Homeoffice in der Immobilienverwaltung (Teil 5)

Eine Chance für burnoutgefährdete Mitarbeiter?

Derzeit ist das Stressniveau bei den meisten Immobilienverwaltungen pandemiebedingt niedriger als sonst. Doch das wird sich wieder ändern. Hinzu kommen jede Menge aufgestaute Vorgänge, mangels Versammlungen und Beschlüssen. Doch lassen wir die Pandemie mal beiseite.

1105
Eine gut strukturierte Verwalterin ohne übertriebene Aufopferungsbereitschaft kann durch die Arbeit im Homeoffice der permanenten Überlastung entgehen. Bild: Vpardi/stock.adobe.com
Eine gut strukturierte Verwalterin ohne übertriebene Aufopferungsbereitschaft kann durch die Arbeit im Homeoffice der permanenten Überlastung entgehen. Bild: Vpardi/stock.adobe.com

Zweifelsfrei gelten Immobilienverwaltungen als Burnout-Hochrisikogruppe. Es sind vorrangig die Berufe mit einer hohen persönlichen Zuwendung zu anderen Menschen, die mit dem Risiko zur Burnouterkrankung einhergehen. Interessant ist, dass besonders der karitativ geprägte Verwalter in einem ganz besonderen Maße gefährdet ist. Idealismus ist ein Nährboden für Überforderung.

Viel zu viele noch zu erledigende Aufgaben und ständiger Termindruck werden generell als entscheidende Faktoren bezeichnet, beim Verwalter noch regelmäßig verstärkt durch die saisonale Überlastung in der Versammlungszeit.

Ein gesamtgesellschaftlicher Wandel im Umgangston und im zwischenmenschlichen Bereich schlägt beim Verwalter direkt durch, da er im unmittelbaren Bezug zu den Menschen steht.

Kann nun die derzeitige Erfahrung mit dem Homeoffice Impulse geben für mehr Motivation, für eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit?

Zuerst kommt es auf die Persönlichkeit an, das Homeoffice ist gewiss nicht für jeden das Richtige. Auch ist die häusliche Situation manchmal eher kontraproduktiv und zehrt dann noch mehr am Nervenkostüm.

Doch wenn diese beiden Faktoren passen, kann die Arbeit von zu Hause eine sehr gute Burnout-Prävention darstellen. Nach Studien werden Büroarbeiter im Durchschnitt alle elf Minuten bei ihrer Beschäftigung unterbrochen und wenden sich meist noch zwei weiteren Aufgaben zu, bevor es dann endlich wieder zum eigentlichen Thema zurückgeht. Die Arbeitswissenschaft spricht vom Sägeblatteffekt. Beim funktionierenden Homeoffice ist dem nicht so. Ständige Unterbrechungen am Arbeitsplatz und der Verlust der Konzentration treten deutlich geringer auf.

Durch eine ausgeklügelte Telefonie könnten nur die wirklich relevanten Anrufe durchgelassen werden. Auch eine bessere Justierung der betrieblichen Prozesse – wie in Teil 4 dieser Serie beschrieben – kann Wunder wirken. Eine strukturierte Vorgangsbearbeitung mit vernünftiger Priorisierung und Delegationsmöglichkeit bei Überlastung bringt automatisch eine gewisse Entspannung mit sich. Umzusetzen ist das sehr einfach, wenn das meist ohnehin vorhandene Microsoft Teams als Schaltzentrale für das Büro inklusive der mächtigen Aufgaben-App „Tasks“ richtig genutzt wird.

Die echte, innerliche Zufriedenheit erzielt generell die beste gesundheitserhaltende Wirkung. Der emotional kompetente und stabile Immobilienverwalter zeigt eine realistische Einschätzung ohne Hang zum Perfektionismus auf, kennt seine Stärken und verzettelt sich nicht in extremer Hilfsbereitschaft.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass für die Verarbeitung von Daten eine Rechtsgrundlage bestehen muss. Eine Einwilligung des Betroffenen kann eine solche Rechtsgrundlage sein. Eine Einwilligung muss dabei konkret sein und insbesondere den...

Vorteilhaft ist in diesem Kontext eine deutliche Minimierung des Kontakts mit dem Kunden, auch ein Vorteil des Homeoffice in Verbindung mit der Kontakt-Verlagerung in das Kundenportal. Wer hier protestiert, muss sich selbstkritisch überlegen, wo er sich bei der immer ausgeprägteren Zwei-Klassen-Verwaltergesellschaft positionieren möchte.

Es dürfte klar sein, dass der rentabel arbeitende Unternehmerverwalter eine höhere Wertschätzung beim Kunden genießt, als der sich für alles zuständig betrachtende Selbstausbeutungsverwalter mit viel intensiverem Kundenkontakt. Wertschätzen sollte der Verwalter auch sich selbst, damit beachtet er sich und seine Bedürfnisse und gibt dem Burnout deutlich weniger Chancen.

Die richtige persönliche Positionierung mit dem Ziel der Zufriedenheit in Verbindung mit effizienten betrieblichen Abläufen, dem Fokus auf angepassste Homeoffice-Prozesse und einer Neudefinition der Serviceorientierung bei gestiegener Wertschätzung dürften einen großen Teil dazu beitragen, den Verwalter vor einem Burnout zu schützen.

Homeoffice in der Praxis

Das ist die Homeoffice-Serie der Fachzeitschrift IVV:

1. Ein Modell auch für die Nach-Corona-Zeit? (aus IVV 01-02/21)

2. Ein richtig attraktiver Arbeitsplatz sollte es schon sein (aus IVV 03/21)

3. Die angemessene digitale Technik (aus IVV 04/21)

4. Selbstorganisation und die betrieblichen Prozesse (aus IVV 05/21)

5. Eine Chance für burnoutgefährdete Mitarbeiter? (aus IVV 06/21)

6. Teamarbeit und die Sicherstellung des sozialen Austauschs (aus IVV 07-08/21)

 

IVV-Ausgaben ansehen, Artikel online lesen
Ausgaben vor- oder nachbestellen

Alexander Haas

Alexander Haas
Immobilienverwalter und Unternehmensberater, Firma Haas Immobilienverwaltung GmbH 
AnhangGröße
Beitrag als PDF herunterladen270.05 KB

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Eine Chance für burnoutgefährdete Mitarbeiter?
Seite 20
7.2.2023
Kolumne
Ist mein Glas halbvoll oder halbleer? Wie wir auf Krisen und Herausforderungen blicken, hat oft etwas mit der inneren Einstellung zu tun. Das Jahr 2022 hatte mit so ziemlich allen Krisen aufgewartet...
4.10.2022
Materialknappheit und Preisexplosion
Mit der Pandemie ist der abstrakte Begriff der höheren Gewalt für fast alle Vertragsparteien real geworden. Und der Ukrainekrieg führt zu bisher nicht bekannten Störungen von Lieferketten...
26.10.2023
Gebäudekühlung ohne Klimaanlagen
Spätestens 2050 wird der weltweite Kühlbedarf den Heizbedarf übersteigen – wegen der Klimaerwärmung. Doch wie lassen sich Gebäude am besten kühlen? Effizient geht das nur, wenn man erst gar keinen...
11.12.2023
Digitalisierung in der Aufzugsbranche
Intelligente Aufzüge sind das Herzstück moderner und smarter Gebäude. Sie nutzen Daten, um sowohl die Mobilität im Gebäude als auch die Erfahrungen der Fahrgäste zu verbessern. Vernetzte Aufzüge...
23.2.2023
IVV Weiterbildung
Abwarten ist menschlich. Erst wenn der erste Schnee fällt, entschließen sich viele Menschen, Winterreifen aufziehen zu lassen. Dann bekommt man aber keinen Termin in der Werkstatt. Ab 1. Dezember 2023...
28.4.2023
Sanierung in der WEG: Vielen Eigentümern fehlt das Geld
Steigende Energiepreise und verschärfte Gesetzesanforderungen an die Energieeffizienz und CO2-Sparksamkeit von Gebäuden zwingen Wohnungseigentümergemeinschaften zum Handeln. Doch für Eigentümer ohne...