Armut, Lärm, Schmutz, Kriminalität

Mieter mit weniger Sorgen

Im Rahmen des Mikrozensus 2018 hat das Statistische Bundesamt ermittelt, wie stark das Wohnen und die Wohnlage die Menschen in finanzieller und sozialer Hinsicht belasten.
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 Bild: Pixabay/Pexels
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Es verwundert nicht, dass armutsgefährdete Haushalte sich vielfach in einer prekären Situation befinden. Allerdings hat sich die Lage für alle Haushalte leicht entspannt. Häufig sind Haushalte durch hohe Mietkosten belastet. Ausmaß und Wirkungen sind vor allem von der Haushaltsgröße und der Höhe des Haushaltseinkommens abhängig und können bei entsprechendem Umfang Einschränkungen in den verschiedensten Lebensbereichen zur Folge haben. Weiterhin sind Belastungen durch das Wohnumfeld (Lärm, Schmutz, Kriminalität, Verwahrlosung) möglich. Sie lassen sich nicht immer oder nur bedingt quantifizieren. Stärke und Ausmaß einzelner Belastungen sind oftmals vom subjektiven Empfinden der Haushalte abhängig.

Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen

Bei der Bevölkerung insgesamt lag der Anteil 2019 bei 25,9 Prozent und zeigte nach zahlreichen Schwankungen ab 2017 eine sinkende Tendenz. Hier wirken sich Wohn- und Kindergelderhöhungen aber auch das Wachstum der Löhne und Gehälter aus. Bei der armutsgefährdeten Bevölkerung lag der Anteil jedoch bei 49,0 Prozent, machte also fast das Doppelte aus.

Den geringsten Anteil haben die Wohnkosten am Haushaltseinkommen bei den nicht armutsgefährdeten Haushalten mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern und den höchsten bei armutsgefährdeten Haushalten von Alleinlebenden. Unter diesen dürfte der Rentneranteil sehr hoch sein. Eine Überlastung war bei 13,9 Prozent der Bevölkerung insgesamt und 48,3 Prozent der armutsgefährdeten Bevölkerung zu verzeichnen.

Belastungen durch Wohnkosten

Ausmaß und Wirkungen der finanziellen Belastungen können in Abhängigkeit von den jeweiligen Rahmenbedingungen unterschiedlich empfunden werden. Keine Belastung empfanden 2015 insgesamt 26,9 Prozent der Haushalte. Bis 2019 wuchs der Anteil dieser Haushalte auf 30,9 Prozent. Bei armutsgefährdeten Haushalten trat ebenfalls eine Verbesserung ein. Der Anteil, der keine Belastung empfand, erhöhte sich von 20,8 auf 25,0 Prozent.

Eine „gewisse Belastung“ durch die Wohnkosten empfanden im Jahr 2015 58,9 Prozent der Haushalte, bis 2019 sank der Anteil auf 57,0 Prozent. Bei armutsgefährdeten Haushalten wuchs dagegen der Anteil von 52,7 auf 53,1 Prozent.

Eine „große Belastung“ waren die Wohnkosten 2015 für 14,2 Prozent der Haushalte insgesamt, bis 2019 ging dieser Anteil auf 12,1 Prozent zurück. Noch stärker war der Rückgang bei armutsgefährdeten Haushalten, von 26,5 auf 21,9 Prozent.

Wohnkostenanteil und Überlastung

Der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen ist insgesamt von 2015 bis 2019 von 27,3 Prozent auf 25,9 Prozent zurückgegangen. Für die armutsgefährdeten Haushalte gab es einen Rückgang von 51,2 auf 49,0 Prozent. Zu den Haushalten, die durch Wohnkosten überbelastet sind, zählen solche, die mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens für Wohnkosten aufbringen müssen. Bei den Haushalten insgesamt sank dieser Anteil im betrachteten Zeitraum von 15,6 auf 13,9 Prozent, bei den armutsgefährdeten von 51,9 auf 48,3 Prozent.

Belastungen durch Zahlungsrückstände

An dieser Stelle wird auf Zahlungsrückstände bei Hypotheken- und Mietzahlungen sowie bei Versorgungsbetrieben (Strom, Gas, Wasser) eingegangen. Der Anteil der Haushalte mit Rückständen bei Hypotheken und Mietzahlungen an den Haushalten insgesamt sank von 2015 bis 2019 von 2,2 auf 1,4 Prozent. Auch bei den armutsgefährdeten Haushalten sank der Anteil derjenigen mit Zahlungsrückständen, von 5,8 auf 3,5 Prozent und ist damit immer noch doppelt so hoch wie bei den Haushalten insgesamt. Der Anteil der Haushalte, die bei Versorgungsbetrieben Zahlungsrückstände aufweisen, verminderte sich insgesamt 4,0 auf 2,2 Prozent und bei den armutsgefährdeten von 10,1 auf 5,2 Prozent. Viele Haushalte reduzieren also ihre Schulden eher bei Versorgungsbetrieben als bei Vermietern und Banken.

Belastungen durch das Wohnumfeld

Das größte Gewicht hat die Lärmbelästigung. Von 2015 bis 2019 gab es insgesamt einen Anstieg der belasteten Haushalte von 25,8 auf 27,8 Prozent. Armutsgefährdete Haushalte sind wesentlich stärker belastet. 2015 waren es 34,9 Prozent dieser Haushalte. Bis 2019 trat eine geringe Verringerung auf 33,3 Prozent ein.

Umweltverschmutzung und -belastung durch Industrie, Straßen- oder Flugzeugverkehr ist insgesamt von 23,4 auf 25,2 Prozent angewachsen. Noch höher war der Anstieg bei armutsgefährdeten Haushalten, von 28,3 auf 29,2 Prozent.

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Durch Kriminalität, Gewalt und Verwahrlosung können sich im Wohnumfeld erhebliche Belastungen und Gefährdungen ergeben. Insgesamt waren hierdurch 2015 13,8 Prozent der Haushalte betroffen und 2019 13,1 Prozent. Bei den armutsgefährdeten Haushalten waren es 19,8 bzw. 18,6 Prozent.

Mit dem Wohnen verbundene Belastungen treffen Haushalte in verschiedenem Maße. Besonders stark sind armutsgefährdete Haushalte belastet. Das gilt sowohl in finanzieller Hinsicht als auch im Hinblick auf die Beschaffenheit des Wohnumfeldes. Das Wachstum der Einkommen und soziale Transfers führten zu Verbesserungen. Trotzdem bestehen nach wie vor viele Probleme. In den Bereichen des Wohnumfeldes sind trotz einiger Fortschritte noch zahlreiche Verbesserungen notwendig. Hier sind auch die Wohnungsunternehmen gefragt. Auch wenn die Entwicklung insgesamt positive Ergebnisse erbrachte, ist infolge der Corona-Pandemie mit neuen Problemen zu rechnen.

(Armutsgefährdet sind Haushalte, deren Einkommen unter 60 Prozent des medianen Äquivalenzeinkommens liegt. Das ist das Einkommen aller Haushaltsmitglieder, gewichtet mit den aus unterschiedlichen Haushaltsstrukturen resultierenden Effekten.)

Quellen: Mikrozensus 2018, Statistisches Bundesamt, veröffentlicht in „Leben in Europa“ (EU – SILC); Eurostat-Datenbank

Dr. Wolfgang Lange

Dr. Wolfgang Lange
Dipl.-Ökonom, freier Autor
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