Neues "Haus für Barrierefreiheit" in Hamburg eröffnet
Ratsuchende Immobilieneigentümer, Verantwortliche aus Wohnungsunternehmen, Planende und weitere Zielgruppen finden im Beratungszentrum für technische Hilfen und Wohnraumanpassung neben individueller Beratung jetzt auch eine für den Publikumsverkehr - wegen Corona aktuell nur nach vorheriger Terminvereinbarung - geöffnete 600 Quadratmeter große Ausstellungsfläche rund um die Themen Wohnen, Bad, Küche, Smart Home,
Hindernisüberwindung, Mobilität und Robotik: Über digitale Angebote wie interaktive Touch-Info-Terminals können sich Besucher selbständig, auch ohne Beratung, informieren und werden zum Ausprobieren angeregt. Das Leuchtturmprojekt sei ein wichtiger Baustein für den Weg Hamburgs zu einer Inklusionsmetropole, sagte Dr. Melanie Leonhard (SPD), Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration der Freien und Hansestadt Hamburg, im Rahmen der Eröffnungsfeier.
Vom Musterbad bis zum Pflegeroboter
In der Ausstellung werden unter anderem sechs Musterbäder mit barrierefreier Sanitär-, Komfort- und Sicherheitsausstattung gezeigt. Mit einem Duschsimulator kann man prüfen, wie groß die Dusche sein soll, damit sie bequem und sicher ist. Zudem besteht die Möglichkeit, sich ausführlich über bauliche Lösungen wie Treppenlift, Homelift und Hebebühnen zu erkundigen und diese zu testen. Im Aufbau befindet sich derzeit der Bereich, der über ergonomische Lösungen für Küchen informiert. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Präsentation technikunterstützten Wohnens mit Hilfe von Smart Home und Ambient Assisted Living (AAL). Leicht nachrüstbar ist beispielsweise das funkgesteuerte Heizungsthermostat des Anbieters Tado, das bei Bedarf in ein Smart Home-System integriert werden kann. Eventuell lebensrettend kann das Sturzerkennungssystem Walabot der Firma PureSec sein. Hierzu wird ein Sensor an der Wand befestigt. Stürzt eine Person, fragt die Anwendung, ob Hilfe benötigt wird. Erfolgt keine Reaktion, wird eine zuvor definierte Person, etwa ein Angehöriger, benachrichtigt. Interessant sind darüber hinaus unterstützende Robotiklösungen wie eine Esshilfe, die per Greifarm die Nahrungsaufnahme erleichtert, und der Roboter "Temi", der sich als persönlicher Assistent vornehmlich für den Einsatz in Alten- und Pflegeeinrichtungen eignet.
Bereichsübergreifend, herstellerunabhängig und neutral
Den ganzheitlichen Blick auf Barrierefreiheit ermöglicht der bereichsübergreifende Ansatz des gemeinnützigen Vereins Barrierefrei Leben, der seit 1987 zu allen Fragen altersgerechten Wohnens kostenlos, neutral und herstellerunabhängig berät. Das Beratungsteam bündelt unterschiedliche Kompetenzen aus Sozial-, Gesundheits- und Pflegewirtschaft sowie Architektur und Elektrotechnik. Früher auf kleiner Fläche in Barmbek-Süd angesiedelt, gibt es in dem modernisierten, großzügigen Gebäude in Alsterdorf nicht nur mehr Platz, um ausführlich über Machbares und Mögliches zu informieren, sondern auch die technischen Voraussetzungen für die Realisierung zu besprechen und Finanzierungswege aufzuzeigen. So lassen sich an nur einem Ort gleich mehrere oftmals komplexe Fragen zur Planung und Anpassung seniorengerechter Wohnungen und zum Einsatz von vernetzter Elektrotechnik zur Alltagsunterstützung älterer Menschen in den eigenen vier Wänden klären, für die sonst diverse Fachleute kontaktiert werden müssten.
Beratungsbedarf wird weiter steigen
Barrierefreiheit beim Planen und Bauen von Wohnungen und Stadtquartieren zu berücksichtigen ist Bestandteil des 2014 veröffentlichten "Demografie-Konzept Hamburg 2030"[1] der Hansestadt, damit Ältere möglichst lange selbständig in vertrauter Umgebung leben können. Hintergrund ist der wachsende Bevölkerungsanteil der Generation 65plus aufgrund steigender Lebenserwartung. Laut Statistikamt Nord sind gegenwärtig 23,8 Prozent der Hamburger Gesamtbevölkerung 65 Jahre und älter[2]. Bis 2040 könnte ihr Anteil je nach Berechnungsvariante zwischen 27,2 und 29,3 Prozent liegen[3]. Der Beratungsbedarf für die Wohnraumanpassung und für die Planung seniorenfreundlicher Neubauten dürfte folglich weiter steigen. Und das über die Grenzen der Elbmetropole hinaus, denn das Schaffen altersgerechten Wohnraums ist überall in Deutschland eine Herausforderung. Schon jetzt nutzen jährlich über 500.000 ältere Menschen das Internetportal, das der Verein zusätzlich zur Vorort-Beratung unterhält, um sich produktneutral und herstellerunabhängig nach Lösungen zu erkundigen. Künftig werden es wohl noch mehr werden.
Autorin: Dagmar Hotze, Stendal
[1]www.hamburg.de/contentblob/4282416/65ab8620b51fc3a5d970b5a3e232b71d/data/download-demografiekonzept-hamburg2030.pdf
[2]www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Presseinformationen/SI19_089.pdf
[3]www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Presseinformationen/SI19_089.pdf
Adressen in den Bereichen Wohnen, Bildung und Arbeit, Interessengemeinschaft Barrierefrei leben: https://barrierefrei-leben.org/