Rücktritt vom Wiederkaufvertrag?

Der Verkäufer kann sich mit § 497 BGB ein Wiederkaufrecht nach dem Verkauf der Immobilie vorbehalten. Wird dieses Recht ausgeübt, der erhaltene Kaufpreis jedoch nicht zurückgezahlt, darf der Käufer nach Fristsetzung und Ablehnungsandrohung lt. § 326 BGB vom Wiederkaufvertrag zurücktreten. Der ursprüngliche Kaufvertrag, der durch die Wiederkaufserklärung schon aufgelöst war, ist dann wieder aufgelebt.

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Bild: Andrey Popov/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 29. Mai 1996 kaufte der Kläger
von der Beklagten ein Hausgrundstück in V... zum Preis von
770.000 DM. Am gleichen Tag wurde in einer gesonderten Urkunde der
Beklagten ein Wiederkaufsrecht eingeräumt, das innerhalb von
drei Jahren nach Vertragsschluss jederzeit durch schriftliche Erklärung
gegenüber dem Kläger ausgeübt werden konnte. Diesem
sollten in diesem Fall die Gebühren und Kosten, die entrichtete
Grunderwerbssteuer und die mit der Finanzierung des Kaufpreises
anfallenden Notar- und Grundbuchkosten ersetzt werden. Nach der
Zahlung des unter Berücksichtigung einer vereinbarten Anrechnung
in Höhe von insgesamt 120.000 DM noch verbleibenden Kaufpreises
von 650.000 DM durch den Kläger machte die Beklagte mit Schreiben
vom 14. Juli 1997 von ihrem Wiederkaufsrecht Gebrauch.

Der Kläger hat Klage auf Auflassung und Bewilligung seiner
Eintragung in das Grundbuch erhoben. Während des auf Antrag
beider Parteien vom Landgericht angeordneten Ruhens des Verfahrens
hat der Kläger die Beklagte zur Zahlung des Wiederkaufpreises
zuzüglich der entstandenen Kosten bis zum 9. Februar 1998 aufgefordert.
Da die Beklagte keine Zahlung leistet, hat der Kläger schließlich
mit Schreiben vom 10. Februar 1998 eine letzte Frist bis zum 20.
Februar 1998 gesetzt und mitgeteilt, dass er nach Ablauf der Frist
die "von ihm" zu erbringende Leistung ablehnen werde. Da die Beklagte
auch auf diese Aufforderung hin nicht zahlte, hat der Kläger
mit Schreiben vom 23. Februar 1998 den Rücktritt vom Wiederkaufvertrag
erklärt. Nach dem Wiedereintritt in das streitige Verfahren
hat der Kläger sein Klageziel weiterverfolgt. Das Landgericht
hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die
Revision des Klägers. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung
des Rechtsmittels.

 

Aus den Entscheidungsgründen

 

I.

Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Ansicht, durch
die Ausübung des der Beklagten vertraglich eingeräumten
Wiederkaufsrechts habe sich zugleich der ursprünglich geschlossene
Kaufvertrag in seiner Rechtswirkung erledigt. Auch wenn der Kläger
später wirksam vom Wiederkaufvertrag zurückgetreten sei,
habe die hierdurch bewirkte Umgestaltung des Wiederkaufvertrags
in ein Rückabwicklungsverhältnis nicht zum Wiederaufleben
der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien aus dem Kaufvertrag
geführt.

Die hält revisionsrechtliche Nachprüfung nur zum teil
stand.

 

II.

1. Rechtlich zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts,
die Beklagte habe durch die Ausübung des Wiederkaufsrechts
den Eintritt des Wiederkauffalls wirksam herbeigeführt.

a) Die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts im Sinne von
§ 497 Abs. 1 BGB stellt eine neben den eigentlichen Kaufvertrag
tretende Rückkaufabrede dar, die dem Verkäufer einen aufschiebend
bedingten Anspruch auf (Rück-)Übereignung des Kaufgegenstands
gewährt. Durch die Wiederkaufserklärung wird - unabhängig
von ihrer Rechtsnatur (Staudinger/Mader ,BGB [1995] Vorbem. zu §§
497 ff Rdnr. 7; Palandt/Putz, BGB 59. Aufl. § 497 Rdnr. 3) - der
bereits bedingt abgeschlossene Wiederkaufvertrag mit dem Eintritt
der Bedingung wirksam (BGHZ 29, 107, 110 ff; 38, 369, 371; 58, 78,
80; BGB-RGRK/Mezger, 12. Aufl. § 497 Rdnr. 2; Staudinger/Mader aaO,
MünchKomm-BGB/Westermann, 3. Aufl. vor § 497 Rdnr 4; Soergel/Huber,
BGB 12. Aufl. vor § 497 Rdnr. 8, 9; Erman/Grunewald, BGB 9. Aufl.
§ 497 Rdnr. 3; vgl. auch - allerdings ohne ausdrückliche Einordnung
der Wiederkaufserklärung als Ausübung eines Gestaltungsrechts
- RGZ 69, 281 ff; 121, 367, 369 ff; RGZ 126, 308, 312; Palandt/Putzo,
aaO). Eine solche vertragliche Abrede braucht nicht in der Kaufvertragsurkunde
selbst enthalten sein, sondern kann - wie hier - auch Inhalt einer
gesonderten, auf den Kaufvertrag Bezug nehmenden notariellen Urkunde
sein (RGZ 126, 309, 311; BGH, Senatsurt. v. 2. Februar 1951, V ZR
15/50, LM BGB § 497 Nr. 1; Palandt/Putz, aaO § 497 Rdnr 6).

b)Die Beklagte hat durch das Schreiben vom 14. Juli 1997
innerhalb der vereinbarten Dreijahresfrist von ihrem Wiederkaufsrecht
Gebrauch gemacht und hierdurch wirksam den Wiederkaufsfall ausgelöst.
Denn im Gegensatz zu der Vereinbarung des Wiederkaufsrechts unterliegt
die Wiederkaufserklärung im Hinblick auf den - auch nach der
Änderung des § 313 BGB unverändert gebliebenen - eindeutigen
Wortlaut des § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB und unter Berücksichtigung
des Umstands, dass die wesentliche Bindung der Parteien schon mit
dem der notariellen Beurkundungspflicht unterworfenen bedingten
Abschluss des Wiederkaufvertrags begründet wird, nicht dem
Formerfordernis des § 313 BGB (RGZ 121, 367, 369 ff; 126, 308, 312;
BGB-RGRK-Mezger, aaO § 497 Rdnr. 6; MünchKomm-BGB/Westermann,
aaO § 497 Rdnr. 10; Soergel/Huber, aaO § 497 Rdnr. 14; Palandt/Putzo,
aaO § 497 Rdnr. 7; für den Fall gemeinderechtlicher Vorschriften
vgl. BGHZ 29, 107, 111 ff; vgl. hierzu auch für den Fall eines
Wiederverkaufsrechts BGHZ 140, 218, 221; a.A. Staudinger/Mager,
aaO § 497 Rdnr. 18; Staudinger/Wufka, BGB [1995] § 313 Rdnr. 78;
Wufka, DNotZ 1990, 339, 350 ff; Einsele, DNotZ 1996, 835, 859 ff).

2. Mit dem Berufungsgericht ist ferner davon auszugehen,
dass die Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Kaufvertrag
im Wiederkaufsfall nicht mehr geltend gemacht werden können.
Nicht gefolgt werden kann jedoch der weiteren Annahme, dass dies
auch im Fall eines Rücktritts vom Wiederkaufvertrag (weiter)
gelten soll.

a) Der Senat hat zwar mit Urteil vom 17. Dezember 1958 (BGHZ
29, 107, 110) ausgeführt, dass mit dem Eintritt der Wiederkaufsabrede
anhaftenden aufschiebenden Bedingung der Wiederkaufvertrag wirksam
und damit zugleich der ursprüngliche Kaufvertrag aufgelöst
wird. Dieser rechtlichen Beurteilung hat sich auch die Literatur
- soweit sie zu dieser Frage überhaupt Stellung bezieht - angeschlossen
(Fikentscher, Schuldrecht 9. Aufl, § 70 Rdnr. 745 a; BGB-RGRK/Mezger,
aaO § 497 Rdnr. 2; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO § 497 Rdnr.
4, der insoweit von Erledigung spricht). Die genannte Entscheidung
betrifft einen Fall, in dem es darum ging, ob nach wirksamer Ausübung
des Wiederkaufsrechts noch ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich
ist. Dies hat der Senat verneint, weil der Kaufvertrag hierfür
keine Grundlage mehr bietet. Mit der hier maßgeblichen Frage,
ob der Käufer nach einem Rücktritt vom Wiederkaufvertrag
wieder die Rechte aus dem alten Kaufverhältnis beanspruchen
kann, hatte sich der Senat damals nicht zu befassen. Dies ist jetzt
zu bejahen.

b) In welchem Umfang sich das Wirksamwerden des Wiederkaufvertrags
auf den Kaufvertrag auswirkt, ergibt sich nicht aus dem Gesetz.
Aus der Entstehungsgeschichte lässt sich nur entnehmen, dass
die Regelungen über den Wiederkauf auf dem Gedanken beruhen,
dass durch den Abschluss des Wiederkaufs der frühere Kauf für
die Vergangenheit nicht außer Kraft tritt (Motive, Band 2
S. 342). Die Parteien können jedoch die Auswirkungen des Wiederkauffalles
auf den Kaufvertrag regeln. Haben sie dies nicht getan, lässt
sich aus dem auf Eingehung eines neuen Vertragsverhältnisses
gerichteten Willen nur schließen, dass die Rechtsbeziehungen
mit Wirksamwerden des Wiederkaufs nach den Konditionen dieses Schuldverhältnisses
zu beurteilen sind. Dagegen ist nicht anzunehmen, dass die Parteien
den Kaufvertrag unabhängig vom Schicksal des Wiederkaufs für
die Zukunft endgültig aufheben wollten. Denn Kauf und Wiederkauf
ermöglichen durch ihre jeweils eigenständige gesetzliche
Ausgestaltung ein Nebeneinander beider Rechtsverhältnisse unter
Vorrang des Wiederkaufsrechts. Solange der Wiederkaufvertrag Geltung
beansprucht, steht einem Rückgriff auf den ursprünglichen
Kaufvertrag der Einwand des Wiederkaufs entgegen (so wohl auch MünchKomm-BGB/Westermann,
aaO). Wird das Wiederkaufsverhältnis dagegen beendet, steht
der Abwicklung des Kaufvertrags nichts mehr im Wege. Soweit der
Entscheidung vom 17. Dezember 1958 etwas anderes entnommen werden
könnte, wird daran nicht festgehalten.

3. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, der
Kläger sei wegen Zahlungsverzugs der Beklagten mit dem von
ihr geschuldeten Wiederkaufpreis wirksam nach § 326 BGB vom Wiederkaufvertrag
zurückgetreten.

a) Es ist allgemein anerkannt, dass der Wiederverkäufer
nach § 326 BGB vorgehen kann, wenn der Wiederkäufer den ihm
aus dem Wiederkaufvertrag obliegenden Pflichten nicht nachkommt
(BGH, Urt. v. 23. September 1958, VIII ZR 125/57, WM 1958, 1366;
MünchKomm-BGB/Westermann, aaO § 498 Rdnr. 3).

b) Der Kläger hat mit Schreiben vom 23. Februar 1998
den Rücktritt vom Wiederkaufvertrag erklärt. Hierzu war
er berechtigt, weil die Beklagte trotz Fälligkeit des Wiederkaufpreises
sowohl die ihr ihm Schreiben vom 28. Januar 1998 gesetzte Zahlungsfrist
als auch die ihr mit Schreiben vom 10. Februar 1998 bis 20. Februar
gesetzte Nachfrist mit Ablehnungsandrohung hat verstreichen lassen,
ohne Zahlung zu leisten. Auch wenn im letztgenannten Schreiben sowie
im Rücktrittsschreiben davon die Rede ist, dass der Kläger
die "von ihm" zu erbringende Leistung im Falle der Nichtzahlung
ablehnen werden, war für die Beklagte bei der nach den §§ 133,
157, 243 BGB gebotenen Würdigung des Inhalts des Schreibens
vom 10. Februar 1998 zweifelsfrei ersichtlich, dass der Kläger
bei fruchtlosem Fristablauf am Wiederkaufvertrag nicht mehr festhalten
und dessen Erfüllung insgesamt ablehnen wird. Dies genügt
für eine wirksame Ablehnungsandrohung nach § 326 Abs. 1 BGB
(vgl. MünchKomm-BGB/Emmerich, aaO § 326 Rdnr. 89; Ermann/Battes,
aaO § 326 Rdnr. 24, 25).

c) Ob die Beklagte in Höhe eines Betrags von 153.684,18
DM zur Aufrechnung befugt war und sich damit hinsichtlich dieses
Teilbetrags möglicherweise nicht in Verzug befand, kann hier
dahin stehen. Da die vom Kläger zu erbringende Gegenleistung
(Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Auflassungsvormerkung)
nicht teilbar ist und der Kläger dementsprechend an einer Teilzahlung
der Beklagten kein Interesse besitzt, erstrecken sich seine Rechte
nach den §§ 326 Abs. 1 Satz 3, 325 Abs. 1 Satz 2 BGB auf das gesamte
Schuldverhältnis. Der Kläger war also berechtigt, vom
Wiederkaufvertrag insgesamt zurückzutreten (vgl. RGZ 50, 138,
143; Palandt/Heinrichs, aaO § 326 Rdnr. 29; Erman/Battes, aaO §
326 Rdnr. 44; vgl. auch für den Fall, dass die zu erbringende
Leistung unteilbar ist, BGH, Urt. v. 27. Juni 1990, VII ZR 72/89,
NJW-RR 1990, 1462, 1464 m.w.N.).

 

II.

Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung selbst
nicht in der Lage, weil es weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht
bedarf. Dieses hat sich , von seinem Standpunkt aus folgerichtig,
nicht mit der Frage befasst, ob die Beklagte dem Auflassungsbegehren
des Klägers ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB im
Hinblick auf die durch den Vollstreckungsbescheid vom 17. Juni 1998
titulierte Forderung über 153.684,18 DM entgegen setzen kann.
Die Beklagte hat zwar mit dieser Forderung die Aufrechnung gegen
den Wiederkaufpreisanspruch erklärt. Mit dem Rücktritt
vom Wiederkauf hat sie insoweit einen Anspruch auf Rückgewähr
(§ 346 Satz 1 BGB). Deswegen kommt es darauf an, ob er besteht (rechtskräftig
tituliert oder materiell-rechtlich begründet ist( und die nach
§ 273 BGB erforderliche Konnexität zum Auflassunganspruch vorliegt.
Daneben wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob sich
die Beklagte trotz des Wortlauts der in § 5 des Kaufvertrags vom
29. Mai 1996 enthaltenen Klausel mit Erfolg gemäß § 320
BGB auf eine noch ausstehende Kaufpreisforderung in Höhe von
40.000 DM (angerechnete Kaution) berufen kann.
 

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Gericht: BGH KARLSRUHE
Aktenzeichen: V ZR 386/98

Redaktion (allg.)

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