So bereitet sich die gwg wuppertal auf 2045 vor
Gegründet 1937, bewirtschaftet die gwg heute rund 5.600 Wohnungen, rund 40.500 Quadratmeter Gewerbeflächen und 49 Spielplätze. Motiviert sowohl durch den internen Wunsch, die Quartiere nachhaltiger zu gestalten, als auch durch den äußeren Druck der gesetzlichen Klimaziele ging das Unternehmen 2023 das Projekt „Klimaneutral bis 2045“ an. „Wir als gwg sind schon seit langer Zeit dabei, unser Portfolio auf die Klimaneutralität auszurichten. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Ziele bis 2045 haben wir das Thema dann 2023 noch mal ganz bewusst unter die Lupe genommen“, sagt Oliver Zier, Geschäftsführer der gwg.
Um eine umfassende Klimastrategie zu erstellen, wandte sich das Unternehmen an das Beratungs- und Planungsbüro Ampeers Energy als Partner.
So wurde die Klimastrategie für die gwg Wuppertal erstellt
Als die Zusammenarbeit begann, wurde bei Ampeers Energy ein Team rund um die Projektleitung erstellt. So war zum Beispiel sowohl ein Mitarbeiter für die Wirtschaftlichkeit zuständig als auch ein Mitarbeiter für die Simulation des Portfolios. Dieses Team erstellte dann gemeinsam mit der gwg in vier Schritten eine ganzheitliche Klimastrategie.
Im ersten Schritt wurde die Datengrundlage zusammengestellt. Das bedeutet, der Energieverbrauch und der daraus resultierende CO2-Fußadruck wurden berechnet und im Dashboard von Ampeers Energy aufbereitet. „Alle Daten zusammenzustellen und zu strukturieren hinsichtlich der Warmwasser-Erzeuger und der Heizanlagen ist uns am schwersten gefallen. Die Daten lagen bei uns in verschiedenen Excel-Tabellen in mehrfacher Ausführung an unterschiedlichen Orten und mit zum Teil abweichenden Werten vor“, erzählt Ina Twardowski, Referentin für Nachhaltigkeitsmanagement bei der gwg. „Der Moment, als alle Daten im Dashboard waren und wir unseren CO2-Fußabdruck gesehen haben, war dann ein echtes Highlight für uns“, führt Twardowski aus.
Der zweite Schritt war die Konzeptentwicklung. In der Konzeptentwicklung werden Referenzobjekte aus dem Portfolio betrachtet und Modernisierungskonzepte technisch, wirtschaftlich und ökologisch durchgespielt. Bei der gwg Wuppertal wurden so rund 700 Hauseingänge betrachtet.
„Wir haben geschaut, welche technischen Konzepte Sinn ergeben, was diese kosten und haben dabei auch bedacht, was diese zukünftig im laufenden Betrieb kosten würden“, erklärt Dr. Jörg Kruhl, Leiter des Projektes bei Ampeers. „So kennen wir sowohl die Kosten als auch die Erlösmöglichkeiten des Portfolios“, führt Kruhl weiter aus.
Im dritten Schritt musste dann entschieden werden, mit welchen Gebäuden oder Quartieren die gwg Wuppertal anfangen soll. Um diese Entscheidung zu treffen, seien verschiedene Kriterien wichtig, erklärt Kruhl: „Die Kriterien sind idealerweise eine Kombination aus wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren. Dafür arbeiten wir mit den CO2-Vermeidungskosten.“
Anhand der CO2-Vermeidungskosten wurden bei der gwg also die verschiedenen Maßnahmen in eine Reihenfolge gebracht und priorisiert. Als Vergleich: Die Priorisierung nach CO2-Vermeidungskosten erspart der gwg Wuppertal in der momentanen Klimastrategie im Vergleich zu der Priorisierung nach Alter der Heizungen zwölf Millionen Euro.
Als Ergebnis der drei Schritte ergibt sich bei der gwg heute eine konkrete Projektreihenfolge für die nächsten 20 Jahre. Der Fokus liegt dabei besonders auf den kommenden zwei bis fünf Jahre. Konkret stehen sowohl die Projekte fest als auch die wirtschaftlichsten Technologien und die Potenziale von Photovoltaikanlagen und Mieterstrommodellen.
Finanzierbarkeit hat oberste Priorität
Der Fokus der gwg lag gleich zu Beginn des Projektes darauf, eine wirtschaftliche Lösung für die Umsetzung der Dekarbonisierung zu finden. Und das nicht ohne Grund: Viele Unternehmen in der Wohnungswirtschaft sehen die Finanzierung der Maßnahmen als größtes Hemmnis auf dem Weg zur Klimaneutralität. „Bei der Erfüllung der Klimaschutzvorgaben ist die Finanzierbarkeit aus unserer Sicht die größte Herausforderung“, bestätigt Wolfgang Renner, Ressortleiter Portfoliomanagement und Finanzierung bei der gwg. Die zentrale Frage war deshalb, wie das Investitionsvolumen abgesichert werden kann. „Die gwg Wuppertal hat aus unserer Sicht sehr vorbildlich die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen in den Mittelpunkt gestellt. Gemeinsam haben wir es geschafft, die Gebäude zu priorisieren, bei denen der eingesetzte Euro am meisten CO2-Emissionen einspart“, sagt Kruhl. „Es muss ein Verhältnis geben aus den Kosten und Investitionen auf der einen Seite und dem Fortschritt, also der Reduzierung der CO2-Emissionen, auf der anderen Seite“, bestätigt auch Oliver Zier.
Ina Twardowski hat außerdem noch einen ganz praktischen Hinweis: „Ich würde anderen Unternehmen raten, sich gut vorzubereiten und vor so einem großen Projekt Daten digital zu sammeln.“
Die Ergebnisse der Klimastrategie: Das steht unterm Strich
Durch die aufgesetzte Klimastrategie kann der CO2-Ausstoß von 11.300 Tonnen CO2 pro Jahr auf 18 Tonnen im Jahr 2045 reduziert werden. Der Hebel dafür ist einerseits die Wärmedämmung und Anlagentechnik und andererseits der Einsatz von Ökostrom. Gemeinsam wurden dabei sechs zentrale Konzepte definiert, mit denen die komplette Umsetzung gelingen kann. Eines davon ist die Luft-Wasser-Wärmepumpe, die zu 75 Prozent eingesetzt wird.
Die errechneten Investitionskosten liegen bei 143 Millionen Euro brutto ohne Förderungen. 57 Prozent des Geldes fließt dabei in die Wärmedämmung. 37 Millionen Euro können potenziell durch Förderungen zurückgeholt werden, was die Investitionskosten unterm Strich auf 106 Millionen Euro senkt. Auf dem Klimapfad bis 2045 muss die gwg jährlich 14.500 Quadratmeter modernisieren mit einem Investment von jeweils 6,8 Millionen Euro.
Angesichts der enormen Investitionen richtet sich der Blick der gwg nun auf die Refinanzierung durch Einnahmen aus Mieterstrommodellen und Photovoltaikanlagen.
„Wir brauchen für die Finanzierung auf jeden Fall auch Ideen für neue Geschäftsmodelle. Klassisch gehen wir in der Wohnungswirtschaft davon aus, dass wir über das Vermieten unsere Investitionen amortisieren. Das wird in Zukunft meiner Meinung nach nicht reichen“, erklärt Zier. Er führt weiter aus: „Wir machen uns gerade Gedanken über das Thema Mieterstrom als zusätzlichen Beitrag zur Refinanzierung der Maßnahmen für die Klimaneutralität.“
Die Roadmap steht, Investitionen höher als geplant
Heute steht die gwg vor der nächsten großen Aufgabe: Die Umsetzung der Maßnahmen und den damit verbundenen Investitionen. „Die gemeinsam erstellte Roadmap führt uns zum Ziel Klimaneutralität 2045. Wir haben allerdings festgestellt, dass die Investitionsvolumina höher sind als ursprünglich geplant. Wir sind darauf angewiesen, dass in den nächsten Jahren Veränderungen, neue Regelungen und Innovationen eintreten, die uns helfen, die Investitionsvolumen zu senken“, führt Zier aus.
Trotzdem ist das Unternehmen froh, einen Fahrplan zu haben. Zier erklärt: „Wir sind der Überzeugung, wir müssen uns jetzt auf den Weg machen und sehen dann unterwegs, wo wir noch Anpassungen vornehmen müssen.“
Grundlagen der Strategie
Die Daten lagen bei uns in verschiedenen Excel-Tabellen in mehrfacher Ausführung an unterschiedlichen Orten und mit zum Teil abweichenden Werten vor.
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Ina Twardowski
Nachhaltigkeitsmanagerin bei der gwg
Gemeinsam haben wir es geschafft, die Gebäude zu priorisieren, bei denen der eingesetzte Euro am meisten CO2 einspart.
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Dr. Jörg Kruhl
Projektleiter Ampeers Energy
In Zukunft brauchen wir neue Geschäftsmodelle, die über das Vermieten hinausgehen.
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Oliver Zier
Geschäftsführer gwg Wuppertal
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