Störung der Geschäftsgrundlage
Zum zweiten harten Lockdown heißt es im Beschlusspaket des Gesetzgebers, dass behördliche Auflagen sowohl „erhebliche (Nutzungs-) Beschränkungen“ als auch „eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage“ darstellen. Das ist der Hinweis an Gewerbemieter auf den § 313 BGB „Störung der Geschäftsgrundlage“. Dieser legt fest: Haben sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert, so kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden. Gewerbemietern soll es erleichtert werden, Gewerbemietverträge wegen einer coronabedingten Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen.
Kein Automatismus für Mietminderung
Wichtig ist, dass die Gesetzesänderung lediglich die Vermutung aufstellt, dass sich durch Corona die realen Grundlagen des Mietvertrages schwerwiegend verändert haben. Ein Anspruch des Mieters auf Vertragsanpassung ergibt sich allein daraus jedoch noch nicht. Soweit Umsatzausfälle durch staatliche Hilfsprogramme kompensiert werden, ist dem Mieter ein Festhalten am unveränderten Gewerbemietvertrag zumutbar. Eine Vertragsanpassung kommt im Übrigen auch nur in Betracht, sofern das wirtschaftliche Gleichgewicht der Vertragsparteien gewahrt bleibt.
„Falsche Versprechungen führen zu mehr Rechtsstreit“
Die Klarstellung des Gesetzgebers wird von BFW-Präsident Andreas Ibel mit scharfen Worten kritisiert. „Jetzt klarstellende, fast kosmetische Rechtsänderungen vorzunehmen ist äußerst leichtsinnig. Das Herumdoktern am BGB wird Fehlinformationen und Fehlinterpretationen zur Folge haben. Insbesondere, da Mietzuschüsse gezahlt werden, bleibt die Mietzahlungspflicht in vollem Umfang erhalten.“ Mit falschen Versprechungen treibe der Gesetzgeber die Parteien in Gewerbemietrecht vor die Gerichte.
Auch IVD-Präsident Jürgen Michael Schick mahnt Gewerbemieter zum Realismus. Mit der Klarstellung schaffe der Gesetzgeber keine neue Grundlage, die den Gewerbemieter dazu berechtigt, die Miete zu mindern. Es solle lediglich darauf hingewiesen werden, dass es die Vorschrift des § 313 BGB gibt und diese infolge coronabedingter Schließungen zur Anwendung kommen könne. Schick wörtlich: „Mit der Festlegung auf § 313 BGB hat der Gesetzgeber auch klargestellt, dass eine einseitige Mietminderung durch den Mieter gerade nicht in Betracht kommt. Vielmehr sollen Mieter und Vermieter über eine Anpassung des Mietvertrages verhandeln.“
Vielfach Einigung auf geringere Gewerbemiete
Bereits Anfang Dezember, also im Vorfeld der gesetzlichen Klarstellung zur Störung der Geschäftsgrundlage, hatte der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) versucht, Einfluss auf die seiner Auffassung nach „unsinnige Diskussion“ um § 313 zu nehmen. Der ZIA veröffentliche die Analyse von 12.000 Mietverhältnissen bei Verbandsmitgliedern, die über Geschäfte in deutschen Innenstädten und in Shopping-Centern verfügen. Anfang Dezember habe es demnach bei lediglich 10 Prozent der Verträge noch keine gütliche Einigung mit den Gewerbemietern gegeben. Mit rund 50 Prozent der infolge der Corona-Krise betroffenen Händler sei eine Mietreduzierung vereinbart worden. Die Spanne reiche von 50 Prozent für die Zeit des Lockdowns bis hin zu mehreren Monaten für einzelne Kinos und Gastronomiebetriebe. Bei etwa 36 Prozent brauchte man über Mietreduzierungen nicht zu sprechen, da sie geöffnet hatten und entsprechende Umsätze erzielten (Lebensmittelhändler, Drogeriemärkte, Apotheken. etc.). Der Kommentar von ZIA-Präsident Andreas Mattner: „Vermieter haben ein ureigenes Interesse daran, Mieter zu halten und diesen durch die Krise zu helfen. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft und individuelle Lösungen sind der Schlüssel, um diese wirtschaftlich schwierige Zeit zu überstehen.“ (Red.)
Redaktion (allg.)

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