Europäischer Vergleich

Bauwirtschaft steckt im Tal der Tränen

In fast allen europäischen städtischen Wohnungsmärkten steigen Mieten, Kaufpreise und Renditen wieder. Gründe sind die gefallenen Zinsen und der schrumpfende Neubau. Die Bauwirtschaft steckt bis auf Weiteres in einer Krise.

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Weil die Bautätigkeit sinkt, herrscht Wohnungsmangel – zum preislichen Vorteil von Anlegern, Vermietern und Verkäufern. Bild: photo 5000 / stock.adobe.com
Weil die Bautätigkeit sinkt, herrscht Wohnungsmangel – zum preislichen Vorteil von Anlegern, Vermietern und Verkäufern. Bild: photo 5000 / stock.adobe.com

Diese Erkenntnisse liefert der aktuelle Catella Residential Market Overview für das 3. Quartal 2024, der die Entwicklungen in 58 Städten aus 16 europäischen Ländern untersucht.

Mietmarkt

Die Mieten sind in 53 der 58 untersuchten Städte gestiegen. Der ungewichtete Durchschnitt liegt bei 19,70 €/m² im Monat, was einem Anstieg von 4,1 % gegenüber Q1 2024 entspricht.

  • London bleibt mit durchschnittlich 37,60 €/m² (+1,60 €) die teuerste Stadt für Mietinteressenten, gefolgt von Dublin (35,00 €/m²) und Genf (34,70 €/m²)
  • Am unteren Ende der Preisskala liegen das belgische Lüttich sowie das österreichische Graz mit je 11,00 €/m².
  • Das stärkste Mietwachstum wurde in Irland registriert: Dublin (+5,00 €/m²) und Cork (+4,00 €/m² auf 27,00 €/m²).
  • Die einzige Stadt, in der Mietinserate sich vergünstigt haben, ist das französische Montpellier.

Eigentumsmarkt

  • Die Preise für Eigentumswohnungen stiegen in 45 der 58 untersuchten Städte. Der europäische Durchschnittspreis liegt bei 5.666 €/m², was einem Zuwachs von 2,1 % gegenüber dem ersten Quartal 2024 entspricht.
  • Die höchsten Preise verzeichnet die Schweiz: Genf bleibt mit 15.770 €/m² (+120 €) der teuerste Markt, gefolgt von Zürich (14.000 €/m²) und London (13.930 €/m²).
  • Die günstigsten Wohnungspreise finden sich in Finnland: Lahti (1.640 €/m²) und Jyväskylä (2.380 €/m²).
  • Die höchsten relativen Preisanstiege haben polnische Städte verzeichnet, wo Eigentumswohnungen seit Jahresbeginn um 13 % in Warschau, 16 % in Krakau und 21 % in Breslau teurer geworden sind.

Renditen

  • Die analysierten Spitzenrenditen für Mehrfamilienhäuser liegen im ungewichteten Mittel aktuell bei 4,59 % und damit leicht über dem Niveau von 4,48 % im ersten Quartal 2024.
  • Die niedrigsten Renditen weisen Stockholmsowie Zürich (jeweils 2,50 %) und Genf (jeweils 2,70 %) auf.
  • Die höchsten Spitzenrenditen bieten Cork (6,25 %) sowie Krakau und Breslau (jeweils 6,00 %) und machen diese Städte für Investoren attraktiv.

Daten aus dem deutschen Markt

  • Die Mieten sind in allen untersuchten deutschen Top-7-Städten gestiegen. München führt mit 24,10 €/m² (+1,70 €), gefolgt von Frankfurt (19,20 €/m², +1,00 €) und Stuttgart (18.10 €/m², +1,40 €).
  • Auch bei den Kaufpreisen liegt München vorn und mit 9.950 €/m² noch leicht unterhalb der Zehntausendermarke, die es Anfang 2022 überschritten hatte. Auf Platz zwei ist erneut Frankfurt mit 7.070 €/m² vor Hamburg mit 6.800 €/m².
  • Die höchsten Renditen lassen sich in Düsseldorf (5,0%) erzielen, während München mit 4,2% die niedrigste Rendite aufweist.

Sinkende Baugenehmigungen sorgen für Wohnungsknappheit

Die Freude von Vermietern, Verkäufern und Anlegern ist das Leid der Unternehmen, die Immobilien herstellen. Der Trend sei alarmierend. Die Baugenehmigungen für Wohnraum seien in Europa über die letzten zwei Jahre gegenüber dem vorigen Zeitraum massiv gesunken – im EU-Durchschnitt um 23 %. Finnland (–52 %), Schweden (–48 %) und Deutschland(–37 %) gehörten zu den am stärksten betroffenen Ländern. Diese Entwicklung verschärfe die Wohnungsnot und treibe die Mietpreise weiter in die Höhe. Gleichzeitig bleibe die Bautätigkeit in vielen Märkten auf historisch niedrigem Niveau. Auf der anderen Seite zeige Portugal einen stabilen (+4 %) und Spanien gar einen deutlich positiven Trend von neu genehmigtem Wohnraum (+27 %).

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Europäische Bauunternehmerstudie L.E.K-Consulting

Auch andere Analysten befassen sich mit der Konjunkturkrise der europäischen Bauwirtschaft. So sprechen die Autoren der Europäischen Bauunternehmerstudie von L.E.K.-Consulting von „enormen Herausforderung im Bausektor“. Komplexe Genehmigungsverfahren und umfangreiche Vorschriften führten in Deutschland zu einem Rückgang der Baugenehmigungen, verzögerten Projekten, erhöhten Kosten, rückläufigen Aufträgen und Investitionen. Bis August 2024 meldeten laut statistischem Bundesamt 2.269 Unternehmen aus dem Baugewerbe hierzulande Insolvenz an.

Wohnungsbau im Ländervergleich

Die Schwäche im Wohnungsbausektor sei ein Problem in mehreren großen LändernEuropas. Allerdings erwartet L.E.K.-Consulting 2025 eine breitere Markterholung. Angeführt werde diese voraussichtlich vom Vereinigten Königreich, während Frankreich und Deutschland weiter zurückbleiben werden. Spanien habe den allgemeinen Abschwung vermieden, der anderswo zu beobachten war, obwohl der Gewerbebau 2024 stagnierte und für 2025 eine moderate Erholung bei geringem Wachstum erwartet werde. Das wirtschaftliche Umfeld in Deutschland werde das Wachstum der gesamten Baubranche voraussichtlich noch einige Zeit dämpfen, auch wenn für 2025 eine gewisse Stabilisierung im Gewerbebau erwartet werde. Mit einer Erholung im Wohnungsbau rechnen die Analysten nicht vor Ende 2025 oder 2026.Der anhaltende Fachkräftemangel wirke sichauf die Personalkosten und die Produktivität aus. (Red.)

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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