Anlass für die Warnung des Bauherrenschutzbundes (BSB) vor einer Schwächung der Verbraucherrechte von privaten Bauherren ist ein Rechtsgutachten, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) kürzlich veröffentlicht hat. Gemäß diesen Vorschlägen, so erklärt der BSB, sollten Bauunternehmen im Bauvertrag leichter von der Anwendung der anerkannten Regeln der Technik (meist die DIN-Normen) gegenüber Verbrauchern abweichen können. Im Schadensfall sollten diese hingegen verpflichtet werden, selbst nachzuweisen, ob der Schaden aufgrund der vertraglich vereinbarten Bauweise auftrat, die nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
„Absenkung von Normen ohne Einschränkung von Wohnqualität möglich“
Die BID hat das Rechtsgutachten bei Prof. Stefan Leupertz, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof, in Auftrag gegeben. Der Jurist kommt zu dem Ergebnis, dass die Absenkung technischer Anforderungen ohne nennenswerte Einschränkung der Wohnqualität möglich wäre und das Bauen günstiger machen würde. Nach dem heute geltenden Baurecht müsse beim Wohnungsbau eine Menge an technischen Reglungen und Standards beachtet werden, ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang diese wirklich notwendig sind. Oft könne ohne jede Einschränkung bei der späteren Nutzung einfacher und damit auch erheblich billiger gebaut werden, wenn es denn möglich wäre, dies zwischen Bauauftraggebern und Wohnungskäufern auf der einen – und den Bauausführenden und Auftragnehmern auf der anderen Seite vertragsrechtlich festzulegen. Da dies nach dem heute geltenden Vertragsrecht kaum möglich sei, müsse es darum gehen, rechtliche Wege zu finden, um vereinfachtes und kostengünstiges Bauen in der Praxis umsetzbar zu machen. Die DIN-Normen gelten fast automatisch als die anerkannten Regeln der Technik. Abweichungen von diesem Standard seien kaum rechtssicher zu vereinbaren. Bauherren und Projektentwickler sehen sich sonst enormen Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt, dies führe zu einer generellen Rechtsunsicherheit.
Vertragsrecht im BGB müsste erweitert werden
Gutachter Stefan Leupertz schlägt eine Änderung von Paragraf 633 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor, der sich mit dem Werkvertragsrecht befasst. Leupertz´ Vorschlag zielt darauf, im BGB explizit zu verankern, dass die anerkannten Regeln der Technik nur dann gelten, wenn die Vertragspartner das so vereinbart haben. Ansonsten kann der Bauträger davon Abstand nehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass der Besteller – also beispielsweise der Käufer der Wohnung – nachträglich Schadenersatzansprüche erhebt.
„Abweichende Vereinbarungen sind schon jetzt rechtlich möglich“
Der Bauherrenschutzbund erklärt dagegen, unter der bestehenden Rechtslage könnten bereits abweichende Vereinbarungen in Verträgen mit Verbrauchern rechtssicher und nachvollziehbar dokumentiert werden. Eine gesetzliche Regelung zur Vereinfachung abweichender Vereinbarungen berge aus Verbrauchersicht eine Reihe von Risiken und setze in der Diskussion um steigende Baupreise die falschen Akzente.
Florian Becker, Geschäftsführer des BSB, mahnt, dass ein pauschaler Verzicht auf diese Regeln in Verbraucherbauverträgen einem erheblichen Abbau der Verbraucherschutzrechte gleichkäme. Bauvorschriften und die allgemein anerkannten Regeln der Technik ermöglichten den Abgleich der erbrachten mit der vertraglich vereinbarten Leistung auch dann, wenn die Baubeschreibung Lücken aufweist. Zudem sichere die Anwendung der Regeln die Langlebigkeit von Bauteilen über mehrere Jahrzehnte.
Becker zweifelt daran, dass Unternehmen mögliche Kosteneinsparungen direkt an Verbraucher weitergeben würden. Zudem trügen Bauherren das Risiko, Baufehler schwerer nachweisen zu können. Er erklärt: "Eine Überprüfung und Verschlankung der Vorschriften ist sinnvoll, aber die a.R.d.T. sind nicht per se entbehrlich. Der Eindruck ist falsch, dass der Wegfall automatisch zu Baukosteneinsparungen bei gleicher Qualität führen wird." (Red.)