Glosse: Ein Hausverwalter sagt seine Meinung

Gut, wenn man Rücklagen hat

Hausverwalter: Krisensicherer Job, oder? Die Corona-Krise hat uns und unser Leben – beruflich und privat – voll im Griff. Als Gesellschaft gehen wir mittlerweile am Stock, weil die Freizügigkeit angeblich in Gefahr ist und die Kontaktbeschränkungen ein Angriff auf die Grundrechte sein sollen. Jetzt lassen wir mal die Kirche im Dorf. Ja, wir müssen verzichten und uns einschränken. Aber was wäre die Alternative?

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 Bild: Adobestock/Andrey Popov
Bild: Adobestock/Andrey Popov

Der Situation kann ich trotz aller Unbill etwas Gutes abgewinnen: Ich freue mich seit langer Zeit mal wieder richtig, dass ich den Beruf des Hausverwalters ergriffen habe. Im Vergleich zu vielen anderen Selbstständigen, die momentan um ihre Existenz bangen müssen, haben wir Verwalter es (noch) sehr gut. Wenn wir mal ehrlich sind, ist unser Job doch so etwas wie „verbeamtete Selbstständigkeit“. Unsere Einnahmen laufen weiter wie bisher , das wird wohl auch so weitergehen, wir müssen niemanden entlassen oder in Kurzarbeit schicken. Einzig die Umstellung auf die digitale Welt bereitet uns als Branche jetzt ein paar Probleme. Da haben wir vorher geschlafen.

Ein paar Monate weiter und die Situation meiner Kunden überdenkend, kommen mir da schon ein paar Sorgenfalten auf die Stirn. Selbst wenn ich keine finanziellen Engpässe habe, so ist dies doch absehbar bei Dienstleistern, Handwerkern und auch bei einer Vielzahl meiner Kunden, sprich der Eigentümer und Mieter, mit Sicherheit anders. Die Rezession wird massive Auswirkungen auf die Wirtschaft, Zahlungssicherheit und die Arbeitslosenzahlen haben. Noch zehren viele von Rücklagen, aber je länger die Krise dauert, umso weniger ist nachher davon noch vorhanden. Ich mache momentan im Freundeskreis schon die Erfahrung, dass so mancher, der vorher ein wenig auf meinen Job herabgeschaut hat, jetzt neidisch auf die solide wirtschaftliche Lage meines Unternehmens blickt.

Und dennoch mache ich mir Gedanken, ob und wie es bei länger andauernder Krise wirtschaftlich mit uns allen weitergehen soll. Ich bin nicht so blind zu glauben, dass eine schwere Wirtschaftskrise folgenlos an uns Verwaltungen vorbeigehen wird. Auch wir werden darunter zu leiden haben.

Ich habe meinem Freund schon angeboten, ihm wenn nötig in dieser Situation unter die Arme zu greifen. Schauen wir doch alle mal ein wenig über unseren Tellerrand hinaus und fragen, ob jemand Hilfe braucht. Das ist das Mindeste, was wir in dieser Krisenzeit tun können … und uns weniger darüber aufregen, was uns in dieser noch nie dagewesenen Situation nicht passt.

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Michael Friedrich

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Hausverwalter, Autor, Der Verwalter-Berater
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