Das Wohnhaus aus dem 3D-Drucker

Kleckern und klotzen

Interessenten konnten im vergangenen Jahr die Entstehung des hierzulande ersten Wohnhauses im 3-D-Betondruck-Verfahren live verfolgen. Heute noch Modellprojekt, morgen vielleicht schon ein Selbstläufer. Die Digitalisierung macht‘s möglich und ist zugleich Voraussetzung – nicht die einzige.

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 Bild: Peri
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Komm, wir drucken uns ein Haus.“ Das könnte zum geflügelten Wort werden, seitdem im vergangenen Jahr das erste Haus im 3-D-Betondruck im westfälischen Beckum bezugsfertig wurde. Entworfen am Computer und von dort ohne Umwege mit dem Roboter dreidimensional „gedruckt“. Ein weiteres Haus in dieser Bautechnologie entstand fast zeitgleich in Bayern. „Wir waren etwas schneller und damit bundesweit als Erste am Start, weil wir eher wussten, wie man eine Ausnahme-Baugenehmigung für ein Haus aus dem Drucker bekommt“, sagt Architekt Waldemar Korte vom Büro Mense + Korte Ingenieure + Architekten. „Dafür können die Bayern in diesem kleinen Wettlauf für sich in Anspruch nehmen, das größere Haus gedruckt zu haben.“Im Rahmen von Einzelfallentscheidungen der obersten Bauaufsicht mussten insbesondere Kennwerte zur Bestimmung der Standsicherheit definiert werden, informiert das NRW-Bauministerium über das Modellprojekt in Beckum. Dazu fanden in der TU München zahlreiche Materialprüfungen statt. Besonders herausfordernd: Es muss immer „Nass-in-Nass“ gedruckt werden.

Schicht auf Schicht

Die Animation auf der Website des Architektenbüros von Waldemar Korte veranschaulicht den Druckprozess. Für Laien verbindet sich das bildlich vielleicht mit ihrer Sandkastenzeit oder dem Kleckerburgenbau am Meer Schicht um Schicht. „Genau so ist es im Grunde, nichts anderes“, bestätigt der Architekt. „Das Verfahren basiert darauf, dass man einzelne Schichten aufeinander ablegt. Das geht natürlich nur mit einem Spezialmörtel. Denn die Schichten müssen relativ schnell formstabil sein, damit die untere Schicht nicht unter der folgenden zusammensackt.“ Vereinfacht gesagt, brauchte man dickflüssiges Material – das hier verwendete „i.tech 3D“ wurde von der Heidelberg Cement AG speziell für den 3D-Druck entwickelt.

Der Spezialmörtel wird in sogenannten Druckspuren von sechs Zentimeter Breite abgelegt, samt Aussparungen für Steckdosen und Leitungen. Das übernimmt ein Roboter auf Schienen, aus dessen Düse der Mörtel kommt – vergleichbar einem Drucker. Auf diese Weise entstehen mehrschichtige Wandaufbauten, die untereinander mit Edelstahlankern verbunden werden. „So sind wir in der Lage, sehr schlank zu bauen, in unserem Falle sechs Zentimeter massiv in der Fassade“, erläutert Korte. „Herkömmlicherweise – wenn wir mit Verblendern wie zum Beispiel Klinkerstein arbeiten – sind es 11,5 Zentimeter. Der normale Massivbau hätte zwölf Zentimeter. Die tragenden Innenwände beziehungsweise die tragende Struktur der Außenwände sind bei unserem Verfahren teilweise zwölf Zentimeter stark, bei herkömmlichen Bauweisen nicht unter 17,5 Zentimeter.“ Was, wie er betont, nicht nur Kosten spare, sondern unterm Strich auch den Kohlendioxidausstoß bei der Baustoffherstellung reduziere.

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In der Animation ist das Gebäude aus dem Drucker ruckzuck fertig. „In Echtzeit fahren wir vor Ort mit einer Geschwindigkeit von 40 Zentimeter pro Sekunde“, so Korte. Das sei schon relativ flott und ein komplettes Geschoss einschließlich Fassade und aller Zwischenwände so tatsächlich in 50 Druckstunden beziehungsweise in sechs Tagen zu schaffen. In herkömmlicher Bauweise bräuchte man bei einer vergleichbaren Gebäudegeometrie etwa doppelt so lange. Bei Maximalgeschwindigkeit ist der Drucker nach seinen Angaben in der Lage, einen Quadratmeter Wand in fünf Minuten herzustellen. Die Betondruckmaschine fährt dabei ähnlich wie ein Portalkran an einer Schiene über die Baustelle. „Im Unterschied zu diesem kann sie das aber auch in der Z-Richtung, das heißt hoch- und runterfahren“, erläutert Korte.

Noch eine Schippe drauf

Mit dem Zweigeschosser von rd. 160 Quadratmetern in Beckum habe man auch im internationalen Vergleich noch eine Schippe drauflegen können. „Das gibt es in dieser Technologie auf der Welt noch nicht so häufig“, zeigt sich der Architekt zufrieden. Meist seien es eingeschossige Bungalows um die 60 qm, die in diesem Verfahren entstehen. „Wir können damit ebenso gut Mehrfamilienhäuser bauen.“ Der modular erweiterbare Drucker könne beliebig lang drucken sowie bis 15 Meter breit. „In der Höhe können wir momentan auf drei Geschosse gehen. Das ist ein Großteil dessen, was wir aus der Baubranche kennen.“

Carla Fritz

Carla Fritz
freie Journalistin
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Artikel Kleckern und klotzen
Seite 40 bis 41
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