Die Reduzierung der Warmwasser-Temperaturen des Trinkwassers könne ungeahnte gesundheitliche Konsequenzen sowie enorme Folgekosten nach sich ziehen, mahnt der Deutsche Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene (DVQST) in einer Stellungnahme zu der Frage, ob die Absenkung der Warmwasser-Temperaturen in der aktuellen Krisensituation eine sinnvolle Maßnahme zur Energieeinsparung ist.
Eingriffe in die Trinkwasseranlage kann hohe Folgekosten verursachen
Während man bei reduzierten Raumtemperaturen lediglich friert, bestehe bei zu niedrigen Warmwasser-Temperaturen jedoch eine ernstzunehmende Gefahr für Gesundheit und sogar Leben der Benutzer. Denn bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 50 °C besteht ein erhöhtes Risiko auf Vermehrung von Legionellen und anderen krankheitserregenden Bakterien in der häuslichen Trinkwasser-Installation. Legionellen sterben erst in Temperaturbereichen oberhalb 55 °C ab, und nur bei über 60 °C geschieht das in genügend schnellem Maße.
Jede Warmwasserbereitungsanlage ist individuell auf die Erfordernisse des Gebäudes abgestimmt und muss zum hygienisch sicheren Betrieb auch dauerhaft innerhalb dieser geplanten Rahmenbedingungen betrieben werden, um jedem Verbraucher hygienisch einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung zu stellen. Eine Kontamination mit krankmachenden Mikroorgansimen auf Grund falsch umgesetzter Energiesparmaßnahmen muss anschließend mit erheblichem technischem oder organisatorischem Aufwand bekämpft werden, um eine Gesundheitsgefährdung der Nutzer zu verhindern. Demzufolge sind unbedachte, laienhafte Handlungen und Eingriffe in solche Systeme für alle Nutzer des Gebäudes als gesundheitsgefährdend einzustufen und ggf. mit unkalkulierbaren Folgekosten verbunden. Will man dann die Anlage wieder in einen bestimmungsgemäßen Betrieb setzen, sind beispielsweise aufwendige Gefährdungsanalysen, Reinigungen, Desinfektionen und Sanierungen die Folge. Die Kosten hierfür können dadurch den Einspareffekt schnell übersteigen.
Ebenso wenig zulässig ist ein zeitlich eingeschränkter Betrieb der Trinkwassererwärmung mit Zirkulation (Zeitschaltuhr), oder ein Betrieb mit abgesenkten Temperaturen (< 60/55 °C) in zentralen Großanlagen. Neben den gesundheitlich-hygienischen Risiken und entgegen der landläufigen Meinung wirkt eine tägliche temporäre Temperaturabsenkung letztendlich kaum Energie sparend, da für eine spätere Temperaturerhöhung ungleich mehr Energie eingesetzt werden muss.
>> Wohnungsunternehmen drosseln die Leistung von Heizungsanlagen - Eine gute Idee?
Mögliche Lösungen aus dem Dilemma
Konkrete Anforderungen und Hilfestellungen zur Außer- und Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen bietet die Empfehlung VDI/DVQST EE 3810 im Blatt 2.1. Eine fachgerechte Außerbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen oder Teilen davon obliegt ausschließlich geschultem Fachpersonal, das zuerst feststellt, was im individuellen Fall möglich ist und darüber informiert, welche Auswirkungen und Maßnahmen ggf. im späteren Betrieb erforderlich sind.
Wird in einem öffentlichen Gebäude, oder auch in Großanlagen z.B. über einen längeren Zeitraum kein Warmwasser benötigt, kann das Warmwasser-System durchaus vollständig abschaltet werden. Hierbei sollte jedoch für eine aktive Auskühlung durch Ausspülen von Warmwasserspeicher und Rohrleitungen mit Kaltwasser gesorgt werden, da bei langsamem Auskühlen in den kritischen Temperaturbereichen zwischen 20 und 50 °C ein Bakterienwachstum gefördert wird.
Auch in abgeschalteten Anlagen muss Wasser fließen
Der Grundsatz „Wasser muss fließen“ gilt jedoch auch für Anlagen, die nur teilweise außer Betrieb genommen werden sollen. Hier muss überall im System ein regelmäßiger Wasseraustausch stattfinden, damit kein Wasser in den Leitungen steht (stagniert) und seine Trinkwasserqualität verlieren kann. Das bedeutet, dass auch bei abgeschalteter Trinkwassererwärmung die Zirkulationspumpe weiterhin für eine Umwälzung des Wassers sorgen und auch das (dann kalte) Wasser der Warmwasserleitungen regelmäßig durch Entnahme oder Spülung ausgetauscht werden muss. Das Ausspülen der Leitungen ist dabei keine Wasserverschwendung, sondern nur die notwendige Simulation der bestimmungsgemäßen Nutzung.
Kleinere Anlagen, z.B. Wohnungen mit Gasthermen, Durchlauferhitzer oder Kleinspeicher, sind in Bezug auf potentielle Energie-Einsparung durchaus im Vorteil. Diese können mit wenig Aufwand auch zeitweise außer Betrieb genommen werden.
In jedem Fall gilt: Wenn über mehrere Tage hinweg kein Warmwasser benötigt wird, ist es besser, die Erwärmung komplett abzuschalten, als sie bei niedrigen Temperaturen weiterlaufen lassen. Am meisten Energie kann jedoch gespart werden, wenn die Leitungen und Einbauteile ordnungsgemäß gedämmt sind, wenn klein dimensionierte Anlagen verbaut werden und die Systeme richtig einreguliert und instandgehalten sind.
Um langfristig einen nachhaltigen, wirtschaftlichen und damit Energie sparenden Betrieb von Warmwasseranlagen zu gewährleisten, ist eine regelmäßige Instandhaltung unabdingbar. Verkalkte Wärmetauscher, überdimensionierte Anlagen und Leitungen, alte Pumpen, hydraulisch nicht abgeglichene sowie unzureichend gedämmte Trinkwasser-Installationen führen zu unnötig hohem Energieverbrauch und -kosten. In diesem Zuge tragen technische Verbesserungen der Anlage erheblich dazu bei, die vorhandenen Energiequellen effizienter zu nutzen.
Bei Neubauten, Generalsanierungen und dergleichen sollte auf eine schlankere Dimensionierung und Verlegung von Rohrleitungen und Trinkwassererwärmer geachtet werden. Kritisch hinterfragt werden sollte ebenso die Anzahl von Waschbecken, Badezimmer oder Duschanlagen.
Quelle: Deutsche Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene e.V.