Bauherren-Schutzbund kritisiert Gebäudetyp-E-Gesetz

„Gewinne steigen, Bauqualität sinkt“

Der Wohnungsbau soll durch den Verzicht auf Komfortnormen leichter und günstiger werden. Diesem Ziel dient der Entwurf des Gebäudetyp E-Gesetzes, das sich bis Ende August in der Verbändeanhörung befindet. Der Bauherren-Schutzbund (BSB) kritisiert „die Aufweichung erprobter Bauverfahren zulasten der Bauqualität“.

Nach dem Gebäudetyp E-Gesetz soll zum Beispiel die Höhe von Fenstern kein Gegenstand für Regressforderungen von Auftraggebern gegen Baufirmen mehr sein. Foto: Adobestock/Kzenon
Nach dem Gebäudetyp E-Gesetz soll zum Beispiel die Höhe von Fenstern kein Gegenstand für Regressforderungen von Auftraggebern gegen Baufirmen mehr sein. Foto: Adobestock/Kzenon

Reine Komfort-Standards (DIN-Normen) sollen nach dem Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums beim Neu- und Umbau von Wohnungen künftig nur dann eingehalten werden müssen, wenn sich die Vertragsparteien ausdrücklich darauf verständigt haben. Haben die Parteien keine entsprechende Vereinbarung getroffen, soll die Einhaltung von reinen Komfortstandards auch nicht vertraglich geschuldet sein. Durch den Verzicht auf reine Komfortnormen – zum Beispiel die Trittschalldämmung, die Zahl der Steckdosen pro Raum oder die Höhe der Fenster betreffend – soll das Bauen günstiger werden. In seiner Gesetzesbegründung gibt Justizminister Marco Buschmann die mögliche Kosteneinsparung mit zehn Prozent an. BSB-Geschäftsführer Florian Becker bezweifelt, dass Bauunternehmen Preisvorteile, die durch Deregulierung entstehen, an private Bauherren weitergegeben werden. „Wahrscheinlicher ist, dass die Kosten für Verbraucher ähnlich hoch bleiben, während die Margen der Unternehmen steigen und die Bauqualität sinkt“, glaubt Verbraucherschützer Florian Becker. Das Gesetzesvorhaben vermittle den Eindruck eines Konjunkturprogramms für Baufirmen, das Häuslebauer mit geringerer Qualität bezahlen.

Leichtere Abweichung von „anerkannten Regeln der Technik“

Der Entwurf zum Gebäudetyp E-Gesetzt sieht vor, dass Baufirmen künftig einfacher von den „anerkannten Regeln der Technik“ abweichen können, wenn sie miteinander Verträge über den Neu- oder Umbau eines Gebäudes oder einer Außenanlage schließen. Über diese Abweichungen – von nicht sicherheitsrelevanten – Normen müssen die Bauunternehmen ihre Auftraggeber nicht zwingen informieren. Geringere Aufklärungspflichten von Baufirmen gegenüber Verbrauchern sieht der Bauherren-Schutzbund besonders kritisch. Justizminister Buschmann will die Gefahr von juristischen Auseinandersetzungen über vermeintliche Baumängel reduzieren, doch sieht BSB-Geschäftsführer Becker sogar steigende Risiken. „Der Hausbau ist sehr komplex, eine Pauschalunterscheidung zwischen Sicherheitsnormen und Komfortnormen ist in der Praxis vielfach nicht möglich.“ Vertragsabweichungen und Baumängel könnten von Auftraggeber- und Auftragnehmerseite ohne Einbeziehung von Normen unterschiedlich interpretiert werden und zu langen und kostenintensiven Rechtsstreitikeiten führen, glaubt Becker.

Der BSB gelangt daher zu dem Ergebnis, dass das Gesetzesvorhaben nach aktuellem Stand ein klarer Rückschritt beim Verbraucherschutz für den Hausbau sei und völlig offen bleibe, ob tatsächlich eine spürbare Baukostensenkung eintreten werde.

Wie soll das Bauvertragsrecht durch das Gesetz geändert werden?

Das Gebäudetyp-E-Gesetz sieht im wesentlichen drei Änderungen des Bauvertragsrechts vor:

  1. Der Begriff der „anerkannten Regeln der Technik“ soll konkreter gefasst werden. Es soll erreicht werden, dass reine Komfort-Standards im Allgemeinen nicht als „anerkannte Regeln der Technik“ gewertet werden.
  2. Ferner soll in Verträgen zwischen Bauunternehmen die Abweichung von „anerkannten Regeln der Technik“ erleichtert werden.
  3. Schließlich soll ein Abweichen von „anerkannten Regeln der Technik“ nicht mehr automatisch ein Sachmangel sein.

Reine Komfort-Standards sollen beim Neubau von Wohnungen künftig nur dann eingehalten werden müssen, wenn sich beide Vertragsparteien ausdrücklich darauf verständigt haben. Haben die Parteien keine entsprechende Vereinbarung getroffen, soll die Einhaltung von reinen Komfortstandards auch nicht geschuldet sein.

Der Gesetzentwurf geht nach der Sommerpause in die parlamentarische Abstimmung und kann frühestens Anfang 2025 in Kraft treten. (Red.)

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