Wohnungslosigkeit auf dem Land

Der Schlüssel zu einem neuen Leben

Wohnungslosigkeit gibt es auch auf dem Land. Darauf weist der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hin. Der LWL arbeitet nach dem Housing First-Konzept und hat in 24 Monaten 56 Wohnungen an obdachlose Menschen vermittelt. Eigentümer, die Mietverträge abschließen, können mit finanzieller Unterstützung und Mietsicherheit kalkulieren.

Obdachlosigkeit ist auf dem Land nicht so sichtbar wie in Großstädten, denn in Dörfern und Kleinstädten kommen Menschen, die ihre Wohnung verlieren, fürs Erste bei der Familie oder Freunden unter. Foto: Adobestock/Halfpoint
Obdachlosigkeit ist auf dem Land nicht so sichtbar wie in Großstädten, denn in Dörfern und Kleinstädten kommen Menschen, die ihre Wohnung verlieren, fürs Erste bei der Familie oder Freunden unter. Foto: Adobestock/Halfpoint

"Menschen ohne Wohnung gibt es im ländlichen Raum, also in den Kreisen, ebenso wie in den großen Städten. Die Wohnungslosigkeit ist auf dem Land nur weniger sichtbar, weil Menschen eher bei der Familie oder Freunden schlafen und nicht auf der Straße leben", so der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann. Nach Auskunft von Lunemann sind im aktuellen NRW-Wohnungsnotfallbericht erstmals mehr Menschen in den Landkreisen (63 Personen pro 10.000 Einwohnende) als in den kreisfreien Städten (55 Personen) unter den insgesamt rund 109.000 Wohnungslosen in NRW gezählt worden. Und das Problem werde größer: Die 40 Beratungsstellen für Wohnungslose, die der LWL in Westfalen-Lippe finanziert, sprechen von einem Anstieg von neun Prozent auf rund 20.000 Klienten pro Jahr innerhalb eines Jahres (alle Zahlen von 2023).

Sechs Millionen stehen zur Unterstützung von Vermietern bereit

Der LWL setze mit seinem "Housing First"-Programm bei den Vermieterinnen und Vermietern an, so Lunemann weiter. Um das Programm in Westfalen-Lippe flächendeckend anzuwenden, stellen LWL und LWL-Sozialstiftung bis 2027 sechs Millionen Euro bereit. Bislang hat der LWL in 24 Monaten 56 Wohnungen vermittelt. Lunemann: "Ein Erfolg angesichts des angespannten Wohnungsmarktes."

Housing First bedeutet, Menschen mit sogenanntem "komplexen Hilfebedarf" zunächst eine Wohnung zu beschaffen, bevor andere Hilfe greifen kann, sagt Hartmut Baar, Leiter des LWL-Inklusionsamtes Soziale Teilhabe. Wohnungslosen Menschen wird dabei Wohnraum mit regulärem Mietvertrag zur Verfügung gestellt, ohne dies an Bedingungen zu knüpfen.

Prämien bei Vermietung

Das Besondere am LWL-Programm ist der Fokus auf Wohnungseigentümer: Der LWL unterstützt zum Beispiel den Neubau oder Erwerb von Wohnungen mit bis zu 40.000 Euro, wenn dort Menschen ohne Wohnung einziehen können. Wenn bestehende Wohnungen saniert werden, fördert der LWL ebenfalls mit bis zu 30.000 Euro, für bezugsfertige Wohnungen gibt es eine Prämie von bis zu 5.000 Euro.

Mietsicherung durch den LWL

Oft hätten Vermieter aber Vorbehalte, erläutert Verena Feller vom LWL: "Sie fragen sich: Warum tue ich mir das an, jemanden in die Wohnung zu lassen mit diesen Drogen-Erfahrungen oder psychischen Problemen?" In der Praxis würden die Befürchtungen selten wahr. Außerdem sichert nach Auskunft von Feller der LWL Mietausfälle oder Schäden ab. "Wir zahlen im Ernstfall bis zu sechs Monatskaltmieten für die Instandsetzung oder bei Zahlungsunfähigkeit der Klienten und Klientinnen."

Das sagt ein Vermieter

Den neuen Mietern wird nach der "Wohnung zuerst" in einem zweiten Schritt Unterstützung angeboten, sagt Feller, "also Sozialarbeiter, die regelmäßig zum Klienten nach Hause kommen und dort sagen: Sie waren wohnungslos, was möchten Sie angehen und wie kann Ihr Leben wieder so werden, dass Sie zufrieden sind".

Dass diese Betreuung zusätzliche Sicherheit gebe, registrierten auch die Vermieter – wie Volker Eickhoff aus dem Kreis Minden-Lübbecke: "Was mich daran fasziniert hat, war die Zusage, dass die Menschen, denen man eine Chance auf eine Wohnung gibt, in jeglicher Form betreut werden. Da sagt jemand zum Mieter: Ich besuche dich jetzt jede Woche einmal und gucke nach, wie das bei dir aussieht. Ich als Vermieter darf da gar nicht rein, wenn es irgendwelche Probleme gibt. Und ich muss ganz ehrlich sagen, das läuft bis heute optimal. Nicht wenig Stress – gar keiner."

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan
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