Anteiliger Anspruch
1. Erfüllt ein Wohnungseigentümer Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft, kommt ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen auch in Gemeinschaften mit Kopfstimmrecht und lediglich zwei Eigentümern nur gegenüber der Eigentümergemeinschaft und nicht direkt gegenüber dem anderen Wohnungseigentümer in Betracht.
2. Der Wohnungseigentümer, der Ersatz seiner Aufwendungen begehrt, muss ggf. im Wege der Beschlussersetzungsklage vorgehen und seine Forderung gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft durchsetzen, die dann ihrerseits über die Kostenverteilung Beschluss zu fassen und den bzw. die Wohnungseigentümer in Anspruch zu nehmen hat.
3. Ein aus einer Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschiedener Eigentümer haftet der Gemeinschaft gegenüber nicht für die Verbindlichkeiten, die zwar während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden und fällig geworden sind, aber über deren Verteilung nicht während seiner Zugehörigkeit Beschluss gefasst wurde.
4. Ob Erwerber, die Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft (anteilig) zu tragen haben, die noch während der Zugehörigkeit des Veräußerers entstanden sind, über die aber erst nach dessen Ausscheiden Beschluss gefasst wurde, von diesem ersetzt verlangen können, richtet sich nach dem Kauf-/Erwerbervertrag.
(Leitsätze des Bearbeiters)
In Wohnungseigentümergemeinschaften, in denen nur zwei Eigentümer existieren, erfolgt die Verwaltung der Gemeinschaft nicht selten anders, als sich dies der Gesetzgeber vorgestellt und geregelt hat. Es fehlt an einem Verwalter, es existiert mitunter noch nicht einmal ein Hausgeldkonto, es erfolgt keine Beschlussfassung etc. Solange sich die Eigentümer zumindest soweit verstehen, dass sie die Instandhaltung- und Instandsetzung und den Zahlungsverkehr, wie auch immer, bewerkstelligen und sich über die Verteilung der Kosten einigen, ist dies kein Problem. Kritisch wird es jedoch dann, wenn diese Einigung nicht mehr erzielt werden kann und ein Wohnungseigentümer zur Meidung von Nachteilen selbst in Vorlage tritt. Ist dann das Stimmrecht so geregelt, dass beide Parteien dasselbe Stimmrecht haben, z.B. bei einem Kopfstimmrecht, besteht eine Pattsituation.Problemstellung
Es stellt sich dann die Frage, ob der Wohnungseigentümer, der seine Aufwendungen erstattet haben möchte, sich direkt an den anderen Wohnungseigentümer oder zunächst an die Wohnungseigentümergemeinschaft und erst diese sich an den anderen Wohnungseigentümer zu halten hat. Zudem stellt sich im Falle des Eigentümerwechsels die Frage, ob der alte Wohnungseigentümer der Gemeinschaft gegenüber haftet, obwohl während seiner Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft noch keine Ausgabe der Gemeinschaft und auch kein Beschluss über die Umlage der Aufwendungen existierte.
Entscheidung
In der betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft mit drei Eigentumswohnungen, gehören dem klagenden Eigentümer zwei Wohnungen und einem anderen die dritte. Es gilt ein Stimmrecht nach Köpfen, sodass eine Pattsituation besteht. Ein Verwalter ist nicht bestellt. Im Jahr 2014 bezahlt der spätere Kläger die Energieversorgungskosten der Gemeinschaft. Über die Kostenverteilung wird kein Beschluss gefasst. Vielmehr verklagt er u.a. direkt den zwischenzeitlich aus der Gemeinschaft ausgeschiedenen Wohnungseigentümer auf Zahlung in Höhe der nach dem Miteigentumsanteil der „dritten“ Eigentumswohnung bemessenen Quote von 41,6 Prozent der Gesamtkosten.
Der beklagte ehemalige Wohnungseigentümer vertritt die Auffassung, dass er weder unmittelbar in Anspruch genommen werden kann noch überhaupt für nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossene Kosten einzustehen habe.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Ein Wohnungseigentümer, der Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft erfüllt, kann grundsätzlich nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht aber von den Wohnungseigentümern Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Ein anteiliger Anspruch nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile scheidet in Ermangelung einer Anspruchsgrundlage aus.
Auch der Umstand, dass es sich um eine Zweiergemeinschaft handelt und aufgrund der Stimmengleichheit eine Beschlussfassung gegen den Willen des anderen Wohnungseigentümers nicht möglich ist, ändert hieran nichts. Zwar wird teilweise vertreten, dass in dieser Situation aus prozessökonomischen Gründen eine direkte Klage ohne den Umweg über die Wohnungseigentümergemeinschaft möglich sei. Dieser Auffassung folgt der Bundesgerichtshof jedoch ausdrücklich nicht.
Prozessökonomische Gründe, d.h. eine vereinfachte Anspruchsdurchsetzung, rechtfertigen es nicht, von den wohnungseigentumsrechtlichen Vorschriften Ausnahmen zu machen. Danach bedarf es zur Umlage von Kosten auf die einzelnen Eigentümer der Beschlussfassung. Leistet ein Eigentümer anstelle der Wohnungseigentümergemeinschaft Zahlungen auf Verbindlichkeiten der Gemeinschaft, muss er erst die Wohnungseigentümergemeinschaft in Anspruch nehmen, die ihrerseits nach Befriedigung dieser Verbindlichkeiten über die Umlage Beschluss zu fassen hat. Wird ein Beschluss nicht gefasst, kann jeder Wohnungseigentümer Beschlussersetzungsklage erheben.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz, so z.B. bei Heizkosten, eine verbrauchsabhängige Verteilung vorsieht und daher bereits nicht auf eine Verteilung nach Miteigentumsanteilen abgestellt werden kann. Auch der Verteilung von Kosten von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen steht ein direkter Anspruch gegenüber anderen Wohnungseigentümern entgegen, dass in den Fällen, in denen diese Maßnahmen ohne Beschlussfassung von einem Wohnungseigentümer durchgeführt wurden, in der Regel ein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der Gemeinschaft ausscheidet. Der Gemeinschaft steht nämlich ein Gestaltungsspielraum zu und es ist gemeinsame Sache, zu entscheiden, welcher Handwerker beauftragt und ob die Maßnahme isoliert oder gemeinsam mit anderen Arbeiten durchgeführt wird. Es kommt daher selbst dann, wenn die Wohnungseigentümer die von einem Eigentümer durchgeführte Maßnahme hätten durchführen müssen, grundsätzlich kein Aufwendungsersatzanspruch in Betracht. Und zwar weder gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft noch gegenüber den anderen Wohnungseigentümern.
Eine Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft erfordert daher ein Zusammenwirken, auch in der Zweiergemeinschaft. Es besteht auch bei den auftretenden Abwicklungsschwierigkeiten kein Unterschied zwischen einer Zweiergemeinschaft mit gleichem Stimmrecht und solchen mit unterschiedlichem Stimmrecht. Auch hier ist der Wohnungseigentümer, der seine Vorstellungen aufgrund fehlender Stimmenmehrheit nicht durchsetzen kann, darauf angewiesen, seine Rechte und Ansprüche gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft durchzusetzen.
Hinzu kommt, dass ein Anspruch gegenüber einem ausgeschiedenen Wohnungseigentümer, für die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstandenen oder fällig gewordenen Verbindlichkeiten der Gemeinschaft, eine Beschlussfassung, mit dem ihm die Kosten anteilig auferlegt werden, während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft erfordert.
Die Jahresabrechnung ist eine reine Einnahmen-Ausgabe-Rechnung. Eine Ausgabe entsteht erst, wenn sie getätigt wird. Im vorliegenden Fall fehlt es bezüglich der vom klagenden Eigentümer für die Gemeinschaft im Jahr 2014 gezahlten Versorgungskosten an einer Ausgabe, da diese Kosten bislang von der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht dem Kläger ganz oder anteilig erstattet wurden. Erst wenn der Verband zahlt, entsteht die Ausgabe, die in der dann aktuellen Jahresabrechnung zu verbuchen ist und von dem neuen Wohnungseigentümer nach entsprechender Umlage und Beschlussfassung anteilig zu erstatten ist. Ob sich die Erwerber bei dem ehemaligen Wohnungseigentümer, von dem sie die Wohnung erworben haben, schadlos halten können, richtet sich nach dem Kaufvertrag.
Konsequenzen
Die Entscheidung entspricht der Gesetzeslage. Das Gesetz differenziert nicht zwischen Zweiergemeinschaften mit gleichem Stimmrecht, mit unterschiedlichem Stimmrecht und auch nicht zwischen Gemeinschaften mit unterschiedlicher Anzahl von Eigentümern. Derjenige, der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft tilgt, muss den „Umweg“ über die Gemeinschaft nehmen. Es ist dann Sache der Wohnungseigentümergemeinschaft, die von ihr geleisteten Zahlungen abzurechnen und sodann Sache der Wohnungseigentümer Beschluss über die Verteilung zu fassen. Kann dies nicht erfolgen, da kein Verwalter existiert und auch kein Beschluss erzielt werden kann, müssen die rechtlichen Mittel ergriffen werden, die das Gesetz dafür vorsieht. In der Regel sind Beschlussersetzungsklagen zu erheben.
Praxistipp
Sobald es in Zweiergemeinschaften ohne Verwalter kriselt, sollten sich die Beteiligten zumindest soweit zusammenraufen und einen externen professionellen Verwalter bestellen. Die Verwaltung kostet zwar Geld, kann aber bereits viel Konfliktpotenzial nehmen. Scheitert auch eine Beschlussfassung über eine Verwalterbestellung, sollte, wie auch bei anderen Maßnahmen, die eines Beschlusses bedürfen, zeitnah der Rechtsweg beschritten werden.
Die Durchführung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen ohne Beschlussfassung erfolgt in der Regel immer auf eigene Rechnung, ohne dass die Gemeinschaft später zum Ersatz der Kosten verpflichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Maßnahme selbst durchführen müsste.
Erwerber von Wohnungseigentum sollten darauf achten, dass im Kaufvertrag eine Regelung dafür enthalten ist, die dem Umstand, dass Verbindlichkeiten auf sie zukommen können, die Vorgänge aus der Vergangenheit betreffen, Rechnung trägt. Der Verkäufer ist in der Regel für solche Verbindlichkeiten nämlich im Innenverhältnis zu den Erwerbern ohne entsprechende Vereinbarung im Kaufvertrag nicht einstandspflichtig.
Das kaufvertragliche Innenverhältnis ist vom wohnungseigentumsrechtlichen Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern und Wohnungseigentümergemeinschaft zu trennen. Beschlussfassungen entfalten nur zwischen den Personen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Eigentümer sind, Wirkung. OS
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