Fragen an BVI-Präsident Thomas Meier „Auch ein besseres WEG muss gelebt werden“
Zukünftig sind Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen wesentlich einfacher umzusetzen, so sieht es jedenfalls der Gesetzentwurf vor. Das bezieht sich auf die E-Mobilität, den barrierefreien Aus- und Umbau und Maßnahmen des Einbruchschutzes. Der Beschlussweg für bauliche Veränderung soll generell vereinfacht werden. Das ist sicherlich sinnvoll. Ferner soll der Verwalter mehr Befugnisse bekommen. Das haben wir seit vielen Jahren gefordert. Die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis soll erweitert werden. Der Verwalter würde tatsächlich zu einem Organ der Eigentümergemeinschaft, ähnlich dem Geschäftsführer einer GmbH mit unbeschränkter Vertretungsmacht für die Gemeinschaft im Außenverhältnis. Das ist geschickt, weil damit die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft, auch die des Verwalters, enorm gestärkt wird. Das halte ich für sehr wichtig. Substanziell ist darüber hinaus, dass die Gemeinschaft eindeutig als Trägerin der Verwaltung definiert wird und die unpräzisen Begriffe im aktuellen WEG beseitigt werden. Zukünftig gibt es nur noch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die selbst Trägerin von Rechten und Pflichten ist. Das ist eine gute Sache.
Wohnen im Eigentum (WiE) sieht die Verschiebung der Verwalterkompetenzen Richtung Geschäftsführung sehr kritisch. Was sagen Sie dazu?
Ganz ehrlich, wenn der Verwalter heute qualifiziert ist, dafür kämpfen wir ja auch, dann sehe ich überhaupt kein Problem. Zumal im Innenverhältnis der Eigentümergemeinschaft – auch das sieht ja der Gesetzentwurf vor – die Vertretungsmacht eingeschränkt werden kann. Wenn die Organe funktionieren, wenn die Eigentümergemeinschaften funktionieren und der Verwalter professionell ist, habe ich da keinerlei Bedenken.
Stellt die geplante unbeschränkte Vertretungsmacht des Verwalters ein erhöhtes Risiko für Eigentümer dar?
Das sehe ich nicht so, weil wie gesagt diese Vertretungsmacht im Innenverhältnis eingeschränkt werden kann. Der Verwalter ist daran gebunden und damit schadenersatzpflichtig, wenn er seine Kompetenzen im Außenverhältnis überschreitet. Die Reform kann nur dann optimal umgesetzt werden, wenn die handelnden Personen, also Eigentümer und Verwalter, professionell mit dieser Thematik umgehen. Allein durch die Änderung des WEG wird die Verwaltung nicht besser.
Verwalter sollen einmal im Jahr einen Vermögensbericht erstellen. Was ist der Unterschied zu WEG-Abrechnung und Wirtschaftsplan und wie stehen Sie zu dieser neuen Aufgabe?
Der Wirtschaftsplan enthält ja nur die voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen. Das wird dann durch die Jahresabrechnung abgelöst, wenn die Ist-Kosten feststehen. Um dem Transparenzgrundsatz gerecht zu werden, müssen wir schon heute eine Vermögensübersicht liefern. Auch der BGH verlangt, Abrechnung und Vermögenssituation müssen transparent und nachvollziehbar sein. In der Praxis ist das häufig schwierig, weil das Einnahmen-Ausgaben-Prinzip und das Thema Abgrenzung die Transparenz erschweren. Wenn selbst Steuerberater Probleme mit der WEG-Abrechnung haben, kann man nachvollziehen, dass das allen anderen ebenso ergeht. Die Einführung einer Vermögensübersicht ist grundsätzlich gut. Aber das könnte man auch einfacher machen. Lass uns wie in jedem anderen Unternehmen eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung aufstellen oder eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und eine vereinfachte Bilanz dazu. Damit könnte klar gezeigt werden, was da ist.
Der neue § 29 besagt nicht mehr ausdrücklich, dass Verwaltungsbeiräte Rechnungsbelege und Kostenvoranschläge prüfen sollen. Bedeutet das einen Kontrollverlust für die Eigentümer?
Nein, überhaupt nicht. Das ist bisher eine Kann-Vorschrift. Und ehrlich gesagt, das Thema Angebote beschäftigt uns permanent. Wer definiert denn, wie viele Angebote ausreichend sind und dann sollen die Angebote vergleichbar sein. Mir soll mal ein Richter definieren, was vergleichbar ist. Das funktioniert in der Praxis einfach nicht. Deswegen glaube ich, dass die Prüfung von Kostenvoranschlägen nicht zwingend umgesetzt werden muss, weil das auch weit über das hinausgeht, was ein Beirat im Ehrenamt leisten kann. Unabhängig davon, kann jeder einzelne Eigentümer diese Prüfung vornehmen. Wir wissen alle, die wir uns mit WEG beschäftigen, die meisten interessiert das Thema nicht so stark. Da kommt dann wieder der Ruf nach einem Eigentümerführerschein hoch. Bevor du eine Immobilie für einen sechsstelligen Betrag kaufst, beschäftige dich bitte erst mal mit den Spielregeln des Wohnungseigentumsrechts.
Es gibt offenbar Eigentümer mit einem ausgeprägten Misstrauen gegen Verwalter. Glauben Sie, dass ein reformiertes WEG hier Brücken bauen kann?
Das mag schon gelingen, weil die Reform das WEG wesentlich praxisnäher machen soll. Aber ich wiederhole: Das Ganze muss gelebt werden. Das gelingt nur mit qualifizierten Marktteilnehmern. Das gilt für die Verwalter im Besonderen, aber auch für Eigentümer, die etwas sensibler mit den Themen Immobilie und Wohneigentum umgehen sollten. Das Gesetz allein wird uns nicht weiterbringen. Es muss gelebt und ausgestaltet werden. Und dazu bedarf es der Professionalität.
Danke, Herr Meier, für das Gespräch.
Das Interview führte Thomas Engelbrecht
Thomas Engelbrecht
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