Immobilien-Verwalter mit Herz für Pflege

Gewinn stärkt Denkmalschutz und Pressefreiheit

Die Palm-Stiftung mehrt ihr Kapital durch Immobiliengeschäfte. Gewinne aus der Vermietung von Apotheken und Arztpraxen fließen in den Erhalt von Denkmälern, in den Bau von Gesundheits- und Pflegestandorten und sie dienen der Stärkung der Pressefreiheit – in Gedenken an einen erschossenen Buchhändler.

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Denkmalschutz als Unternehmensziel, wie er erlebbar ist am Stammhaus der Apotheker-Familie Palm am Schorndorfer Marktplatz. Bild: Palm GmbH & Co KG
Denkmalschutz als Unternehmensziel, wie er erlebbar ist am Stammhaus der Apotheker-Familie Palm am Schorndorfer Marktplatz. Bild: Palm GmbH & Co KG

Die Schorndorfer Palm GmbH & Co. KG betreibt aktuell 30 Gewerbeimmobilien an 13 Standorten mit einem Bilanzwert von 20 Millionen Euro.Im Mai erweitert ein 2,5 Millionen Euro teurer Neubau in Pforzheim den Standort dort. Gesellschafter der GmbH ist die 1995 gegründete Palm-Stiftung e.V. des Apotheker-Ehepaars Dr. med. Maria und Johann-Phi-lipp Palm.

„Die meisten Immobilien haben die Palms zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren entwickelt, erbauen lassen oder erworben,“ sagt Monika Seckler-Fleischer. Die Diplom-Politologin, Immobilien-Fachwirtin und Kauffrau der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft ist Geschäftsführerin der GmbH in Schorndorf. Hier hat auch die Stiftung ihren Sitz, deren Vorständin die Palm-Nachfahrin Annette Krönert ist. Die Stiftung verfolgt vor allem zwei Ziele: Denkmalschutz, wie er exemplarisch erlebbar ist am Stammhaus der Apotheker-Familie Palm am Schorndorfer Marktplatz, sowie Förderung der Meinungs- und Pressefreiheit im Gedenken an den Buchhändler Johann-Philipp Palm, der 1806 in Nürnberg erschossen wurde, weil er den Autoren einer Kritik an Napoleon, dem französischen König und Kriegstreiber, nicht preisgab.

Der umfassende Ansatz der Unternehmens- und Stiftungsgründer, der neben dem wirtschaftlichen Aspekt eines Standorts immer auch die gesellschaftliche Dimension mitdenkt, inspiriert die tägliche Arbeit des vierköpfigen Teams um Seckler-Fleischer: Die Immobilien erwirtschaften ihre Mieteinnahmen zu je einem Drittel aus der Vermietung an Apotheker, Fachärzte und Angebote des täglichen Bedarfs wie Bäcker, Banken oder Modefilialisten.

Journalistenpreis ist mit 20.000 Euro dotiert

In Summe sind das 150 individuell gestaltete Mietverhältnisse mit grob geschätzt 1.000 Arbeitsplätzen, die jährlich insgesamt 2,3 Millionen Euro an Mieteinnahmen erbringen. Aus diesen Erlösen, abzüglich Investitionen in den Immobilienbestand, werden die Stiftungszwecke erfüllt. Diese umfassen den Erhalt denkmalgeschützter Gebäude samt der in ihnen ansässigen medizinisch-pharmazeutisch-pflegerischen Infrastruktur in Stadtquartieren einerseits. Andererseits fließen die Mittel in den internationalen Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit, der mit einem Preisgeld in Höhe von 20.000 Euro dotiert ist und alle zwei Jahre an herausragende Personen und Organisationen im Bereich Journalismus vergeben wird. Kleinere Projekte in der lokalen Bildungsarbeit und Demokratieförderung profitieren ebenfalls von der Stiftung.

Entsprechend erwirbt die Palm GmbH Objekte, die wegen Auflagen des Denkmalschutzes für andere Investoren uninteressant sind, insbesondere, wenn sich medizinische und pflegerische Angebote dort verwirklichen lassen. In den vergangenen 15 Jahren hat sich das Profil Richtung betreutes Wohnen und Pflege geweitet. Ohnehin sind in den oberen Etagen der Ärztehäuser schon immer oft die Apothekerdienstwohnungen untergebracht gewesen.

Bauträger-Tochter realisiert Senioren-Appartements und Gesundheitspraxen

Die Immobilien GmbH als Tochter der Palm GmbH fungiert zudem als Bauträgerin und Stadtquartiersentwicklerin, die pro Jahr drei bis fünf Projekte sondiert, um im Schnitt eines realisieren zu können. Die Investitionsvolumina liegen dann meist bei sieben bis zehn Millionen Euro und haben ihren Schwerpunkt auf betreutem Wohnen in Barriere-reduzierten Appartements, die veräußert werden. Dagegen bleiben gewerbliche Flächen für Apotheken, Arzt- oder Physiotherapiepraxen, Ladengeschäfte sowie ein Teil der Tiefgaragenplätze im Teileigentum der Stiftung, die diese Parzellen über eine weitere Verwaltungs-GmbH vermietet.

„Unser Business ist gleichermaßen kleinteilig wie vielschichtig,“ sagt Seckler-Fleischer, die sich einst als Immobilienjournalistin in Berlin für die Branche erwärmte. So befasst sie sich mit dem Wohn-, Teilhabe- und Betreuungsgesetz (WTBG), weil in immer mehr Objekte Wohngruppen für Intensivpflege einziehen, aber auch mit Telemedizin und e-Rezepten, um frühzeitig auf Veränderungen im Business ihrer Mieterinnen reagieren zu können.

2020 hatte sie es vor allem mit Einzelfallregelungen aus dem Textilbereich zu tun, deren Inhaberinnen über Monate vom Pandemie-bedingten Lockdown betroffen waren. Die Immobilien-Managerin: „Hier haben sich unsere inhabergeführten, familiären Strukturen bewährt.“ Mietstundungen werden in begründeten Fällen flexibel gewährt, Ausfälle werden sich in Grenzen halten, zumal auch die Stiftung „nichts zu verschenken hat.“

Der Umbau von Bestandpraxen gehört zum Tagesgeschäft

So achtet die Palm-Gruppe darauf, dass jedes einzelne Objekt sich in seinem besonderen Mix selbst rechnet und nicht einige Standorte andere dauerhaft quersubventionieren müssen. Das sei umso wichtiger, weil nicht jeder Arzt oder jede Apothekerin unbedingt unternehmerisch denkt, sondern oft von der Leidenschaft für die Patienten getrieben und in einem reglementierten Gesundheitsmarkt gegängelt ist. Der Umbau von Bestandspraxen wegen neuer Richtlinien oder geänderter Bedürfnisse gehört zum Tagesgeschäft.

Kommunen, Nachbareigentümer, Filialisten, Makler, Architekten und Akteure aus Pflege- und Gesundheitsbranche bilden das Netzwerk von Angebot und Nachfrage, in dem sich Seckler-Fleischer und ihr Team bewegen. Über sie werden die Schorndorfer oft auf Baulücken, Objekte zum Verkauf oder Brachflächen in einzelnen Kommunen aufmerksam. Dann beginnt die Recherche: Wer sind die potenziellen Mieter aus dem Gesundheitsbereich? Wer die Käuferinnen für Wohnungen? Wie gestaltet sich das Umfeld?

Im Einzelfall hält Seckler-Fleischer in Gemeindesälen Veranstaltungen mit Anwohnern ab, um Stimmungen aufzunehmen, Mitstreiter zu identifizieren und Ideen durchzuspielen. Dem Stiftungsziel verpflichtet, schaut sie etwa auch, dass sie für Arztpraxen im Bestand Nachmieterinnen findet, um die medizinische Versorgung lokal sicherzustellen. Die Behandlungsangebote im Ärztehaus sollen gut zusammenpassen – Synergie statt Konkurrenz ist gefragt. Die Verwalterin: „Im schlimmsten Fall stand eine Praxis deshalb sieben Jahre leer, bis wir einen Nachfolger gefunden hatten.“ Aber strategische Leerstände müsse sie verkraften, damit der Schwerpunkt Gesundheit bleibt.

Intensivpflege-Wohngruppen sind ein Trend

Die Mietergemeinschaft funktioniert in einigen Ärztehäusern so gut, dass auch der „Facility-Manager“ promoviert ist. Besonders Zahnärzte fungieren als Ansprechpartner der Verwalterin im Minijob. Auf sie ist Verlass, ob der Aufzug wirklich „ohne Befund“ ist oder „eine Nachuntersuchung nötig“ ist. Und ein Trend der jüngeren Zeit: Da sich Flächen ab 250 Quadratmetern für Intensivpflege-Wohngruppen eignen, nehmen die Gespräche mit potenziellen Betreibern zu. Im Erdgeschoss sind dann künftig häufiger Apotheke, Bäcker und Boutiquen anzutreffen, im ersten Stock Arztpraxen, im zweiten dann eine Wohngruppe und unter dem Dach eventuell Wohnungen für Pflegepersonal.

Lesen Sie auch das persönliche Porträt über Monika Seckler-Fleischer auf der folgenden Seite.

Eine Pragmatikerin mit sozialer Kompetenz

Ich bin eine pragmatische Idealistin“, sagt Monika Seckler-Fleischer über sich selbst. Die 60-jährige Geschäftsführerin der Palm GmbH & Co. KG verantwortet 13 Großstandorte in ganz Deutschland. Kern sind innerstädtische Immobilien, die historisch bedingt eine Apotheke beheimaten, meist mit Arztpraxen darüber. Diese Struktur geht auf das Stifterpaar Dr. Maria und Johann-Philipp Palm zurück. In ihrem Lebenswerk spiegelt sich die fast 400Jahre alte Apotheken- und Ärztetradition der württembergischen Familie. Gewinne aus den Immobiliengeschäften fließen in die Palm-Stiftung, die sich für Denkmalschutz sowie für Meinungs- und Pressefreiheit einsetzt.

Meist umfassen die Standorte, wie am Firmensitz in Schorndorf bei Stuttgart, mehrere Gebäudenutzungen und -altersklassen, vom 16. bis ins 20. Jahrhundert – daher sind Fachwissen und Flexibilität gefragt. Neben den Gesundheitsberufen mieten Modehändler, Banken, Bäckereien und Optiker die Palm‘schen Flächen. „Die bunte Mischung der gut 150 Gewerbemieter erfordert eine individuelle Bedarfsermittlung und aktuelle Branchenkenntnisse“, sagt Seckler-Fleischer, die ursprünglich nicht aus der Immobilienszene stammt.

Ich habe am Otto-Suhr-Institut der Freien Uni Berlin Politik und VWL studiert“, berichtet die gebürtige Stuttgarterin, die 23 Jahre in der Bundeshauptstadt lebt, ehe es sie 2005 zurück in die Heimat zieht.

Nach dem Studium probiert sich die junge Frau im Berlin der Wendezeit aus. Volontiert bei der Tageszeitung „taz“ und arbeitet als Journalistin beim damaligen Branchenblatt „Immo-Telex“. Nebenbei spielt sie bei einem Filmprojekt mit, jobbt als Pflegehelferin beim Roten Kreuz und modelt für die damaligen Jungdesigner Tangram Design und Beate Bonk. Danach folgen Stationen in der Immobilienwirtschaft: Erstes Objekt ist das Corbusier-Haus Berlin mit 530 Wohnungen. Spannend auch der Neubau von Projekten für junge Obdachlose und die Vermarktung sanierter Wohnhöfe aus den 1920er-Jahren, die sich in jüdischem Familienbesitz befinden.

Ausschlaggebend für den Standortwechsel zurück nach Stuttgart ist die Pflegebedürftigkeit der Eltern und die Krebserkrankung einer Freundin. Um beide kümmert sie sich. Seckler-Fleischer bleibt im Schwaben-Kessel und bewirbt sich bei der Palm-Gruppe als Geschäftsführerin. Hier wirkt sie am passenden Platz, bringt Biografie-bedingt das optimale soziale und intellektuelle Rüstzeug mit für die vielen Schnittstellen. Etwa zwischen der Hauptgesellschafterin, der Palm-Stiftung, und der Immobilienfirma, der sie vorsteht.

„Ich habe bei allen beruflichen Stationen Neues gelernt“,

bilanziert Seckler-Fleischer, die in manchen Firmen auch mit kruden Methoden der Mieterhöhung konfrontiert wird und daraufhin konsequent das Arbeitsverhältnis kündigt. Berufsbegleitend erwirbt sie IHK-Abschlüsse zur Kauffrau der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft sowie zur Immobilienfachwirtin. Im Umgang mit Hartz-IV-Empfängern, reichen Unternehmern, jungen Obdachlosen und der Pflegebranche wird die Palm-Geschäftsführerin in unterschiedlichsten Milieus trittsicher.

Diese Vielseitigkeit dient ihr heute beim Realisieren wegweisender Projekte. So baut die Palm-Gruppe als einer der ersten Investoren in Deutschland eine Wohngruppe für Intensivpflege in Holzbauweise. Die Komplexität des Vorhabens ist in der Provinz neu und ungewohnt. Ämter, Gutachter und letztlich sogar Handwerker kommen an ihre Grenzen, weil die brandschutztechnische Einordnung für Wohngruppen mit acht Pflegeplätzen baurechtlich ans Krankenhaus andockt.

Dabei gehören Neuland erkunden und Kompetenzerwerb zu den Tätigkeiten, die Seckler-Fleischer bei ihrer Arbeit bevorzugt. So erneuert sie bei Palm ab 2007 die EDV und führt entlastende Strukturen ein: Komplexe Abrechnungen gemischt genutzter Gebäude, das Überwachen von Verträgen und die Neuberechnung von Mieten laufen seither digital. Als Immobilienmanagerin in Schorndorf kommt ihr ferner ihr politischer Hintergrund aus Berlin zugute.

„Ich verfolge permanent die Gesundheitspolitik“, schildert Seckler-Fleischer. Denn Niederlassungsbeschränkungen für Ärzte bestimmen ihr Geschäft genauso wie der Trend zu Gemeinschaftspraxen, Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und das E-Rezept. Schließlich strebt Seckler-Fleischer für ihre Standorte an, diese wertvoll zu halten. Sie schaut also, dass in den Standorten Apotheken und Arztpraxen zusammenarbeiten und etabliert Frequenzbringer wie Bank- und Bäckereifilialen im Umfeld.

Ihre beruflichen Interessen bringt sie zudem in ein Netzwerk ein: Seit 15 Jahren ist sie im Verein „Frauen in der Immobilienwirtschaft“ ehrenamtlich aktiv, organisiert Fachfortbildungen, Projektbesichtigungen und Möglichkeiten des Austauschs. Dass diese Treffen immer fruchtbar sind, weiß Seckler-Fleischer aus eigener Erfahrung. Eine Bankerin aus dem Netzwerk referiert über Sinn und Zweck starker Eigenkapitalquoten bei Immobilienfinanzierungen. Seckler-Fleischer lernt, dass diese nicht immer zu günstigeren Kreditzinsen führen.

Sowas erzählt einem der Banker in der Verhandlung nicht“, meint sie pragmatisch, die Frau im Netzwerk hingegen schon.

Leonhard Fromm

Leonhard Fromm
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Artikel Gewinn stärkt Denkmalschutz und Pressefreiheit
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