Hausfassade

Die Wohnungseigentümer können mit Stimmenmehrheit beschließen, dass in die Hausfassade integrierte Garagentore anstatt grau blau gestrichen werden.


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Bild: vegefox.com/stock.adobe.com
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Aus den Entscheidungsgründen

I.

Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergesellschaft ..., deren Verwalterin die Beteiligte zu 4) ist. Das Dreifamilienhaus ... wurde in den 70er Jahren errichtet und ist sandfarbig verputzt. Seitlich angebaut sind drei nebeneinander liegende Garagen aus weißen Klinkersteinen mit grau gestrichenen Garagentoren.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 29. Juli 2000 beschlossen die Eigentümer unter TOP 6) mehrheitlich mit zwei stimmen gegen die Stimme des Antragstellers: "Die Verwalterin soll eine Fachfirma beantragen, die im Anschluss an die Ausbesserungsarbeiten die behandelten Bauteile folgendermaßen streicht: Antrag 1): Das Eingangsgeländer, die drei Garagentore und das Gartentor in blau".

Der Antragsteller hat diesen Beschluss fristgerecht angefochten und dazu geltend gemacht, der Beschluss sei aufzuheben, weil er zu unbestimmt sei. Mit der Farbe blau könne jeglicher Blauton gemeint sein. Darüber hinaus sei der Beschluss fehlerhaft, weil ein derartiger hätte einstimmig getroffen werden müssen, denn inhaltlich ziele er auf eine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 WEG ab, durch welche er, der Antragsteller, auch über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt sei.

Der Antragsteller hat beantragt, den unter TOP 6) in der Wohnungseigentümerversammlung vom 29. Juli 2000 gefassten Beschluss: "Die Verwalterin soll eine Fachfirma beantragen, die im Anschluss an die Ausbesserungsarbeiten die behandelten Bauteile folgendermaßen streicht: Antrag 1): das Eingangsgeländer, die drei Garagentore und das Gartentor in blau", für ungültig zu erklären.

Die Antragsgegner haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Nach Ansicht der Antragsgegner ist der gefasste Beschluss nicht zu beanstanden, da es sich bei den in Aussicht genommenen Maßnahmen um solche der ordnungsgemäßen Instandhaltung des Wohnungseigentums gehandelt habe.

Das Amtsgericht Königswinter hat den Antrag durch Beschluss vom 8. 3. 2001 zurückgewiesen. Gegen diesen am 28. 4. 2001 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 10. 5. 2001 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Anfechtungsantrag weiter verfolgt.

II.

Die gemäß § 45 WEG zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat den Anfechtungsantrag zu Recht zurückgewiesen.

Der angefochtene Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht wegen mangelnder Bestimmtheit zu beanstanden. Der Inhalt eines Beschlusses muss klar und bestimmt sein; dabei erfordert das Gebot der inhaltlichen Bestimmtheit, dass der in Bezug genommene Gegenstand mit hinreichender Sicherheit bestimmbar ist (vgl. Bärmann/Pick/Merle, § 23 WEG, Rdnr. 42). Diesen Anforderungen genügt der Beschluss, die Garagentore "blau" zu streichen. Zwar umfasst das Farbspektrum "blau" verschiedene Blautöne. Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft ist insoweit aber als Grundsatzbeschluss auszulegen. Danach bleibt die genaue Farbwahl, ggf. nach einem Probeanstrich mit verschiedenen Farbmustern, einem weiteren Beschluss der Eigentümer vorbehalten.

Der beschlossene blaue Anstrich der Garagentore stellt auch keine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, die nur durch einstimmigen Beschluss möglich wäre, dar. Bauliche Veränderung ist jede auf Dauer angelegte gegenständliche Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, die vom Aufteilungsplan oder früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweicht und nicht mehr im Rahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung oder Instandsetzung liegt (vlg. Bärmann/Pick/Merle, § 22 WEG, Rdnr. 6). Danach gehört der Anstrich eines Garagentores zu den typischen Instandhaltungsarbeiten. Der Anstrich führt grundsätzlich gerade nicht zu einer gegenständlichen Umgestaltung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Antragsteller angeführten Entscheidung des OLG Köln vom 31. 5. 1999, At. 16 Wx 77/99. In dieser Entscheidung ging es um das Aufstellen eines Schrankes in einer Balkonnische, durch den nach Ansicht des Gerichts der optische Gesamteindruck der Fassade spürbar verändert wurde. Im Einklang mit dieser Rechtsprechung geht auch die Kammer davon aus, dass unter bestimmten Umständen auch eine Farbänderung, die den optischen Gesamteindruck der Fassade spürbar verändert, eine bauliche Veränderung darstellen kann (vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, § 22 WEG, Rdnr. 12). Dies würde jedoch voraussetzen, dass die Farbänderung ein besonderes, auf Dauer angelegtes gestalterisches Element beinhaltet. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Zum einen betrifft der beschlossene Blauanstrich nicht die gesamte Hausfassade, sondern nur die drei Garagentore und damit einen untergeordneten Teil der Gesamtfassade. Das Dreifamilienhaus und die Garagen vermitteln bereits in ihrem gegenwärtigen Zustand einen optisch uneinheitlichen Eindruck ,da die Garagentore nicht sandfarbig, sondern grau gestrichen sind, und der Garagenanbau insgesamt moderner wirkt. Zum anderen stellt der beschlossene blaue Farbanstrich anders als etwa eine bildliche Darstellung oder der Anstrich mit einer "schreienden" Farbe keine derart gravierende Farbänderung dar, die den optischen Gesamteindruck der Fassade spürbar verändern würde. Aufgabe des Gerichts kann es nicht sein, über Geschmacksfragen hinsichtlich der Farbgestaltung zu entscheiden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die endgültige Bestimmung eines passenden Blautones einem weiteren Eigentümerbeschluss vorbehalten ist. Im Ergebnis handelt es sich bei dem beschlossenen Anstrich um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG, die mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden konnte.

Die Kostenentscheidung zu den Gerichtskosten beruht auf § 47 S. 1 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller, der mit seiner sofortigen Beschwerde unterlegen ist, die Gerichtskosten aufzuerlegen. Anhaltspunkte dafür, von der allgemeinen Regelung des § 47 S .2 WEG abzuweichen, wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, bestehen nicht.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000 DM.

Gericht: LG BONN
Aktenzeichen: 8 T 108/01

Redaktion (allg.)

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