Wird Corona die Strukturen dauerhaft verändern?

Homeoffice könnte Büroimmobilien-Märkte schwächen

Eine offensichtliche Folge der Corona-Krise ist die Verlagerung der Büroarbeit ins Homeoffice. Wie wird sich das auf den Markt für Büro-Immobilien auswirken? Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum, beschreibt zwei Szenarien.

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Büroimmobilien haben Zukunft, denn ohne Austausch im Team gibt es weniger kreative Ideen. Bild: Adobestock/Contrastwerkstatt
Büroimmobilien haben Zukunft, denn ohne Austausch im Team gibt es weniger kreative Ideen. Bild: Adobestock/Contrastwerkstatt

Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO aus dem Jahr 2017 arbeitete die Mehrzahl der Bürobeschäftigten im Einzelbüro und rund 30 Prozent in Gruppenbüros von drei bis 20 Personen. Ein flexibles Arbeitskonzept hatten nur vier Prozent der befragten Arbeitnehmer. In den letzten Jahren hat sich der Anteil der Mitarbeiter leicht erhöht, die ganz oder teilweise im Homeoffice arbeiten. Da die konkreten Effekte nicht bestimmbar sind, wird üblicherweise mithilfe von Szenarien gearbeitet, sodass unterschiedliche Pfade in eine ungewisse Zukunft analysiert werden können. Im Folgenden werden zwei konträre Szenarien dargestellt, wie sich nach dem Ende der Pandemie die Arbeit im Homeoffice weiterentwickeln kann.

Szenario 1: massiver Anstieg von Homeoffice-Arbeitsplätzen

Beim Szenario 1 wird angenommen, dass es eine Rückkehr zur Arbeitswelt vor Corona nicht geben wird und zu einem massiven Anstieg der Homeoffice-Arbeitsplätze kommt. Die Corona-Krise würde demnach einen langfristigen Wandel hin zur Arbeit außerhalb des Büros anstoßen. Während der Pandemie haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vorteile der Heimarbeit zu schätzen gelernt und führen sie weiter. Vor der Pandemie ging die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) davon aus, dass in Deutschland weniger als fünf Prozent der Arbeitnehmer permanent von zu Hause arbeiten. Dieser Anteil würde aufgrund der guten Erfahrungen auf durchschnittlich rund 25 Prozent in den Industrieländern ansteigen. Auch in Deutschland wird eine ähnliche Entwicklung gesehen, da hier die notwendige informationstechnologische Infrastruktur in Form einer (relativ) guten Internetanbindung und PC-Verfügbarkeit derartige Tätigkeiten ermöglicht. Auch sind aufseiten der Arbeitnehmer die entsprechenden Voraussetzungen gegeben, die überhaupt Homeoffice ermöglichen. Es wird mit einem Sprung und einem deutlich höheren Niveau von Heimarbeit gerechnet; man geht häufig davon aus, dass mittelfristig 20 bis 30 Prozent der Arbeitsplätze ins Homeoffice verlegt werden.

Szenario 2: Homeoffice schrumpft fast auf Vorkrisenniveau

In Szenario 2 wird unterstellt, dass die Krise zwar den strukturellen Trend zum Homeoffice verstärkt, dies aber ausgehend von einem relativ niedrigen Vorkrisen-Niveau. Es wird ebenfalls nur mit einer leicht höheren Dynamik gerechnet, da verschiedene Faktoren den Einsatz von Heimarbeit begrenzen. Während zunächst zu Beginn der Krise viele Arbeitnehmer vollständig von zu Hause arbeiteten (rund 30 Prozent), schrumpfte dieser Anteil bis Mitte Mai schon wieder auf unter zehn Prozent. Heimarbeit stellt aufgrund der räumlichen und technischen Anforderungen keine generelle Alternative dar. Ebenso ist ungeklärt, wer die Kosten des Heimarbeitsplatzes trägt, sodass die Unternehmen eventuell zusätzliche Kosten durch zwei zu finanzierende Arbeitsplätze haben.

Während der Pandemie ist ebenso offensichtlich geworden, dass auch technische Defizite vorhanden sind und in vielen Fällen die Vorteile der persönlichen Kommunikation geschätzt werden. Faktoren wie optimierte Arbeitsbedingungen und Gemeinschaftsgefühl sind nicht zu unterschätzen. Kreative Ideen lassen sich in der Vereinzelung nur schwer entwickeln. Die Effizienz von Projektarbeiten leidet. Weiterhin gibt es Bedenken hinsichtlich der richtigen Behandlung vertraulicher Informationen und möglicher Sicherheitsregelungen ebenso wie arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen („kein Arbeiten am Küchentisch“).

Der Vermietungsmarkt

Im Szenario 1 würde die Verlagerung der Bürotätigkeit nach Hause zum wesentlichen Einflussfaktor für die zukünftige Nachfrage. Von einem relativ niedrigen Niveau aus würde der Anteil der Home-Beschäftigung stark ansteigen, was zu entsprechenden Konsequenzen für die Büronachfrage führt. Allerdings wird auch in diesem Szenario das Büro in Zukunft weiterhin der übliche Arbeitsort bleiben, aber es werden sehr viel mehr Bürobeschäftigte ganz oder teilweise von zu Hause arbeiten.

Die Unternehmen werden demnach ihre Nachfrage nach Bürofläche deutlich reduzieren. Da Homeoffice die Bürotätigkeit nicht vollständig ersetzen kann, sind die Unternehmen gezwungen, ihre Bürokonzepte anzupassen und zu flexibilisieren. Je nachdem wie hoch der Anteil von Heimarbeit an der gesamten Arbeitszeit und die Flexibilität ist, kann dann weniger Fläche angemietet werden. Es ist auch möglich, Flächen freizuziehen. Das würde die Leerstände deutlich erhöhen und die Mieten stark unter Druck setzen.

In Szenario 2 sind keine gravierenden Effekte auf die Büromärkte zu erwarten. Nach der Pandemie kommt es schnell wieder zu einem Rückgang der Homeoffice-Arbeitsplätze – aber eventuell auf einem leicht höheren Niveau als vor der Krise. In der Folgezeit wird mit einem leichten Wachstum beim Homeoffice wie auch schon in den Vorjahren gerechnet, sodass die Auswirkungen auf die Bürovermietungen mehr als begrenzt sind. Wesentlich für die Entwicklung von Leerständen und Mieten wird die konjunkturelle Entwicklung sein. Nach dem Corona-bedingten Einbruch wird wieder mit einem Aufschwung gerechnet.

In Abhängigkeit vom jeweiligen Szenario ist mit einem (massiven) Rückgang (Szenario 1) oder einem gleichbleibenden Flächenbestand (Szenario 2) zu rechnen. Die Auswirkungen des Wirtschaftseinbruchs durch Corona sind hierbei nicht berücksichtigt.

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Investmentmarkt

Die unterschiedlichen Szenarien werden auch ihre Rückwirkungen auf den Immobilien-Investmentmarkt haben. Im Szenario 1 würde der starke Rückgang der Nachfrage mit entsprechend negativen Effekten auf Leerstand und Mieten auch zu drastischen Reaktionen der Investoren führen. Da die Investoren ein höheres Risiko bei gleichzeitig niedriger Rendite befürchten müssen, werden sie ihr Engagement vermutlich deutlich einschränken. Das hätte dann zur Folge, dass neben einem starken Rückgang der Transaktionen auch die Preise massiv unter Druck geraten und die Kaufwerte massiv sinken werden.

Dagegen würden im Szenario 2 (schwacher Trend zum Homeoffice) keine starken negativen Effekte ausgehen. Wie auch vor der Corona-Krise würden die Bedingungen des Finanzmarktes dominieren. Hohe Liquidität und das Niedrigzinsniveau würden weiter das Engagement der Investoren bestimmen und sich entsprechend positiv auf das Transaktionsvolumen und die Preise auswirken.

Fazit

Die zukünftige Entwicklung beim Homeoffice nach der Pandemie ist nur schwer vorherzusehen. Aber je nach Szenario wird dies teilweise weitreichende Auswirkungen für die Bürovermietungs- und -investmentmärkte haben. Tritt Szenario I ein, so müssten Projektentwickler und Investoren ihre Strategie grundlegend überdenken. Szenario 2 geht von einem deutlich niedrigeren Niveau und einer geringeren Dynamik aus, sodass keine wesentlichen Effekte für die Büroimmobilienmärkte zu erwarten sind.

Prof. Günter Vornholz

Prof. Günter Vornholz
ImmobilienResearch, 
Vornholz GmbH
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Artikel Homeoffice könnte Büroimmobilien-Märkte schwächen
Seite 28 bis 29
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