Von den Herausforderungen eines attraktiven Berufs
„Wer will sich heute noch die Hände schmutzig machen und am frühen Morgen in der Backstube oder auf der Baustelle stehen?“ So etwa lauten die Klagen über den Mangel an Nachwuchs in vielen Handwerksberufen. Die beruflichen Perspekten in Wohnungs- und Immobilienunternehmen sind für junge Menschen offenbar wesentlich attraktiver. Nach Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung wurden in den letzten drei Jahren immer rund 3.100 Ausbildungsverträge mit angehenden Immobilienkaufleuten abgeschlossen. Zum Vergleich: Im Bankengewerbe ist die Zahl der Auszubildenden 2021 gegenüber dem Vorjahr um 10 Prozent gesunken. Die Immobilienwirtschaft wird von jungen Leuten als zukunftsfest angesehen. Und wir dürfen annehmen, dass die große Mehrzahl der Auszubildenden die Voraussetzungen mitbringt, um komplexe Zusammenhänge zu verstehen, denn 73 Prozent der angehenden Immobilienkaufleute haben Abitur oder Fachabitur gemacht. (Bericht Seite 12).
Die Aufgaben, die von heutigen und zukünftigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Wohnungsunternehmen gelöst werden müssen, sind in der Tat komplex. Mit vielen unternehmerischen und bautechnischen Entscheidungen übernehmen die Verantwortlichen in Immobilienunternehmen unweigerlich auch gesellschaftliche und politische Verantwortung. Dafür bietet diese Ausgabe der IVV mehrere Beispiele.
Da sind die Herausforderungen, die der Klimawandel stellt. In ersten Forschungsprojekten wird untersucht, wie einzelne Gebäude aber auch ganze Stadtquartiere an zunehmende Wetterextreme angepasst werden können (Bericht Seite 16). Wie lassen sich Menschen in ihren Wohnungen vor Hitze schützen und welche Antworten gibt es auf Dürre sowie Starkregen? Die Aufgaben, die erledigt werden müssen, heißen: Verschattung, Begrünung und Regenwasser-Bewirtschaftung im Quartier – ohne zusätzlichen Energieeinsatz.
Eine weitere große Aufgabe für ehrgeizige Experten ist die Dekarbonisierung des Gebäudebetriebs. Ein spannender Ansatz ist die „Enttechnisierung“ der Haustechnik. Soll heißen: Der größte Teil von Strom und Wärme wird vom Gebäude selbst produziert mittels einer Ausrüstung von Photovoltaik, Batteriespeicher und Infrarotheizungen. Diesen Ansatz hat jetzt die Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsgesellschaft gewählt (Seite 22).
Auch auf die soziale Frage unserer Tage, der Mangel an Wohnungen in den Ballungszentren, müssen die gut ausgebildetenen Expertinnen und Experten der Branche Antworten finden. Sicherlich noch zehn weitere Jahre benötigt unsere Gesellschaft kreative Lösungen für den zügigen Neubau. Da ist die „Montage“ von Gebäuden mittels vorgefertigter Module sicher im Vorteil. Warum diese Konstruktionsart dennoch nicht der Königsweg ist, zeigt unser Bericht ab Seite 26.
Eine aktuelle Aufgabe, die sich nicht „so nebenbei“ erledigen lässt, sondern Erfahrung und Faktenwissen erfordert (umso mehr je größer der Immobilienbestand), ist die „Erklärung zur Wertermittlung“, die bis spätestens 31. Oktober 2022 bei den Finanzämtern eingegangen sein muss. Das ist die praktische Konsequenz aus der Grundsteuerreform, die eine Neubewertung aller Grundstücke verlangt, weil die Kommunen die Höhe der Grundsteuer neu berechnen müssen (Bericht Seite 45).
Thomas Engelbrecht
Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 318.02 KB |
◂ Heft-Navigation ▸