Gewerbeimmobilien-Eigentümer müssen den öffentlichen Verkehrsraum sicher gestalten
Laut Verkehrssicherungspflicht, die sich aus dem Deliktsrecht (§ 823 BGB) ergibt, haften Immobilienbesitzer, die ihre Pflichten zur Sicherung des öffentlichen Verkehrsraumes verletzen und dadurch Schäden verursachen. Auch wenn im gewerblichen Mietrecht zunächst die gleichen Grundsätze wie im Verbrauchermietrecht gelten, kommen hier noch Anforderungen on top. Warum? Sobald eine große Anzahl von Personen die Wege nutzt, erhöhen sich die Risiken von Unfällen auf den Verkehrsflächen erheblich. Gewerbeimmobilien-Eigentümer müssen deshalb in stark frequentierten Bereichen eine höhere Sorgfalt walten lassen.
Zusätzliche Risiken ergeben sich durch Liefer- und Schwerlastverkehr: Fahrzeuge können Wege beschädigen oder durch Laubbefall und Schnee in gefährliche Situationen geraten. Die Sicherungspflichten des Eigentümers erstrecken sich daher nicht nur auf die Gehwege, sondern auch auf betriebliche Zufahrtswege und Parkplätze. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil1 vom Oktober 2022 und machte einen Möbelhausbetreiber haftbar, der seine Winterdienstpflicht auf dem Kundenparkplatz nicht erfüllt hatte und damit die Sturzgefahr erhöhte.
ESG-Richtlinien und die Verkehrssicherung an Gewerbeimmobilien: zu sicher kommt nachhaltig hinzu
Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) muss die Immobilienbranche ab 2025 umfassende ESG-Berichte vorlegen. Diese gehen über bisher geltende Berichtspflichten hinaus: Betreiber von Gewerbeimmobilien dokumentieren in diesem Rahmen ihre Nachhaltigkeitsstrategien und belegen Fortschritte bei Energieverbrauch, Verkehrssicherheit und Emissionsreduktion. Dies bedeutet im Kontext Winterbetrieb ein dickeres Pflichtenheft.
Im Rahmen der Verkehrssicherung müssen Betreiber von Gewerbeimmobilien Maßnahmen treffen, die sowohl Unfälle vermeiden als auch Nachhaltigkeitskriterien einhalten. Ganz konkret geht es dabei um den Einsatz umweltfreundlicher Streumittel und energieeffizienter Maschinen sowie Technologien für Winterdienste. Beides schlägt sich positiv im ESG-Scoring nieder.
Die Umsetzung der EU-Taxonomie sowie die „Energieeffizienzrichtlinie für Gebäude“ (EPBD) treffen auf das deutsche Gebäudeenergiegesetz (GEG) und führen zu erhöhten Anforderungen an die Energieeffizienz von Gewerbeimmobilien. Diese Regularien enthalten auch neue Mindestanforderungen für die Modernisierung von Bestandsimmobilien. Diese Pflichten zur Nachrüstung von Heizsystemen, zur Dämmung oder zur Nutzung erneuerbarer Energien betreffen maßgeblich auch den Winterbetrieb.
Zudem entschied der Bundesgerichtshof 20232, dass bei Immobilien-Transaktionen alle wesentlichen Details wie geplante Heizungssanierungen offengelegt werden müssen. Dies unterstreicht die Bedeutung von ESG-relevanter Transparenz, etwa hinsichtlich energetischer Sanierungen oder CO2-Emissionen.
„Green Lease Clauses“ halten Einzug in Gewerbe-Mietverträge
"Green Lease"-Klauseln nehmen Mieter und Vermieter gleichermaßen in die Pflicht und beschreiben Vorgaben zur umweltfreundlichen Nutzung einer Immobilie. In puncto Winterdienst sind Verpflichtung des Mieters, keine umweltschädlichen Stoffe gegen Glätte zu nutzen oder Heiz- und Lüftungsabsprachen Beispiele, die in Zukunft greifen können.
Bisher gibt es noch keine spezifischen Urteile deutscher Gerichte, die ESG-Richtlinien direkt mit Verkehrssicherung an Gewerbeimmobilien verknüpfen.
Quelle: Koenen Bauanwälte
Martina Eisinger
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