGrund Süd Gesellschaft für Geothermie mbH, hat die Planung der Erdsondenanlage einschließlich dem Verteilersystem und den Rohrleitungen übernommen und im Anschluss die Bohrungen durchgeführt. Das in Baden-Württemberg ansässige zertifizierte Bohr- und Rohrleitungsbauunternehmen hat insgesamt 26 Bohrungen – davon zwei Reservebohrungen – mit je einer Tiefe von etwa 200 Metern durchgeführt. In die Bohrung wurde eine Sonde aus einem Kunststoffrohr eingeführt und mit einem Gemisch aus Wasser und Frostschutz, der sogenannten Sole, gefüllt. Die Sole nimmt die Energie aus dem Erdreich auf und transportiert sie zur Wärmepumpe. Die Regeneration erfolgt durch eine ständige Zirkulation der Sole. Ein wichtiges Thema bei dem Einsatz von Erdsonden ist der Grundwasserschutz. Um diesen zu gewährleisten, wurde der Bereich zwischen Bohrlochwand und Erdsonde mit einem umweltfreundlichen Spezialmörtel verschlossen.
In der Technikzentrale sorgen drei Pumpen für Versorgungssicherheit
Von den Erdsonden aus laufen die einzelnen Leitungen in eine von den Stadtwerken Neuss betriebene Technikzentrale. In dieser Technikzentrale sorgen drei Pumpen für die zuverlässige Versorgung der Häuser über das sogenannte kalte Nahwärmenetz. Im Falle eines technischen Ausfalls einer Pumpe sind die anderen beiden Pumpen in der Lage, diesen Ausfall zu kompensieren und die Versorgung weiterhin sicherzustellen.
Sowohl die Planung als auch die Durchführung der Rohrleitungsverlegung erfolgte durch die Stadtwerke Neuss. Der Hausanschluss für die im Gebäude zu installierende Wärmepumpe wurde zusammen mit den Anschlüssen für Trinkwasser, Strom und andere Medien koordiniert und entsprechend dem Baufortschritt des einzelnen Gebäudes verlegt. Die Systeme können modulweise um Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher, Wärmerückgewinnungsanlagen und kontrollierte Wohnraumlüftung erweitert werden. Dadurch ist eine annäherungsweise autarke Energieversorgung möglich und es werden CO2-Emissionen nahezu vermieden. Wünscht der Gebäudeeigentümer einen Voll-Service, können die verschiedenen Energielösungen auch über das Contracting-Modell der Stadtwerke Neuss realisiert werden.
CO2-Emissionen 60 Prozent unter Vorgabe der EnEV
Die Versorgung der Klimaschutzsiedlung mit Erdwärme ist nicht nur nachhaltig und ressourcenschonend, sondern auch kostengünstig. Nicht zuletzt bietet die Möglichkeit, Solarstrom auf den Dächern zu erzeugen, eine zusätzliche Einnahmequelle und eine weitere Verbesserung der eigenen Energiebilanz und der der Stadt Neuss.
Ein Konzept, das sich auszahlt: Die CO2-Emissionen in der Klimaschutzsiedlung sind extrem gering – sie liegen mit jährlich maximal 9 kg/m² um 60 Prozent niedriger als die EnEV 2014 für den Wohnungsbau vorgibt.
Roland Gilges ist von dem zukunftsweisenden Projekt überzeugt: „Das Quartier ist ein Musterbeispiel für nachhaltiges und energieeffizientes Bauen. Die Stadtwerke Neuss zeigen, wie Umweltschutz in der Praxis aussehen kann. Mit dem zukunftsorientierten Konzept „Kalte Nahwärme“ wird ein ganzes Wohngebiet und damit auch die Stadt Neuss klimafreundlicher.“
Stadtwerke Neuss Energie & Wasser GmbH
Moselstraße 25–27
41464 Neuss
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