Gesetz gegen Schrottimmobilien erhält breite Unterstützung

Das dubiose Geschäft mit der Zwangsversteigerung

Mit Schrottimmobilien wird in Deutschland zum Teil ein dubioses Spiel betrieben. Bundesjustizminister Marco Buschmann spricht von einer „Schrottimmobilien-Mafia“, die ganze Stadtteile in die soziale Abwärtsspirale ziehe. Ein neues Gesetz soll das verhindern.

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So manche Immobilie verfällt, das Leben darin ist nicht mehr wirklich lebenswert. Bisher hatten Kommunen keine Handhabe dagegen, doch Bundesjustizminister Marco Buschmann hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das dies ändern soll. Bild: M.Eisinger
So manche Immobilie verfällt, das Leben darin ist nicht mehr wirklich lebenswert. Bisher hatten Kommunen keine Handhabe dagegen, doch Bundesjustizminister Marco Buschmann hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das dies ändern soll. Bild: M.Eisinger

Vor allem in strukturschwachen Regionen sind sie nicht zu übersehen: Heruntergekommene Häuser, der Putz bröckelt von der Fassade, die Fenster sind kaputt. Viele Immobilie stehen leer, aber teilweise sind sie sogar noch bewohnt. Wie ist das möglich? Bisher hatten Kommunen keine Handhabe dagegen, doch Bundesjustizminister Marco Buschmann hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das dies ändern soll. Das Gesetz steht vor der Verabschiedung im Bundestag. Bereits in der ersten Lesung im Bundestag am 16. Mai 2024 und in der Anhörung im Rechtsausschuss am 26. Mai 2024 wurde deutlich, dass der Gesetzentwurf auf breite Mehrheit stößt und nach der parlamentarischen Sommerpause den Bundestag passieren wird.

Wie sieht das Geschäft der Schrott-Mafia aus?

Wer ein heruntergekommenes Haus kauft, muss zunächst nur eine Sicherheitsleistung zahlen, meist in Höhe von zehn Prozent des Versteigerungswertes. Das Haus kann sofort weiter vermietet werden. Lukrativ ist dieses Geschäft für die Erwerber, weil sie weder den vollen Kaufpreis zahlen, noch in die Sanierung der Gebäude investieren. Gleichzeitig vermieten die Käufer die Schrottimmobilien unsaniert und kassieren Höchstmieten von Saisonarbeitern oder ärmsten Bevölkerungsschichten. Oft landen die Objekte schnell wieder in der Zwangsversteigerung.

Verbände: Gesetz ist Meilenstein

Während der Experten-Anhörung im Rechtsausschuss lobte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, den Gesetzentwurf: "Es ist gut, dass wir jetzt ein wirksames Instrument an die Hand bekommen sollen, wenn Häuser oder ganze Straßenzüge von unseriösen Bietern ersteigert werden.“ Die Städte könnten künftig Problemhäuser, die zwangsversteigert werden, unter die Kontrolle der Verwaltung stellen, bis durch den Bieter der volle Kaufpreis bezahlt ist. „So können wir den Spekulations-Kreislauf bei Schrottimmobilien durchbrechen. Das ist ein Meilenstein, für den wir uns lange eingesetzt haben.“

Dedy begrüßt das geplante kommunale Vorkaufsrecht. So könnten die Städte den Verkauf der heruntergekommenen Immobilien und ihre Vermietung zu Mondpreisen schon während der Versteigerung unterbinden und die Häuser und Grundstücke zum Verkehrswert erwerben. „Anschließend könnten sie saniert und sinnvoll genutzt werden. Das wäre für die ganze Stadt ein Gewinn. Ein Vorkaufsrecht bei Zwangsversteigerungen würde die neuen Regeln sinnvoll ergänzen und müsste in das Baugesetzbuch aufgenommen werden."

Für den Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland begrüßte dessen Präsident Kai Warnecke die geplante Neuregelung ebenfalls. Langfristig regt der Verband an, „eine Änderung des Eigentums- und Zwangsversteigerungsrechts in Betracht zu ziehen und den Eigentumserwerb im Zwangsversteigerungsverfahren genau wie bei der allgemeinen Übertragung von Immobilieneigentum von der Eintragung im Grundbuch abhängig zu machen, wie der von der FDP-Fraktion als Sachverständiger vorgeschlagene Verbandsvertreter in seiner schriftlichen Stellungnahme ausführte.

Kritik kam von den Rechtspflegern

Kritik am Gesetzentwurf kam vom Bund Deutscher Rechtspfleger. Elke Strauß, Leiterin der Kommission Zwangsvollstreckung, befürchtet, dass die beabsichtigte Gesetzesänderung erheblichen bürokratischen Aufwand bei Verwaltung und Gerichten verursachen, sie schade dem Realkredit weit über die avisierten Anwendungsfälle hinaus, greife in Eigentümerrechte ein und biete den Gemeinden gegen unlautere Ersteher ein nur wenig wirksames Werkzeug bei schwer kalkulierbarem Kostenrisiko. Die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Sachverständige benannte Strauß lehnte den Entwurf ab.

Was sieht der Gesetzentwurf vor?

Der kurz vorm Beschluss des Bundestages stehende „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien“ (Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz) sieht vor, dass Gemeinden in Zwangsversteigerungsverfahren künftig einen Antrag auf gerichtliche Verwaltung stellen können. Dies soll in einem neuen Paragrafen 94a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung normiert werden. Dadurch soll der Anreiz zur missbräuchlichen Ersteigerung entfallen.

Eine missbräuchliche Ersteigerung ist laut Begründung dann gegeben, wenn bei einer Zwangsversteigerung eine Schrott- und Problemimmobilie für einen deutlich über dem Verkehrswert liegenden Preis versteigert wird. Der Ersteher zahlt zwar die Sicherungsleistung, nicht aber das Gebot. Ab Zuschlag darf der Ersteher aber Mieten aus bestehenden Mietverhältnissen einziehen beziehungsweise Neuvermietungen vornehmen.
Wird das Gebot schließlich nicht belegt, kommt es laut Bundesregierung zwar in der Regel zu einer Neuversteigerung. „Da jedoch zwischen Zuschlag und neuem Versteigerungstermin regelmäßig mehrere Monate vergehen, kann der Ersteher in der Zwischenzeit erhebliche Einnahmen erzielen. Zugleich verschlechtert sich der Zustand der Immobilie weiter, bis dem Ersteher bei der Wiederversteigerung das Eigentum wieder entzogen wird“, heißt es weiter.
Mit der Möglichkeit, eine gerichtliche Verwaltung zu beantragen, sollen die Gemeinden ein Instrument erhalten, um die Vorteile dieser missbräuchlichen Ersteigerung für den Ersteher auszuschließen. Für die Dauer der so beantragten gerichtlichen Verwaltung sind beispielsweise Mieteinnahmen an den gerichtlich bestellten Verwalter zu zahlen.

Dadurch wird dem Anreiz entgegengewirkt, überhöhte Gebote auf Schrott- beziehungsweise Problemimmobilien abzugeben, ohne diese zu bezahlen, um aus der missbräuchlichen Ausübung der so gewonnenen Eigentümerstellung Nutzungen zu ziehen“, schreibt die Bundesregierung.

Stellungnahme des Bundesrates

Dem Bundesrat geht der Entwurf zu weit. In seiner Stellungnahme zu dem nicht zustimmungspflichtigen Entwurf fordert der Bundesrat, durch eine Verordnungsermächtigung im neuen Paragrafen jeweils länderspezifische Regelungen zu ermöglichen. Wie die Länderkammer ausführt, betrifft die Neuregelung nur etwa 25 Fälle jährlich im gesamten Bundesgebiet. Eine bundesweit unterschiedslose Regelung könne aber dazu führen, dass Gemeinden etwa aus Gründen der Haftungsvermeidung verfrüht Anträge auf gerichtliche Verwaltung stellen „und potenzielle, redliche Teilnehmende am Versteigerungsverfahren die Kosten einer zwischenzeitlichen Zwangsverwaltung in ihr Bietverhalten einpreisen werden“.
Die Bundesregierung lehnte den Vorschlag des Bundesrates in ihrer Gegenäußerung ab. Eine bundeseinheitliche Regelung sei vorzugswürdig, auch wenn die Einschätzung geteilt werde, dass nicht alle Länder gleichermaßen von dem Phänomen der Schrottimmobilien betroffen seien.

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