Mietpreisbremse vor dem Aus?

Wer nicht bremst, hat keinen Schaden

Vor der Neuwahl des Bundestags wird die Mietpreisbremse definitiv nicht verlängert werden. Ob das Vorhaben in der neuen Regierung überhaupt durchgesetzt wird, ist fraglich. Denn die Kritik an der Umsetzung der 2015 erstmals beschlossenen Verordnung wird immer lauter.

Mehr als 400 Städte und Gemeinden nutzen die Mietpreisbremse. Die Regelung wurde 2015 eingeführt. Ihre Wirkung ist gleich Null. Foto: Adobestock/Oliver Böhmer
Mehr als 400 Städte und Gemeinden nutzen die Mietpreisbremse. Die Regelung wurde 2015 eingeführt. Ihre Wirkung ist gleich Null. Foto: Adobestock/Oliver Böhmer

Die jetzige Regelung läuft Ende 2025 aus. Kurz vor dem Bruch der Ampel-Regierung hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse bis Ende 2028 vorgelegt. Viele Vermieter ignorierten oder umgingen die gesetzlichen Regelungen bei Neuvermietung, kritisiert der Berliner Mieterverein. Und die Mietpreisbremse sei keine Antwort zur Zukunft des bezahlbaren Wohnens, heißt es zur Begründung einer Anfrage an die Bundesregierung durch die Fraktion Die Linke im Bundestag. Der Hauptkritikpunkt: Es gebe nur wenig Kontrollen, ob die Mietpreisbremse überhaupt eingehalten wird. Ahndungen gegen den Vermieter sind nicht vorgesehen. Und dass betroffene Mieterinnen und Mieter gegen den Mietpreis klagen, kommt eher selten vor. Viele Mieter wollen es sich mit dem Vermieter nicht verscherzen, außerdem sei eine Klage zu bürokratisch, heißt es oft.

Bundesregierung räumt stetigen Mietenanstieg ein

Indes bleibt es beim Alten: In den deutschen Großstädten ist Wohnraum knapp, die Zahl der Bewerber, die beim Besichtigungstermin in endlosen Schlangen durch die Wohnung jagen, werden immer größer und die Chance, als neuer Mieter auserkoren zu werden, geringer. Außerdem geht aus einer im November von der Bundesregierung veröffentlichten Antwort hervor, dass gleichzeitig die Mieten in den Großstädten immer teurer werden. Wie die Bundesregierung mitteilte, sind die Mieten im Schnitt in Berlin am deutlichsten gestiegen. Sie verdoppelten sich zwischen 2023 und 2024 von 8,10 Euro pro Quadratmeter auf 16,35 Euro. Die höchsten Mietpreise hat nach wie vor München. Hier lag der Quadratmeter-Preis 2023 durchschnittlich bei 20,59 Euro. Das ist ein Plus von knapp 50 Prozent im Vergleich zu 2014. Insgesamt lagen die Mieten pro Quadratmeter in acht der 14 Großstädte bei mehr als zehn Euro. 2014 war das nur in München, Stuttgart und Frankfurt am Main der Fall.

Pfandbriefbank: Mehrfamilienhäuser mit stärkstem Preisanstieg

Die Entwicklung der letzten Jahre setzt sich weiter fort. Die Pfandbriefbank liefert ganz aktuelle Zahlen: Laut Pfandbriefbank sind die Neuvertragsmieten in Mehrfamilienhäusern im dritten Quartal 2024 weiter gestiegen: Auf Quartalssicht um 0,7 Prozent und auf Jahressicht sogar um 5,6 Prozent. Die Renditen von Mietobjekten, gemessen am vdp-Index für Liegenschaftszinsen, nahmen auf Jahressicht um 5,3 Prozent zu. Dies sei allerdings der geringste Renditeanstieg seit dem dritten Quartal 2022.

Vermieter haben keine Sanktionen zu fürchten

Vor dem Hintergrund dieser Miet- und Renditemaximierung ist die Mietpreisbremse, die Mieter eigentlich vor horrenden Steigerungen schützen soll, aus Sicht von immer mehr Kritikern gescheitert, weil schlicht wirkungslos. Das Internetportal Mietenmonitor erfasst deutschlandweit das Niveau der Mietpreise und scannt den Wohnungsmarkt auf Verstöße gegen die Mietpreisbremse und Fälle von Mietwucher. Ein Bericht des Portals kommt zu dem Schluss, dass die Mietpreisbremse ihr Ziel deshalb verfehle, weil Vermieter, die sich nicht an die Regel halten, keine Sanktionen zu fürchten haben.  Das Kernproblem offenbar: Selbst bei aufgedeckten Verstößen sind weder ein Bußgeld noch eine andere Sanktion vorgesehen.

Haufe-Immobilien zitierte das Portal Mietenmonitor, das für eine exemplarische Studie zum Düsseldorfer Wohnungsmarkt im Auftrag des Mietervereins Immobilienanzeigen durchforstet und Mieten herausgefiltert hat, die überteuert sein könnten: Demnach verstößt ein Viertel der Angebote gegen die Mietpreisbremse.

TU München: Mieter wollen es mit Vermietern nicht verscherzen

Ein Problem: Viele Mieter wissen nichts von der Bremse. Das hat Felicitas Sommer von der TU München herausgefunden. Sie hat für ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der LMU München 10.000 Mieter angeschrieben. Gegenüber dem Münchner Merkur nannte sie ein weiteres Ergebnis der Studie: Nur 2,4 Prozent der Teilnehmenden rügte demnach den Vermieter. Von denjenigen, die berechtigt gewesen wären, auf der Mietpreisbremse zu bestehen, hatten rund drei Viertel Bedenken und Angst vor negativen Konsequenzen. Denn Mieter müssen dafür selbst aktiv werden, zur Not vor Gericht gehen. Davor schrecken viele zurück. Sie antworteten den Forschern, dass sie es nicht mit ihrem Vermieter verscherzen wollten oder dass sie Angst hätten, dass er das Mietverhältnis beendet. Sommers Fazit: "So wie die Mietpreisbremse aktuell ausgestaltet ist, funktioniert sie nicht und ist damit ein Feigenblatt."

Demgegenüber meint das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW in einem 2019 veröffentlichten Evaluierungsbericht im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz BMJV, die Mietpreisbremse sei besser als ihr Ruf. Allerdings kommt das Institut auch schon damals zu dem Schluss, die Bremse wirke messbar, wenn auch nur moderat.

Wie funktioniert die Mietpreisbremse überhaupt?

Die Mietpreisbremse regelt, dass die Miete bei Bestandsverträgen maximal auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden darf. Bei Neuvermietungen darf die Miete maximal zehn Prozent über dieser liegen. Die ortsübliche Vergleichsmiete ergibt sich aus Mietspiegel Ihrer Kommune und ist von mehreren Faktoren abhängig, wie zum Beispiel der Lage, des Baujahrs des Hauses und der Ausstattung der Wohnung. Mehrere Vereine und auch gewerbliche Anbieter bieten bereits Beratungen zur Mietpreisbremse an.

Wo gilt die Mietpreisbremse?

Mehr als 400 Städte und Gemeinden in Deutschland nutzen die Mietpreisbremse. Sie gilt in allen Bundesländern, außer im Saarland, in Sachsen-Anhalt und in Schleswig-Holstein.

Wie kannst man die Mietpreisbremse durchsetzen?

Müssen Sie zu viel Miete zahlen, ist die Vereinbarung über die Höhe unwirksam, nicht aber der gesamte Mietvertrag. Sie müssen zukünftig nur noch die zulässige Miete überweisen. Zudem haben Sie Anspruch auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete (§ 556g BGB). In drei Schritten können Sie Ihre Forderung durchsetzen:

1. Schritt: Überhöhte Miete rügen

Beschweren Sie sich bei Ihrem Vermieter, dass er die Mietpreisbremse nicht berücksichtigt hat. Dazu rügen Sie die überhöhte Miete (§ 556g Abs. 2 BGB).

2. Schritt: Zu viel gezahlte Miete zurückfordern

Bei neueren Mietverträgen haben Sie einen Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Miete, die seit Beginn des Mietverhältnisses zu viel gezahlt wurde (§ 556g Abs. 2 BGB). Das gilt für alle Mietverträge, die seit 1. April 2020 geschlossen wurden. Sie müssen dazu nur den Verstoß gegen die Mietpreisbremse innerhalb der ersten 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses beanstanden.

Was, wenn der Vermieter die Rüge nicht akzeptiert?

Wenden Sie sich an einen Mieterverein, an eine Rechtsanwaltskanzlei oder einen Rechtsdienstleister wie z.B. conny.legal.

Christina Hövener-Hetz

Christina Hövener-Hetz
Autorin, Inhaberin, Agentur für politische Kommunikation und Presse
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