Aus dem Tatbestand
Die Antragsgegnerin nahm in der Zeit vom 13. bis 21. September
1997 an der ... teil und ließ dort Prospekte verteilen, mit
denen ein "Cerdic Infrarot Sauna" beworben wurde. Dabei handelte
es sich um eine ca. 1 qm große Holzkabine, in deren Inneren
unter Verwendung von Infrarot-Energie ohne Dampfentwicklung Bestrahlungswärme
entwickelt wurde.
Für diese "Infrarot-Sauna" warb die Beklagte mit dem ((nachfolgenden
abgelichteten)) Werbeblatt.
Die Antragstellerin, die nach ihrer Satzung u.a. den Zweck hat,
durch Beteiligung an der Rechtsforschung sowie durch Aufklärung
und Belehrung zur Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs
bei zutragen und unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen, hält
diese Werbung zum einen für irreführend im Sinne des §
3 UWG wegen der Verwendung des Begriffs "Sauna", weil die angebotene
Wärmekabine mit einer Sauna nichts zu tun habe. Die Werbung
mit den angeblichen therapeutischen Vorteilen stelle darüber
hinaus einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz dar.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 20. November 1997 das Verfügungsbegehren
als unbegründet zurückgewiesen.
Wegen des Inhaltes des Urteils im einzelnen wird auf Blatt 51 ff
der Akten verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin form- und fristgerecht
Berufung eingelegt, mit der sie ihr Verfügungsbegehren aus
erster Instanz weiterverfolgt.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages
beantragt die Antragstellerin, unter Abänderung des landgerichtlichen
Urteils die Antragsgegnerin unter Androhung der gerichtlichen Festsetzung
von Ordnungsmitteln für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen,
zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
in Werbeankündigungen oder sonstigen an den Endverbraucher
gerichteten öffentlichen Mitteilungen
a) für eine Wärmekabine mit dem Begriff "Infrarot Sauna"
und/oder
b) außerhalb der Fachkreise mit den Aussagen "Therapeutische
Vorteile: Vermindert Streß, entspannt die Muskeln, lindert
Muskelschmerzen, hilft beim Abnehmen, versorgt und verstärkt
den Stoffwechsel, stimuliert den Blutkreislauf, trainiert Herz und
Blutgefäße" zu werben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages
verteidigt die Antragsgegnerin ihre beanstandete Werbung. Die Werbung
mit der Bezeichnung "Infrarot-Sauna" sei nicht irreführend.
Denn das Publikum erwarte bei einer solchen Werbung keine Sauna
im üblichen Sinne. Prägend sei der beginnende Wortbestandteil
"Infrarot", der dem Publikum geläufig sei. Die angesprochenen
Verkehrskreise würden daher eine Erzeugung von Wärme durch
Infrarotstrahlung erwarten. Diese Erwartung werde erfüllt.
Darüber hinaus liege auch kein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz
vor, weil die streitgegenständliche Werbung bereits nicht unter
das Heilmittelwerbegesetz falle.
Aus den Entscheidungsgründen
Die Berufung der Antragstellerin ist begründet.
Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG für das Verfügungsbegehren
der Antragstellerin ist nicht widerlegt. Zugunsten der Antragstellerin
muß davon ausgegangen werden, daß sie selbst erst am
16. Oktober 1997 von der beanstandeten Werbung Kenntnis erlangt
hat. Da der Verfügungsantrag bereits am 7. November 1997 bei
Gericht eingegangen ist, hat es die Antragstellerin nicht an der
nötigen Eile fehlen lassen, um die Dringlichkeitsvermutung
des " 25 UWG als widerlegt anzusehen.
Unerheblich ist im vorliegenden Zusammenhang der Zeitpunkt, zu
dem der Informant der Antragstellerin von der beanstandeten Werbung
Kenntnis erlangt hat. Denn die Antragstellerin macht hier einen
eigenständigen Unterlassungsanspruch nach § 13 Abs. 2 Ziff.
2 UWG geltend, so daß es für den maßgeblichen Kenntniszeitpunkt,
ab dem der Gläubiger tätig werden muß, um sich die
Vermutung der Dringlichkeit zu erhalten, allein auf den Zeitpunkt
der Kenntnis der Antragstellerin ankommt.
Die begehrten Verbote sind auch begründet.
Zu Recht rügt die Antragstellerin die Bezeichnung der von
der Antragsgegnerin vertriebenen Werbekabine als "Infrarot Sauna"
als irreführend im Sinne des § 3 UWG. Denn typische Merkmale
einer Sauna sind u.a. die sehr hohen Temperaturen (70 bis 90°) und
die niedrige Luftfeuchtigkeit (etwa 10 %). Diese Merkmale sind bei
den angesprochenen Verkehrskreisen allgemein bekannt, wie der Senat
auch aus eigener Sachkunde beurteilen kann (Senatsurteil vom 25.
April 1991 - 4 U 12/91 - GRUR 1991, 929 = NJW RR 1992, 436). Hinzu
kommt die Möglichkeit, in einer Sauna während des Bades
durch gelegentliches Übergießen heißer Steine mit
Wasser von Zeit zu Zeit Dampfstöße erzeugen zu können.
Der Verbraucher erwartet so bei einer Sauna ein Heißluftbad,
in der der Körper indirekt durch eine Erhitzung der Luft zum
Schwitzen gebracht wird.
Diese Erwartungen erfüllt die Wärmekabine der Beklagten
unstreitig nicht. Vielmehr basiert bei dieser die Wärmeerzeugung
auf einer direkten Bestrahlung durch Infrarot-Energie, so daß
die Schwitzwirkung nicht wie bei einer Sauna durch Heißluft
erzielt wird, sondern durch die direkte Bestrahlung der Haut.
Demgegenüber kann die Antragsgegnerin sich nicht darauf berufen,
daß sie durch die Bezeichnung ihrer Wärmekabine als Infrarot-Sauna
diesem Irrtum der Verbraucher ausreichend vorbeugen würde.
Es mag sein, daß der Verbraucher, der sich mit der Werbung
und der Wirkweise der Wärmekabine der Antragsgegnerin näher
befaßt, zutreffende Vorstellungen über diese Wirkweise
gewinnt. Diese spätere Aufklärung reicht aber nicht aus,
um einen relevanten Irrtum im Sinne des § 3 UWG auszuschließen.
Entscheidend ist ,daß sich die Wärmekabine der Antragsgegnerin
zunächst einmal im ersten Zugriff als "Sauna" präsentiert,
was beim Verbraucher angesichts der großen Bekanntheit des
Saunabades automatisch die oben beschriebenen Beschaffenheitsvorstellungen
hervorruft. Dabei mag der Zusatz "Infrarot" beim Verbraucher gewisse
Erwartungen erwecken, es hier mit einer besonderen Art der Sauna
zu tun zu haben. Selbst wenn der Verbraucher mit dem "Infrarot"-Begriff
bestimmte Vorstellungen über eine Bestrahlung verbindet, so
wertet er dies doch nicht dahin, daß er es hier mit einer
"Sauna" zu tun hat, die in Wahrheit mit der Wirkungsweise einer
üblichen Sauna nichts mehr gemeinsam hat.
Die Antragsgegnerin knüpft mit der gewählten Bezeichnung
ihrer Wärmekabine als ("Infrarot"-) Sauna vielmehr bewußt
an einen beim Verbraucher bekannten Begriff an, um so Assoziationen
und damit eine Aufmerksamkeit für ihre Wärmekabine zu
erwecken, die sie ohne die Verwendung der bekannten Bezeichnung
nicht erreichen würde. Solche irreführenden Werbepraktiken
sind zudem schon nach § 1 UWG wettbewerbswidrig, ohne daß
es auf einen konkreten Irreführungstatbestand ankäme (von
Gamm UWG 3. Aufl. 3 ! Rdn. 188 ff; Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht
19. Aufl. § 1 UWG Rdn. 14).
Dieser Wettbewerbsverstoß ist unter dem Gesichtspunkt des
Verbraucherschutzes und der Nachahmungsgefahr auch geeignet, den
Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen, § 13
II Ziff. 2 UWG. Auch das Werbeverbot hinsichtlich der bezeichneten
therapeutischen Vorteile ist begründet.
Die Wärmekabine der Antragsgegnerin ist hier kraft Bewerbung
ein Heilmittelgegenstand im Sinne des § 1 Ziff. 2 HWG (Bülow/Ring
Heilmittelwerbegesetz § 1 Rdn. 32, 109). Die Werbung der Antragsgegnerin
spricht der Wärmekabine trherapeutische Vorteile zu, verheißt
also heilende Wirkung durch die Benutzung. Dadurch wird die Wärmekabine
zu einem Gegenstand der unter das Heilmittelwerbegesetz fällt,
mag sonst eine Sauna als solche auch kein Heilmittel sein.
Es liegt auch eine nach § 3 Ziff. 2 a HWG unzulässige Erfolgwerbung
vor. Das Erfolgsversprechen sieht der Kunde hier in der apodiktischen
Form, mit der die therapeutischen Vorteile aufgezeigt werden. Wenn
die Wärmekabine die bezeichneten Vorteile bietet, muß
der Kunde davon ausgehen, daß er diese Vorteile auf tatsächlich
erzielen kann. Die konstatierende Aufzählung geht über
einen bloßen Indikationskatalog hinaus (OLG Düsseldorf
GRUR 1992, 178; OLG Hamburg NJW 1991, 2971; vgl. auch die Beispielsfälle
bei Bülow/Ring Heilmittelwerbegesetz § 3 Rdn. 53 ff).
Auch dieser Verstoß ist angesichts der hohen Bedeutung, die
der Heilmittelwerbung für die Volksgesundheit zukommt, geeignet,
den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen
vor allen Dingen auch unter dem Gesichtspunkt der Nachahmungsgefahr.
Die vom Senat gewählte Fassung des Verbotsbegehrens stellt
lediglich eine sprachliche Korrektur des gestellten Verbotsantrages
dar, mit dem das eigentliche Verbotsbegehren der Antragstellerin
präziser zum Ausdruck kommt, wie es in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat von der Antragstellerin auch klargestellt
worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.
Gericht: OLG HAMM
Aktenzeichen: 4 U 18/98
Redaktion (allg.)
◂ Heft-Navigation ▸