Es ist vollbracht! Die Große Koalition hat sich auf eine große Reform des Wohnungseigentumsgesetzes geeinigt, der Bundestag hat die Neuregelung verabschiedet, zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe wartete man nur noch auf die Stellungnahme des Bundesrates, die als Formsache galt. Branchenverbände und der Eigentümerschutzverein „Wohnen im Eigentum“ loben das neue Gesetz – die umfassendste Reform seit Einführung vor mehr als sieben Jahrzehnten – insgesamt als ausgewogen (Bericht S. 12).
Groß sind die Erwartungen, dass nun der große Modernisierungsstau in den Wohnanlagen von Eigentümergemeinschaften aufgelöst und Maßnahmen für Energieeffizienz und Klimaschutz angepackt werden können (Lesen dazu auch den Bericht auf S. 30).
Bauliche Veränderungen können zukünftig mit einfacher Mehrheit der Eigentümerversammlungen beschlossen werden. Zahlen müssen dann nur diejenigen, die mit Ja gestimmt haben. Klingt einfach, dürfte aber in der Praxis – wie bisher – viel Überzeugungsarbeit durch engagierte Verwalter erfordern. Es gibt zwei Ausnahmefälle, bei denen die Kosten doch wieder auf alle Eigentümer, also auch auf die Nein-Sager, verteilt werden dürfen: wenn sich die Maßnahme (in der Regel binnen zehn Jahren) amortisiert oder wenn die Eigentümerversammlung eine Maßnahme mit einer Mehrheit beschließt von mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile, sofern die Kosten nicht unverhältnismäßig hoch sind. Das klingt dann doch wieder nach Endlosdiskussionen und viel Streit. Halten wir also fest: Auch ein besseres Gesetz muss durch Kompetenz, Kommunikation und Verhandlungsgeschick mit Leben erfüllt werden.
Übrigens kann jeder Wohnungseigentümer auf seine Kosten bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums verlangen, die der Barrierefreiheit, der E-Mobilität, dem Einbruchschutz oder dem Zugang zu schnellem Internet dienen. Er muss dann alles selbst aus eigener Tasche bezahlen.
Hoffentlich ebnen die vereinfachten Abstimmungsquoren tatsächlich den Weg hin zur Modernisierung von WEG-Immobilienbeständen und zu mehr Klimaschutz. Denn es gibt wirklich ermutigende Beispiele, die technisch und wirtschaftlich überzeugen, wie unser Special ab Seite 23 eindrücklich zeigt. Eine Hamburger Genossenschaft wandelt ein altes Wohnquartier mit über 800 Haushalten in ein klimapolitisches Vorzeigeprojekt, durch ein integriertes, dezentrales Energiekonzept und den Einsatz von Blockheizkraftwerken, Wärmepumpe, Solarthermie und Wärmespeicher. Das kostet Millionen, aber ungleich weniger als eine „Dämmung der Gebäude nach Schema F“. Und trotz des Aufwands kann die Genossenschaft die Mieten stabil halten.
Von auf Jahre konstanten Pauschalmieten, die sämtliche Betriebskosten beinhalten, handelt unser Beitrag über das Sonnenhaus einer Genossenschaft in Wilhelmshaven. Drei Viertel der erforderlichen Energie produziert das Solargebäude selbst und erreicht damit ein hohes Maß an Autarkie. Wir haben den Vorstand nach den kaufmännischen Ergebnissen gefragt. Ist eine Pauschalmiete (im Neubau) von 10,50 Euro (Nettomiete, Heizung, Strom, E-Mobilität) nach zwei Jahren Vermietungspraxis auskömmlich? Diese und andere Antworten lesen Sie im Bericht ab Seite 26.
Thomas Engelbrecht
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